# taz.de -- Qualifikation zur Champions League: Schöne Scheiße | |
> Nach dem Sieg gegen Freiburg kommt Union Berlin der Champions League sehr | |
> nah. Die Fans mahnen kritische Distanz zur fußballerischen Hochfinanz an. | |
Bild: Bester Dinge: Die Unioner Rani Khedira, Christopher Trimmel, Kevin Behren… | |
BERLIN taz | Urs Fischer ist alles andere als ein Schwätzer. Wenn der | |
Schweizer Trainer des 1. FC Union Berlin zur Spielanalyse ansetzt, dann | |
fallen nicht viele Worte. Wenn er die Situation seines Klubs vier Jahre | |
nach dem Aufstieg in die erste Liga beschreiben soll, reicht ihm ein | |
einziges Wort: surreal. So komme ihm vor, was da gerade abläuft. Nach dem | |
4:2-Erfolg gegen den SC Freiburg am Samstagnachmittag stehe die | |
Qualifikation für die Gruppenphase der Europa League fest. „Gratulation | |
allen, die sich aufopfern für diesen Verein“, sagte er und lenkte auf diese | |
Weise doch recht geschickt ab vom eigentlichen Thema des Tages, der | |
Champions League. | |
Union hat es nun in der eigenen Hand, die Qualifikation für diesen | |
Wettbewerb zu erreichen. Punktgleich mit Freiburg waren die Köpenicker ins | |
Duell der Klubs gegangen, die für sich Kult und Anstand in Anspruch nehmen. | |
Es war eine Art Finale, das da an der Alten Försterei stattgefunden hat – | |
mit dem besseren Ende für Union. Mit einem Sieg in den letzten beiden | |
Saisonspielen gegen Hoffenheim und Bremen wäre es so weit. | |
[1][„So 'ne Scheiße, Champions League“, schallte es durch das Stadion], als | |
die meisten dachten, dass das Spiel schon gelaufen ist. Nach 38 Minuten | |
stand es schon 3:0 für Union. Sheraldo Becker hatte zwei Mal getroffen und | |
das erste Tor von Union durch Kevin Behrens vorbereitet. Hellwach war Union | |
in die Partie gegangen, hat Freiburg in der ersten Hälfte zwar den Ball, | |
aber keine einzige Chance gelassen. | |
Vier Angriffe nach Balleroberung und reichlich Biss bei einer | |
Standardsituation, drei Tore. Die für Union so typische Effizienz, das | |
Umschaltspiel, „das zu den besten überhaupt gehört“, wie Freiburgs Kapit�… | |
Christian Günter nach den Spiel meinte, und die Geschwindigkeit von | |
Sheraldo Becker schienen das Spiel schnell entschieden zu haben. | |
## Die falschen Zweikämpfe | |
Die immergleiche Frage, wie das denn sein könne, wo doch jeder wisse, wie | |
Union spielt, stand im Raum. Freiburgs Trainer Christian Streich konnte es | |
so recht nicht erklären. Sein Klub hatte sogar mehr Zeikämpfe gewonnen in | |
der ersten Hälfte. Es waren eben die falschen. Und was die fehlende Energie | |
der Freiburger betraf, so übernahm Streich die Verantwortung dafür | |
höchstselbst. Er hätte Lukas Kübler, der unter der Woche krank gewesen sei, | |
nicht aufbieten dürfen. Nach einer halben Stunde hatte Kübler | |
Kreislaufprobleme und musste runter. | |
Energiezufuhr brachten nach der Pause die jungen Kerle Kenneth Schmidt und | |
Noah Weißhaupt ins Freiburger Spiel. Bald stand es nach einer Ecke und | |
einem Elfer, beide getreten von Vincenzo Grifo, nur noch 2:3. Um ein Haar | |
wäre der Ausgleich gefallen. Doch dann trat Sheraldo Becker noch einmal zum | |
Konterlauf an und bediente den mitgelaufenen Aissa Laidouni. | |
Eine Chance, ein Tor, schier grenzenloser Jubel und ein Unioner, der auch | |
nicht so recht erklären kann, warum sein Team auch das 22. Heimspiel in | |
Serie nicht verloren hat. „Wir versuchen unseren Spielstil durchzudrücken, | |
das ist für viele Mannschaften unangenehem und dann kommt halt so etwas | |
dabei heraus.“, so Verteidiger Robin Knoche. Nun ja. | |
Er geht bestimmt in besserer Stimmung in die finalen Saisonspiele als | |
Christian Streich. Nach der Niederlage im DFB-Pokal-Halbfinale gegen | |
Leipzig, nach dem 0:1 im Ligaspiel gegen den selben Klub und nach der | |
Pleite in Berlin, muss er sein Team mit reichlich Finderspüitzengefühl | |
motivieren. | |
## „Unioner, bleibt kritisch!“ | |
Einfach die jungen Energiespender am kommenden Freitag gegen Wolfsburg | |
auf's Feld schicken? Schwierig, die anderen seien es ja gewesen, die so | |
viele Punkte geholt haben. Die Niederlage noch einmal gründlich | |
analysieren? Nicht zu viel, das sei ja deprimierend. Wichtig ist es | |
allemal. Freiburg hat immer noch beste Chancen, auch in der kommenden | |
Saison international zu spielen. | |
Streich findet, es spreche für die Bundesliga, dass Klubs wie Union und | |
Freiburg oben mitspielen können. [2][Auch dass Heidenheim möglicherweise | |
aufsteigen wird], spreche für die Bundesliga. Das sei allemal besser als | |
die vermeintliche Superduperliga, von der alle schwärmen. [3][Er spielte | |
auf die Premier League an] und ihre Investorenklubs an. Einen Investor will | |
sich auch die Deutsche Fußballliga an Bord holen. | |
In Köpenick kommt das bei den Fans gar nicht gut an. „Unioner, bleibt | |
kritisch!“, lautete die Mahnung der aktiven Fanszene an den eigenen Anhang. | |
Auf etlichen Tapetenbahnen hatten sie investorenkritische Botschaften | |
gepinselt. Eine davon war besonders eindrucksvoll. „Verbände der Welt, | |
schaut auf diese Stadt“, stand drauf. Während der eingetragene Verein Union | |
gerade Fußballgeschichte schreibt, ist der Investorenklub [4][Hertha | |
sportlich und finanziell am Boden]. | |
14 May 2023 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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