# taz.de -- Union Berlin in der Champions League: Eiserne Gewinner mit Bodenhaf… | |
> Bei Union gibt es nichts zu meckern: Die Köpenicker machen einfach all | |
> das richtig, was bei der Hertha in den vergangenen Jahren falsch gelaufen | |
> ist. | |
Bild: Unions Spieler halten schon mal probeweise den Champions-League-Henkelpot… | |
Niedrigstapeln hat bei Union Tradition. Während die Konkurrenz von Hertha | |
BSC innerhalb weniger Jahre 400 Millionen Euro Investorengeld versenkt hat | |
und man sich nach dem bitteren Abstieg mitleidig fragt, wo all das Geld | |
eigentlich versickert ist und ob das nicht gar an Wirtschaftskriminalität | |
grenzt, haben die Köpenicker mit einem beschaulichen Budget Unfassbares | |
erreicht: Der 1. FC Union Berlin ist in die Champions League eingezogen. | |
Der Klub [1][spielt nächste Saison Königsklasse], den höchsten Wettbewerb, | |
den es im Vereinsfußball gibt. Nächstes Jahr müssen eventuell Real Madrid | |
oder Barcelona im Stadion an der Alten Försterei bestehen – und deren Fans | |
mit der S47 Richtung Spindlersfeld fahren. Wenn es schlecht läuft und | |
[2][die Zulassung für das Heimstadion] fehlt, gehts vielleicht auch ins | |
Olympiastadion, wo dann aber immerhin mehr Fans ein Ticket bekommen. Also | |
sei’s drum. | |
Zu verdanken hat der Verein diesen Erfolg kontinuierlicher Aufbauarbeit, | |
einer vorausschauenden Transferpolitik und einer außerordentlich klug | |
zusammengestellten Mannschaft. Der Kader ist mehr als die Summe seiner | |
Teile, weil er Formschwankungen einzelner Spieler ohne Qualitätsverlust | |
kompensieren kann. Und der Verein vergisst dabei niemals, die Bodenhaftung | |
zu behalten. | |
## „Da kannste echt nich' meckern“ | |
Die Ultras der Waldseite der Alten Försterei haben am letzten Spieltag mit | |
einem Riesenbanner sowohl Saisonverlauf als auch Unions Understatement auf | |
den Punkt gebracht: „Wat ‚ne Saison, da kannste echt nich‘ meckern“, st… | |
in großen Lettern quer über der Tribüne. Und das Gute: Alle im Verein | |
wissen, dass die vergangene Saison angesichts des vergleichsweise günstigen | |
Kaders eine unfassbare Leistung und absolute sportliche Ausnahme war. | |
Niemand wird nun abheben und demnächst [3][großspurig | |
Big-City-Club-Ambitionen] formulieren. Der internationale Wettbewerb wird | |
nicht zur Vorgabe für die nächste Saison, die Champions-League-Millionen | |
werden erwartungsgemäß klug und nachhaltig investiert. Die Vereinsführung | |
und die sportliche Leitung werden sich weiter bemühen, kontinuierlich am | |
Aufbau der Strukturen zu arbeiten – und bis dahin einfach Auswärtsfahrten | |
durch Europa und den Höhenflug genießen. | |
Sportlich vergleichbar ist Unions Champions-League-Qualifikation unter | |
Trainer Urs Fischer nur mit kuriosen Ausnahmeerfolgen, wie sie im Fußball | |
alle Jubeljahre mal geschehen: In den Sinn kommt etwa der Durchmarsch von | |
Leicester City, der direkt nach dem Aufstieg 2016 englischer Meister wurde. | |
Oder vielleicht noch der doppelte Otto Rehhagel, der als Trainer von | |
Griechenlands Nationalteam 2004 als absoluter Außenseiter Europameister | |
wurde und mit Aufsteiger Kaiserslautern 1998 Deutscher Meister. | |
## Zwischen Oligarchen und Scheichs | |
Unions Qualifikation für den Wettbewerb der Scheich-Klubs, | |
Oligarchen-Vereine und sonstigen unsympathischen Abo-Meistern ist eine | |
ähnliche Sensation: Denn in der Bundesliga von heute ist eine | |
Überraschungsmeisterschaft wie in den 90er Jahren nicht mehr denkbar | |
angesichts der dauerhaft ungerecht aufgeteilten TV-Summen und Prämien für | |
europäische Wettbewerbe zugunsten der Liga-Spitze. | |
In der heutigen Liga kann niemand ernsthaft mit Bayern, Dortmund oder dem | |
Marketingkonstrukt für Dosenbrause aus Fuschl am See mithalten – wo ganz | |
andere Kräfte und Investments wirken. Umso beeindruckender ist es, was | |
Union erreicht hat. Zu Recht haben Mannschaft, Verein und Fans die | |
Champions League-Qualifikation fast wie eine Meisterschaft gefeiert. | |
Nach der überschwänglichen Feier war der Verein aber sogleich bemüht, die | |
Bodenhaftung zu wahren. Tags darauf gab die Vereinsführung, vermutlich | |
wohlübernächtigt, bei einer Pressekonferenz das Saisonziel für die nächste | |
Spielzeit vor: „Wir werden mit dem Ziel starten, die Klasse zu halten.“ | |
3 Jun 2023 | |
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## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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