# taz.de -- Union-Hymne von Achim Menzel: Und jetzt alle! | |
> Klubhymnen sind entweder Rechtfertigung für schlechte Musik oder | |
> Verbrechen an der Menschheit: Diese hier ist wohltuend unaufdringlich. | |
Bild: „Auf einer grünen Wiese/ zwei Tore aufgestellt“: Unionisten beim Sin… | |
Fernsehsatiriker Oliver Kalkofe nannte Achim Mentzel, den Schlagersänger | |
mit Hang zu Kitsch, Fußball und Pop, einmal „zotteliges Zonenmonster“. | |
Tatsächlich bot der 2016 verstorbene Mentzel immer viel Angriffsfläche: mit | |
seinem immer gleichen Fotolächeln, zwei konsequent nach oben gereckten | |
Daumen und bizarren TV-Auftritten in „Achims Hitparade“ in den 90ern. Oder | |
wie Kalkofe es in seiner Sendung auf den Punkt brachte: Mentzel sei ein | |
ostdeutsches Fabelwesen „irgendwo zwischen Tony Marshall, dem Yeti und | |
einem überfahrenen Hamster“. | |
Nun lag die wahre Größe des Achim Mentzel nicht in tendenziell | |
schwachsinnigen Liedern über Spreewaldgurken, sondern eher im humorvollen | |
Umgang mit Schmähkritik und Minipli-Shaming: Mentzel hat Kalkofes böse | |
Witze seinerseits im TV gesehen – und sich schlapp gelacht. „Ich sagte zu | |
meiner Frau: Jetzt erobern wir den Westen, jetzt kennt mich da doch jede | |
Sau!“ | |
Den Osten hatte er da schon längst erobert. Als Fußballbarde sang er die | |
Vereinshymne „Stimmung in der Alten Försterei“ von Union Berlin. | |
[1][Klubhymnen sind normalerweise] – je nach Perspektive – entweder | |
Rechtfertigung für schlechte Musik oder Verbrechen an der Menschheit. Und | |
man sollte meinen, dass dies gerade für eine Hymne von jemandem wie Mentzel | |
gilt, der sonst Lieder wie „Meine Lieblingsworte heißen Sahnetorte“ und | |
„Hier fliegt heut die Kuh“ sang. | |
Aber nein. Die Hymne ist textlich unprätentiös und wohltuend | |
unaufdringlich. Bis heute wird ihr Text von Unioner*innen mitgesungen. | |
Und für Fans, die in den Achtzigern und Neunzigern in die Alte Försterei | |
gingen, ist sie untrennbar mit dem Verein verknüpft. | |
Wo in den Stadien die schier unerträgliche Charts-Kakofonie regiert, ist | |
Unions wählerischer Stadion-DJ eine Ausnahme – und Mentzels Hymne bekommt | |
dabei Heavy-Rotation. Mehr braucht man über Fußball bei Union eigentlich | |
auch nicht zu wissen als das, was seit den Achtzigern aus den Boxen der | |
Alten Försterei klingt: „Auf einer grünen Wiese/ zwei Tore aufgestellt/ und | |
zwischen diesen Toren/ der schönste Platz der Welt“. | |
Auf die natürlich haltlose Beschimpfung von Kalkofe hat Mentzel übrigens in | |
seiner eigenen Hitparade geantwortet. Im Hintergrund war kurz darauf auf | |
einer Tafel der Spruch „Kalki ist doof“ zu sehen – später trafen sich die | |
beiden und wurden gute Freunde. | |
Berlin-Faktor: Findet man auch in der Jukebox von Eckkneipen. | |
Taugt als Weihnachtsgeschenk für: Zugezogene Neu-Unioner:innen. | |
Kunden, die das kauften, kauften auch: „Energie gie gie, wir kämpfen wie | |
noch nie“ von Achim Mentzel (er sang auch die Hymne von Energie Cottbus) | |
20 Dec 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Fussball-Derby-in-der-Hauptstadt/!5135652 | |
## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
## TAGS | |
Union Berlin | |
Fußball und Politik | |
Fußballfans | |
Wochenkommentar | |
Nachruf | |
Berlin | |
Relegation | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Union Berlin in der Champions League: Eiserne Gewinner mit Bodenhaftung | |
Bei Union gibt es nichts zu meckern: Die Köpenicker machen einfach all das | |
richtig, was bei der Hertha in den vergangenen Jahren falsch gelaufen ist. | |
Tony Marshall ist tot: Leutseligkeit in Person | |
Er war ausgebildeter Opernsänger, wurde aber wegen seiner Schlager | |
verlacht: Tony Marshall. Am Donnerstag ist er im Alter von 85 Jahren | |
gestorben. | |
Derby: Union Berlin vs. Hertha BSC: Alles nur ein Spiel | |
Das Duell Union gegen Hertha am Samstag soll viel sein: Ost gegen West, | |
Klein gegen Groß, Kultur gegen Kommerz. Es ist etwas ganz anderes. | |
Union Berlins Aufstieg in der Relegation: Hat Union genug Klasse? | |
Union ist aufgestiegen. Und feiern können sie auch. Aber kann der Ostklub | |
mit den Großen mithalten? Der taz-Erstliga-Check. | |
Montagsinterview mit Trevor Wilson: "Fußballer und Gesang gehören absolut nic… | |
Trevor Wilson kam vor 30 Jahren aus England nach Berlin. Er mag Musik, | |
Fußball und Bier. Und hat einen Tick: Wilson sammelt deutschsprachiges | |
Fußballliedgut. Ein Gespräch über Herthas Musikgeschmack, die Lieder des | |
Kaisers und Fangesänge bei der Europameisterschaft. | |
Fussball-Derby in der Hauptstadt: Fangesänge auf Berlinerisch | |
Am Freitag spielen mit FC Union und Hertha BSC erstmals beide Berliner | |
Vereine in der 2. Liga gegeneinander. Auch musikalisch prallen da zwei | |
Welten aufeinander. |