# taz.de -- Transferausgaben beim FC Chelsea: Das große Shoppen | |
> Die neuen Eigentümer des FC Chelsea investieren in der laufenden Saison | |
> 600 Millionen Euro in den Kader. Jetzt müssen Erfolge her. | |
Bild: Im Mittelpunkt des Interesses: Enzo Fernandez, bester Nachwuchskicker der… | |
Todd Boehly ist gewiss ein sportbegeisterter Mann. Wie es sich für einen | |
handelsüblichen US-Milliardär gehört, vergibt er jede Menge Geld für | |
wohltätige Zwecke. So hat er mal einem College eine nagelneue Sportanlage | |
spendiert. Renditeerwartungen hat er da nicht. Das war kein Investment, | |
sondern Ausdruck seiner „Philanthropy“, wie das in den Lebensläufen von | |
Superreichen genannt wird. Boehlys Engagement im Profisport dagegen sind | |
Investments. Das soll sich am Ende also lohnen. Er besitzt Anteile an den | |
Los Angeles Lakers aus der Basketballliga NBA und hat sich ein Stückchen | |
des Baseballklubs Los Angeles Dodgers gesichert. | |
Seit März 2022 [1][gehört ihm zusammen mit einem Investmentfonds der | |
englische Premier-League-Klub FC Chelsea]. Seitdem hat er für weit über 600 | |
Millionen Euro Fußballer gekauft. Das ist mehr, als alle Bundesligisten | |
zusammen in der Saison 2022/23 für Transfers ausgegeben haben. Kurz vor dem | |
Ende der Transferperiode landete der argentinische Weltmeister Enzo | |
Fernandez in Boehlys Einkaufskorb. 121 Millionen Euro muss Boehly dafür | |
zahlen, um den Mittelfeldspieler vom portugiesischen Tabellenführer Benfica | |
Lissabon loseisen zu können. Ob sich das lohnen kann? | |
Das ist eine Frage, die sich aufdrängt nach Ende der Wintertransferperiode | |
im Profifußball am 31. Januar. Die zweite ist: Darf er das überhaupt? Denn | |
da gibt es ja die Regeln der Europäischen Fußballunion Uefa, das Financial | |
Fair Play. Nach denen darf ein Klub ein Geschäftsjahr nicht mit einem Minus | |
abschließen, das höher ist als 20 Millionen Euro. In Ausnahmefällen darf | |
der Verlust nochmal 10 Millionen Euro höher sein. Zudem dürfen die | |
Einnahmen nur zu 70 Prozent in Personalkosten für den Kader fließen. | |
Wer sich daran nicht hält, muss mit Strafen rechnen. Ziel ist es, | |
Insolvenzen zu verhindern und für mehr Chancengleichheit im Wettbewerb zu | |
sorgen. Gerade sind die Regeln aufgefrischt worden. [2][Ob sie strikter | |
angewendet werden als die alten, bleibt abzuwarten]. Die irrwitzigen | |
Investitionen des katarischen Staatsfonds in den französischen Klub Paris | |
Saint-Germain mit den Monsterverträgen für Lionel Messi, Neymar und Kylian | |
Mbappé haben zwar das Interesse der Aufpasser bei der Uefa geweckt, aber | |
kaum Folgen für das Geschäftsgebaren am Transfermarkt gehabt. | |
## Kreative Regelinterpretation | |
Todd Boehly, der den FC Chelsea auch operativ leitet, kennt die Regeln | |
nicht nur, er hat sie ganz genau gelesen. Nur so sind die langen | |
Vertragslaufzeiten für die Neuzugänge zu erklären. Fernandez ist ebenso wie | |
der ukrainische Außenbahnspieler Mykhaylo Mudryk, den Chelsea Mitte Januar | |
für 100 Millionen Euro von Schachtar Donezk gekauft hat, für achteinhalb | |
Jahre angestellt worden. Die Transferausgaben werden für die | |
Financial-Fair-Play-Regeln auf diese Zeit umgelegt. So geht der | |
Fernandez-Deal nur mit etwas über 17 Millionen Euro in die Saisonbilanz | |
ein. | |
Aber das allein wird die Bilanzen nicht ins Positive drehen, bei all den | |
Spielern, die Boehly gekauft hat. Neben Fernandez und Mudryk sind das | |
Raheem Sterling, Kalidou Koulibaly, Gabriel Slonina, Carney Chukwuemeka, | |
Marc Cucurella, Cesare Casadei Wesley Fofana, Pierre-Emerick Aubameyang, | |
Denis Zakaria, David Datro Fofana, Benoit Badiashile, Andrey Santos, Noni | |
Madueke sowie der portugiesische Perspektivstar João Félix, der bis zum | |
Sommer in London spielen soll und für den der FC Chelsea 11 Millionen Euro | |
Leihgebühr an Atletico Madrid überweist. Auch das ist ein Betrag, der | |
bislang ohne Beispiel ist. | |
Boehly hat den Klub zusammen mit einem Konsortium aus Investoren im März | |
2022 gekauft. Vorbesitzer Roman Abramowitsch wurde wegen der Sanktionen des | |
Westens, die wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine verhängt | |
worden sind, dazu gedrängt, den Klub zu verkaufen. 2,5 Milliarden Euro | |
mussten für den FC Chelsea auf den Tisch gelegt werden. „Wir gehen all in, | |
zu 100 Prozent“, wurde Boehly in einem ersten Statement nach dem Kauf | |
zitiert, „jede Minute in jedem einzelnen Match. Unsere Vision als Besitzer | |
ist klar: Wir wollen die Fans stolz machen.“ | |
Zeit wird's. Zurzeit steht Chelsea auf Platz zehn in der Liga. Thomas | |
Tuchel wurde nach ein paar Spieltagen schon im September als Trainer | |
entlassen. Sein Nachfolger Graham Potter muss nun aus den Stars und | |
Sternchen, die Boehly zusammengekauft hat, eine Mannschaft formen, die die | |
Qualifikation für die Champions League schafft. Und die eigentlich die | |
Champions League spätestens in der nächsten Saison gewinnen muss. Nur mit | |
den Prämien der Uefa kann sich das Projekt lohnen. | |
Vielleicht klappt es ja schon in diesem Jahr mit dem Titel in Europas | |
Eliteliga. In zwei Wochen wird zu beobachten sein, ob die Mannschaft schon | |
funktioniert. Am 15. Februar empfängt Borussia Dortmund den FC Chelsea zum | |
Achtelfinal-Hinspiel in der Champions League. | |
3 Feb 2023 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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