# taz.de -- Prozess um MH17-Abschuss: Mord über den Wolken | |
> Wer ist für den Tod von 298 Menschen verantwortlich? Seit Jahren geht ein | |
> Amsterdamer Gericht dieser Frage nach. Am Donnerstag soll das Urteil | |
> fallen. | |
Bild: Das Wrack von MH17 | |
Es ist kurz vor Mittag am 49. Sitzungstag, als Manon Ridderbeks das Wort | |
ergreift. In knapp zwei Stunden fassen die Staatsanwältin und ihr Kollege | |
Thijs Berger an diesem 22. Dezember 2021 zusammen, wie sie die Handlungen | |
der vier Angeklagten bewerten. | |
Sie haben die Schwere der ihnen zur Last gelegten Verbrechen eruiert und | |
die Bedeutung des Schutzes der zivilen Luftfahrt beschworen, den Kontext | |
des Kriegs im Donbass zur Tatzeit im Juli 2014 untersucht. Ihr Fazit: nicht | |
strafmilndernd, da die Angeklagten keine regulären Kombattanten waren. | |
Besonders ausführlich widmeten sie sich den Folgen für die Opfer, „denen | |
abrupt und plötzlich das Leben genommen wurde“, und ihren Angehörigen. | |
Nun blickt Manon Ridderbeks vom Mikrofon auf. Sie schaut nach links und | |
sucht Blickkontakt mit ihrem Kollegen, so wie sie und Berger das an | |
wichtigen Punkten des Plädoyers immer wieder getan haben. „Alles abwägend, | |
kommen wir zum Folgenden“, hebt sie an. „Wir fordern, die Verdächtigen | |
Girkin, Dubinsky, Pulatow und Kharchenko für das gemeinschaftliche | |
Herbeiführen eines Flugzeugabsturzes mit Todesfolge und des | |
gemeinschaftlichen Mordes an 298 Insassen jeweils zu einer [1][lebenslangen | |
Haftstrafe] zu verurteilen.“ | |
Am Donnerstag dieser Woche wird von dem Amsterdamer Gericht das Urteil | |
erwartet – nach einem quälend langen Verfahren, das auf Indizien beruht, | |
die schwer wiegen, ohne die Anwesenheit der Angeklagten und mit einer nur | |
minimalen Hoffnung, dass diese ihre Strafe jemals antreten werden, sollten | |
sie denn verurteilt werden. Aber doch ein Urteil – immerhin. | |
Es geht um den Abschuss eines Passagierflugs mit der Kennung [2][MH17] über | |
von prorussischen Separatisten kontrolliertem Gebiet im Osten der Ukraine. | |
Jahrelang war es nicht sicher, ob es überhaupt je zu einem Prozess kommen | |
werde. | |
Manon Ridderbeks macht im Dezember 2021 in ihrem Pladoyer eine Pause, dann | |
betont sie noch einmal, was ohnehin alle im Gerichtssaal wissen: Die | |
Angeklagten werden auch bei einer Verurteilung weiter in Freiheit bleiben. | |
Das Verfahren findet ohne sie statt. Russland, wo sich mindestens drei von | |
ihnen aufhalten, liefert keine eigenen Staatsangehörigen aus. Der | |
Aufenthaltsort des vierten und einzigen ukrainischen Verdächtigen, | |
Kharchenko, ist unbekannt. „Aber das heißt nicht, dass sie für immer | |
davonkommen werden.“ | |
Die Bedeutung dieses Verfahrens, gerade in den Niederlanden, wo viele | |
Menschen die verstorbenen MH17-Passagiere gekannt haben, lastet seit | |
[3][Beginn des Prozesses] am 9. März 2020 über dem Gerichtssaal. An diesem | |
diesigen und kalter Spätwintertag waren Hunderte Journalist*innen aus | |
aller Welt zum Justizkomplex am Flughafen Amsterdam-Schiphol gekommen. Die | |
Öffentlichkeit war aufgewühlt. | |
„Viele haben lange auf diesen Tag gewartet“, sagte Hendrik Steenhuis, | |
Vorsitzender der sieben Richter*innen, zu Beginn. Dedy Woei- A-Tsoi, | |
Vorgängerin Manon Ridderbeks’ im Team der Staatsanwaltschaft, las wenig | |
später die Namen aller 298 Opfer vor. Die Viertelstunde, die sie dazu | |
benötigte, definiert eine alles umfassende Stille neu. | |
## Die abwesenden Angeklagten | |
Die vier Angeklagten waren wie erwartet nicht anwesend und sie sind bis | |
heute nicht aufgetaucht: Igor Girkin, in ostukrainischen | |
Separatistenkreisen unter dem Namen „Strelkow“ („Schütze“) bekannt, ein | |
ehemaliger Geheimdienst-Oberst, der sich in der selbsternannten | |
Volksrepublik Donezk als Verteidigungsminister bezeichnete. Sein | |
Stellvertreter Sergej Dubinsky, ein Angehöriger des russischen | |
militärischen Geheimdiensts GRU, und Oleg Pulatow, Mitglied einer | |
GRU-Spezialeinheit und stellvertretender Geheimdienstchef in Donezk. Der | |
einzige ukrainische Staatsbürger, Leonid Kharchenko, befehligte zum | |
Zeitpunkt des Abschusses im Gebiet von Donezk eine paramilitärische | |
Einheit. Oleg Pulatow ist der Einzige von ihnen, der sich vor Gericht von | |
zwei Anwält*innen vertreten lässt. Das rückt ihn in den Blickpunkt. | |
Wer das tödliche Geschoss, eine Mittelstrecken-Boden-Luft-Rakete vom | |
russischen System Buk M1, abgeschossen hat, die am 17. Juli 2014 zwischen | |
16.20 Uhr und 16.25 Uhr ukrainischer Ortszeit in gut 10.000 Meter Höhe die | |
Boeing 777-200ER mit dem Kennzeichen 9M-MRD durchsiebte, vermag die Anklage | |
nicht zu sagen. Als erwiesen sieht sie aber an, dass, wie das | |
Joint-Investigation-Team ermittelte, die vier Verdächtigen federführend bei | |
der Operation beteiligt waren, mit dem aus Russland herbeigebrachten | |
mobilen Buk-System die Luftabwehr der Rebellen zu verstärken. Abgehörten | |
Gesprächen zufolge soll Pulatow sich kurz nach dem Abschuss nahe bei der | |
Installation aufgehalten haben. | |
Sabine ten Doesschate, seine Anwältin, sagt, sie sei geschockt über das | |
„unermessliche Leid“ der Hinterbliebenen. Ihr Mandant aber habe „auf | |
keinerlei Weise mit dem Abschuss von MH17 zu tun“, weshalb er sich | |
verteidigen wolle. Boudewijn van Eijck, ihr Kollege, weist auf Stellen im | |
36.000 Seiten zählenden Dossier des Verfahrens hin, die eine nähere | |
Untersuchung nahelegten. Warum etwa war der ukrainische Luftraum zur Zeit | |
des Abschusses nur unterhalb von 9.800 Metern gesperrt, darüber aber | |
freigegeben? Dies sei ein Versäumnis der Ukraine gewesen, das sich auf die | |
Frage auswirke, ob die Verdächtigen in den Niederlanden verfolgt werden | |
können. | |
Im ersten Jahr des Prozesses kreisen die Sitzungen im Gerichtssaal vor | |
allem um technische Aspekte. Anklage und Verteidigung berichten über den | |
Fortgang ihrer Untersuchungen für das Hauptverfahren. Es geht da um die | |
Frage der Authentizität von Bildmaterial, etwa vom Transport der | |
Buk-Raketenanlage, oder der von der Ukraine bereitgestellten abgehörten | |
Telefongespräche, welche die Verdächtigen belasten, aber auch um die | |
Sicherheit von Zeugen, von denen mehrere aus Vorsicht nur anonym ihre | |
Aussage machen. Das lenkt einmal mehr die Aufmerksamkeit auf die Rolle | |
Russlands. | |
## Der Kampf um die Wahrheit | |
„Der Kampf um die Wahrheit rund um MH17 beginnt sofort“, so formuliert es | |
die niederländische Tageszeitung Volkskrant im Jahr 2020. Schon am Tag nach | |
dem Abschuss hatte die Ukraine abgehörte Gespräche vermeintlicher | |
russischer Separatisten über ein niedergeschossenes Flugzeug | |
veröffentlicht. Zu diesem Zeitpunkt sind allerdings auch schon Tausende von | |
russischen Nachrichten im Umlauf, welche die Ukraine beschuldigen, für den | |
Abschuss Verantwortung zu tragen. Moskau weist von Beginn an jede | |
Verantwortung zurück, unabhängig davon, wie viel belastendes Material die | |
Ermittler des Joint-Investigation-Teams zusammentragen, das sich oft mit | |
den Analysen der Recherche-Plattform Bellingcat deckt. | |
Die macht schon 2015 bekannt, dass die Satellitenbilder, die Russland ein | |
Jahr zuvor den Ermittlern zur Verfügung gestellt hatte, manipuliert worden | |
seien, um die Ukraine zu belasten. Die Buk-Rakete soll demnach von | |
Regierungstruppen abgefeuert worden sein. Auch mit den russischen | |
Primärradar-Aufnahmen, die niederländische Ermittler im Herbst 2014 | |
anfragen, gibt es Probleme: Sie werden erst zwei Jahre später übergeben, | |
zwischenzeitlich sind sie unauffindbar. | |
Bereits kurz nach dem Abschuss tauchen zwei Mitglieder der GRU-Eliteeinheit | |
29155 in den Niederlanden auf. Die Geheimdienste sind alarmiert und finden | |
heraus, dass die beiden Kontakt mit malaysischen Ermittlern suchen. 2019 | |
wird der malaysische Premierminister Mahathir Mohamad die | |
MH17-Untersuchungen „politisch motiviert“ nennen, Beweise gegen Russland | |
lägen nicht vor. Aus Moskau vernimmt man diese Interpretation des | |
Verfahrens seit Beginn der Ermittlungen. | |
## Das Wrack | |
Kurz vor [4][Beginn des Hauptverfahrens] Ende Mai 2021 begibt sich das | |
Gericht auf den Militärflugplatz Gilze-Rijen im Süden der Niederlande. Auf | |
Ersuchen der Staatsanwaltschaft sollen sich die Beteiligten selbst ein Bild | |
vom Schaden des Flugzeugs machen, um die Einschätzungen von | |
Sachverständigen besser verstehen zu können. Der Rumpf, der aus Teilen des | |
Wracks rekonstruiert worden ist, ist in einem Hangar aufgebaut. Die Nase | |
ist abgebrochen, aber die charakteristischen rot-blauen Seitenstreifen der | |
Malaysia Airlines sind deutlich sichtbar. Einige lose Teile liegen am | |
Boden. | |
Die Besucher*innen gehen mehrmals um das Wrack, untersuchen einzelne | |
Stellen, messen sie aus, fotografieren aus der Nähe. Eine Hebebühne bringt | |
sie nach oben, um das Cockpit aus der Nähe betrachten zu können. Von | |
draußen dringt Vögelzwitschern in den Hangar. Anstelle der nicht | |
auffindbaren Teile klaffen große Lücken. Das Cockpit, neben dem die | |
Buk-Rakete explodiert sein muss, ist von Einschlägen durchsiebt. | |
In seiner abschließenden Ansprache in einem zum Sitzungssaal improvisierten | |
Zelt sagt Richter Steenhuis, der Besuch habe auf alle großen Eindruck | |
gemacht. | |
Knapp zwei Wochen später beginnt im Schipholer Justizkomplex die | |
inhaltliche Verhandlung. Und damit rücken die zentralen Elemente der | |
Ermittlungen, die das international besetzte Joint-Investigation-Team unter | |
niederländischer Leitung fünf Jahre lang betrieb, in den Blickpunkt. Die | |
Fragen, die es zu beantworten gilt, sind: Wurde MH17 mit einer Buk-Rakete | |
abgeschossen? Wurde diese aus einem Feld in der Nähe von Perwomajskyj | |
abgefeuert? Haben schließlich die vier Verdächtigen dabei eine Rolle | |
gespielt? | |
## Gutachter, Dokumente, Zeugenaussagen | |
Bei der Frage nach der Waffe geht es zurück zum Beginn der Ermittlungen: | |
dem Ausschluss eines Unglücks und einer Explosion als Folge einer Attacke | |
aus dem Inneren des Flugzeugs. Die Anklage stützt sich auf die Aufnahmen | |
des Cockpit-Recorders, die kurz vor dem Ende anschwellenden, von außen | |
kommenden Lärm in hoher Frequenz beinhalten. | |
Sie zieht Gutachten über die Schäden heran und Dokumente, unter anderem vom | |
Hersteller Almaz Antey, über Funktion und Wirkung einer Buk-Rakete und | |
ihres Sprengkopfs. Sie verwirft die russische Version, wonach der Flug MH17 | |
durch ein ukrainisches Kampfflugzeug abgeschossen worden sei, denn die | |
Quellen für die Behauptung seien undeutlich und fehlerhaft. | |
Ein Abgleich mit anderen Raketensystemen aus russischen oder ukrainischen | |
Beständen schließt zwei Systeme aus, da die Fragmente, die an der | |
Absturzstelle gefunden wurden, nicht von diesen stammen könnten. | |
Eine Besichtigung des Tatorts, von dem aus die Rakete abgefeuert wurde, | |
durch das Gericht ist nicht möglich. Die Staatsanwaltschaft nähert sich dem | |
landwirtschaftlich geprägten Gebiet nahe dem Städtchen Perwomajskyj | |
zunächst über Zeugenaussagen, die typische Wahrnehmungen nach dem Abfeuern | |
einer Buk-Rakete beschreiben. Auch Berechnungen aufgrund der beschädigten | |
Wrackteile niederländischer und belgischer militärischer Luftfahrtexperten | |
sowie des Herstellers weisen in diese Richtung. Ein Video zeigt eine | |
Buk-Installation, die kurz vor der Tatzeit in Richtung Perwomajskyj | |
unterwegs ist. | |
Und schließlich sind da ein Chat sowie abgehörte Telefongespräche. Ein | |
Chatteilnehmer gibt an, dabeigewesen zu sein, als das Flugzeug abgeschossen | |
wurde. Daten von Telefonmasten lokalisieren ihn zu diesem Zeitpunkt nahe | |
des Felds bei Perwomajskyj. | |
## „Eine Buk organisieren“ | |
Die Rolle der Verdächtigen analysiert die Anklage im Kontext des | |
Kriegsverlaufs: Demnach waren die Rebellen durch ukrainische Luftangriffe | |
schwer in Bedrängnis geraten. Hoffnung bot eine Luftabwehr-Unterstützung | |
aus Russland. Der Angeklagte Pulatow soll seinem Vorgesetzten Dubinsky vom | |
Ernst der Lage berichtet haben. Dieser habe in einem abgehörten | |
Telefongespräch in Erwartung von Luftangriffen am nächsten Tag gesagt: „Es | |
wäre schön, wenn ich morgens eine Buk organisieren und dorthin schicken | |
könnte. Wenn nicht, wäre das Scheiße!“ | |
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft bestand zwischen den Verdächtigen eine | |
Befehlsstruktur, wonach Dubinsky Girkin unterstellt war, Pulatow diesen | |
beiden und der Ukrainer Kharchenko Pulatow. Dem internationalen | |
Ermittlerteam zufolge ist der Transport der Buk mit Bildmaterial, | |
abgehörten Telefonaten, Zeugenaussagen, Daten von Telefonmasten und | |
Social-Media-Berichten belegt. | |
Der Ortung der Telefonmasten zufolge soll Kharchenko beim Transport der Buk | |
bis an das besagte Feld dabeigewesen sein. Die Beteiligung der Verdächtigen | |
beim Rücktransport der Buk auf russisches Territorium will die Anklage | |
ebenfalls mit abgehörten Telefongesprächen belegen. | |
## Die Argumente der Verteidigung | |
Als die Verteidigung Anfang März 2022 ihr Plädoyer beginnt, ist die Welt | |
eine andere: Der russische Großangriff auf die Ukraine hat begonnen. Die | |
Anwält*innen von Oleg Pulatows verurteilen die Gewalt. An ihrer | |
Einschätzung über die Unschuld des abwesenden Angeklagten ändert das | |
freilich nichts. Ihr Klient werde bereits durch das internationale | |
Ermittlerteam, die Staatsanwaltschaft und die Medien als Schuldiger | |
betrachtet, sodass von einem fairen Prozess keine Rede sein könne. Eine | |
Verfolgung durch das Gericht sei demnach unzulässig. | |
Weiterhin habe das Gericht alternativen Szenarien unzureichend Beachtung | |
geschenkt, während für das Hauptszenario – der Abschuss einer Buk-Rakete | |
von russisch-separatistischen Kreisen – kein ausreichender Beweis vorliege. | |
Schon daraus ergebe sich, dass Pulatow freizusprechen sei. | |
Den Fokus auf ihren Klienten verengend, argumentiert die Verteidigung, der | |
genaue Hergang des Abfeuerns sei unklar, zumal den Verdächtigen nicht | |
vorgeworfen werde, die Rakete selbst lanciert oder dies direkt befohlen zu | |
haben. Pulatow sei zudem mit der Handhabung eines solchen Raketensystems | |
nicht vertraut, und seine vermeintliche Beziehung zur – unbekannten – | |
Bemannung der Buk sei unbewiesen. Pulatows Funktion sei rein | |
geheimdienstlich gewesen, seine Beteiligung an den abgehörten | |
Telefongesprächen nicht sicher, ebenso wenig seien die Daten von | |
Telefonmasten in der Umgebung verlässlich. Auch die vermeintliche enge | |
Zusammenarbeit mit den anderen Verdächtigen sei nicht nachweisbar. | |
Deutlich wird an den Pladoyers von Verteidigung und Anklage, warum es so | |
lange dauerte, bis dieser Prozess überhaupt beginnen konnte. Angesichts der | |
schwierigen Umstände, in denen etwa forensische Untersuchungen an der | |
Absturzstelle so gut wie unmöglich waren und es von russischer Seite statt | |
zu einer Kooperation zu Sabotage- und Manipulationsversuchen kam, stützt | |
sich die Beweisführung auf Material, das selbst empfindlich für | |
Beeinflussung und Fälschung ist. | |
Im September 2021 machen mehr als 90 Hinterbliebene Gebrauch von ihrem | |
Recht, vor Gericht zu sprechen. Einer von ihnen ist Hans de Borst. Seine | |
Tochter Elsemiek war 17, als sie zusammen mit seiner Ex-Frau, deren neuem | |
Partner und ihrem Bruder mit Flug MH17 zu einem Malaysia-Urlaub aufbrach. | |
Der Vater hat ein Porträt seiner Tochter mitgebracht, das ein | |
Gerichtsmitarbeiter präsentiert, während der Zeuge spricht. Hans de Borst | |
berichtet von ihrem Wesen, den gemeinsamen Gesprächen, der Bank, auf dem | |
sie im Ski-Urlaub immer gesessen hätten. Dem Abitur, das Elsemiek im Sommer | |
darauf machen wollte, ihren Plänen, in Delft ein Studium aufzunehmen. | |
Er selbst hat nach dem Tod seines einzigen Kindes lange alles hinter einem | |
Schleier wahrgenommen, sagt Hans de Borst. Ob bei der Trauerzeremonie für | |
die Angehörigen oder bei ihrem Begräbnis – „ich war da, und irgendwie doch | |
nicht.“ Hans de Borst nimmt einen Schluck Wasser. Erzählt, dass seine | |
Tochter schon nach wenigen Wochen identifiziert werden konnte. Und dass er | |
noch Glück gehabt hätte, weil der Körper „intakt“ gewesen sei. „Ich war | |
gebrochen. Der Schmerz und Unglaube sind noch genauso wie damals. Ich habe | |
ein Stück meiner selbst verloren“, sagt er. | |
Zum Schluss berichtet er von seiner 87 Jahre alten Mutter, die jede Sitzung | |
des Verfahrens an ihrem Laptop verfolgt habe. Dass sich ein Gericht mit | |
dem Verbrechen beschäftigt, dass ihr die Enkelin nahm, sei für sie der | |
Beweis, dass es noch ein wenig Anstand gebe auf der Welt. „Kaum etwas | |
wünscht sie sich so sehnlichst wie ein Urteil!“ | |
16 Nov 2022 | |
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## AUTOREN | |
Tobias Müller | |
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