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# taz.de -- Flugzeugabsturz in Kasachstan: Moskauer Vernebelungstaktik
> Der Kreml hält sich mit Kommentaren zur Unglücksursache zurück. Hinweise
> verdichten sich, dass eine russische Rakete das Flugzeug getroffen hat.
Bild: Eine Untersuchungskommission begutachtet das Flugzeugwrack an der Unfalls…
Berlin taz | Abwarten und Tee oder Wodka trinken: Auch am Tag zwei [1][nach
dem Absturz eines kasachischen Passagierflugzeuges in der Nähe der
westkasachischen Stadt Aqtau] hält sich Moskau bedeckt. An Bord waren 67
Menschen, 38 von ihnen starben. Kremlsprecher Dmitri Peskow verwies am
Freitag lediglich auf die laufenden Ermittlungen, deren Ergebnisse man
abwarten müsse. Forderungen in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku,
Russland müsse sich entschuldigen, erteilte er eine Absage.
Erstmals äußerte sich der Chef des Bundesamtes für Luftverkehr
(Rosaviazija), Dmitri Jadrow, zu dem Flugzeugunglück. Ihm zufolge sei die
Situation in der Umgebung von Grosny zum Zeitpunkt der Katastrophe
schwierig gewesen. Mit ukrainische Kampfdrohnen seien Terroranschläge auf
die zivile Infrastruktur in den Städten Grosny und Wladikawkas gestartet
worden.
Für das Gebiet des Flughafens Grosny sei der sofortige Abflug aller
Flugzeuge verfügt worden. Am Flughafen habe dichter Nebel geherrscht und
der Pilot habe zwei erfolglose Versuche unternommen, das Flugzeug zu
landen. Ihm seien andere Flughäfen angeboten worden, er habe jedoch
beschlossen, nach Aqtau zu fliegen, zitiert die russische
Nachrichtenagentur TASS Jadrow.
Die Maschine vom Typ Embraer 190 war am Mittwoch auf dem Weg von Baku nach
Grosny, Hauptstadt der russischen Teilrepublik Tschetschenien, gewesen. Aus
noch nicht abschließend geklärten Gründen hatte der Pilot jedoch die
Flugroute geändert und offensichtlich um eine Erlaubnis gesucht, auf dem
Flughafen in Aqtau notlanden zu dürfen.
## Angeblich zu viel Nebel
Einer Version zufolge habe die Embraer 190 wegen Nebels nicht in Grosny
landen können. Einem anderen zufolge habe der Pilot die Route ändern
müssen, weil die Region im Nordkaukasus zu dieser Zeit von Drohnen
angegriffen worden sei und der Flughafen Grosny keine Flugzeuge akzeptiert
habe.
Am Donnerstag hatte unter anderem der TV-Sender Euronews mit Verweis auf
Quellen in der aserbaidschanischen Regierung berichtet, dass die Maschine
durch den Einsatz einer russischen Flugabwehrrakete abgestürzt sei. Die
Rakete sei während „Drohnenflugaktivitäten“ über Grosny abgefeuert worde…
und in der Nähe des aserbaidschanischen Flugzeuges explodiert.
Die Nachrichtenagentur Reuters hatte berichtet, dass das Flugzeug vom
russischen Flugabwehr-Raketen- und Geschützsystem Pantsir-S (ZRPK)
abgeschossen worden und das Kommunikationssystem des Flugzeuges beim Anflug
auf Grosny blockiert gewesen sei. Bereits kurz nach dem Absturz waren
Videos aufgetaucht. Sie zeigen Schäden im Heckbereich des Wracks, die
Einschlaglöchern von Schrapnell aus Flugabwehrwaffen ähneln.
Unterdessen haben mehrere Fluggesellschaften für Flüge nach Russland aus
dem Vorfall erste Konsequenzen gezogen. So stellte die kasachische
Fluggesellschaft Qazaq Air ihre Flüge von Astana nach Jekaterinburg bis zum
27. Januar 2025 ein. Zur Begründung hieß es, die Aussetzung der Flüge
erfolge zur Gewährleistung der Sicherheit von Passagieren sowie
Besatzungsmitgliedern und auf Grundlage der Ergebnisse einer laufenden
Risikobewertung von Flügen nach Russland.
## Flüge gecancelt
Die Azerbaijan Airlines (AZAL) cancelte Flüge in sieben russische Städte:
Mineralnije Wody, Sotschi, Wolgograd, Ufa, Samara, Grosny und Machatschkala
– Hauptstadt der an Tschetschenien grenzenden russischen Teilrepublik
Dagestan. Zur Unglücksursache hieß es von der AZAl am Freitag, dass den
Absturz ersten Untersuchungsergebnissen zufolge eine „physische und
technische Einwirkung von außen“ verursacht habe.
Die israelische Fluggesellschaft El Al fliegt bis auf weiteres Moskau nicht
mehr an. Auch in Russland selbst kam es am Freitag zu Beeinträchtigungen
des Flugverkehrs, so auf den Flughäfen in Sotschi, Kasan, Astrachan und
Wolgograd – zwecks Gewährleistung der Sicherheit von Flügen der zivilen
Luftfahrt, wie es offiziell hieß.
Aufschlussreich sind Äußerungen von Ibragim Jangulbajew, Vorsitzender der
oppositionellen tschetschenischen Bewegung „Adat“ in einem Interview mit
dem russischsprachigen Webportal Nastojaschee vremja.
Angesichts von Versuchen einiger Anhänger des tschetschenischen Präsidenten
Ramsan Kadyrow die „Abschuss-Version“ zu widerlegen, frage er sich, warum
das Flugzeug nicht habe landen dürfen, als es schon über Machatschkala
gewesen sowie vom Radar verschwunden sei und dem Piloten dann gesagt worden
sei, er solle über das Kaspische Meer nach Kasachstan fliegen. Zu diesem
Zeitpunkt habe es im gesamten Nordkaukasus Drohnenangriffe gegeben.
## Medaillie für den Neffen
Dass dem so gewesen ist, räumte auch Ramsan Kadyrow ein – offensichtlich
ohne es selbst zu merken. Am Donnerstag war bekannt geworden, dass er
während einer erweiterten Sitzung anlässlich einer Jahresbilanz seinem
Neffen und Sekretär des tschetschenischen Sicherheitsrats Chamzat Kadyrow
die Medaille „Für Verdienste um die Republik Tschetschenien“ verliehen
hatte. Der ausgezeichnete Verwandte hatte am Tag des Flugzeugabsturzes von
der Zerstörung alle Ziele über Tschetschenien berichtete, womit
offensichtlich die feindlichen Drohnen gemeint waren.
Der Telegram-Kanal WTSCHK-OGPU, in Russland auf der Liste ausländischer
Agenten, veröffentlichte Fragmente eines Gesprächs (der Inhalt kann nicht
verifiziert werden) des Piloten des später abgestürzten Flugzeuges mit dem
zuständigen Dispatcher. Daraus geht hervor, dass die Maschine bereits bei
ihrem Anflug auf Grosny beschädigt worden sei.
Später berichtete der Kanal, dass das Flugzeug über dem tschetschenischen
Bezirk Naursky, 18 Kilometer vom Flughafen Grosnys entfernt, getroffen
worden sei. Dort seien mehrere russische Militäreinheiten stationiert,
darunter solche mit Luftverteidigungssystemen.
27 Dec 2024
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## AUTOREN
Barbara Oertel
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Russland
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Flug MH17
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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