# taz.de -- Prozess um Feldstraßenbunker: Ein Bunker ohne Plan | |
> 58 Meter hoch soll der Bunker im Karoviertel werden, die Gebäude | |
> drumherum sind nur 16 Meter hoch. Ein Anwohner klagte – und nun startete | |
> der Prozess. | |
Bild: Soll noch entschieden höher werden: Bunker an der Feldstraße | |
HAMBURG taz | Weil es im Raum 247 des Verwaltungsgerichts im Hamburger | |
Stadtteil St. Georg nicht genügend Publikumsplätze mit Abstand zueinander | |
gibt, hat der zuständige Richter am Mittwochmorgen Lose gebastelt. | |
Handschriftlich nummerierte Zettelchen bestimmen, welche | |
Medienvertreter:innen und welche Zuschauer:innen an der Verhandlung um die | |
Rechtmäßigkeit der geplanten Aufstockung des Feldstraßenbunkers teilnehmen | |
dürfen. 27 Lose gibt es für bescheidene elf Plätze. | |
Die Proteste der aus der Verhandlung Ausgeschlossenen, die nicht verstehen, | |
warum nicht in einen größeren Saal umgezogen werden kann, kontert der | |
Richter mit dem Satz: „Die Öffentlichkeit ist auch so hergestellt.“ | |
Mehr als zwei Jahre hat Mario Bloem auf diesen Termin müssen. Bereits im | |
April 2018 reichte der Stadtplaner Klage gegen die geplante [1][Aufstockung | |
des Feldstraßenbunkers] ein. Der Anwohner und Geschäftsführer einer | |
Planungsgesellschaft hält die im April 2017 erteilte Baugenehmigung für | |
rechtswidrig, weil kein Bebauungsplan aufgestellt wurde und weil keine | |
Bürger:innenbeteiligung stattfand. | |
Der ehemalige Hochbunker an der Feldstraße überragt mit einer Höhe von | |
derzeit 38 Metern schon heute den Stadtteil. [2][Investor Thomas Matzen] | |
will den einstigen Flakbunker auf 58 Meter Höhe aufstocken, Platz für | |
kommerzielle, aber auch stadtteilbezogene Nutzungen schaffen und den Koloss | |
obenherum begrünen. In den neu geschaffenen Stockwerken sollen unter | |
anderem eine Mehrzweckhalle und ein Hotel untergebracht werden. | |
## Aufstockung des Bunkers umstritten | |
Dafür müsste aber laut Bloem ein neuer Bebauungsplan her, und den gibt es | |
nicht. Ohne Bebauungsplan (B-Plan) seien nur Gebäude erlaubt, „die sich | |
vollständig in die vorhandene Bebauung und Umgebung einfügen“. | |
Das gelte aber nicht für den Bunker an der Feldstraße, der nach einer | |
Austockung die Höhe eines 18- bis 19-stöckigen Bauwerks haben würde. „Kein | |
einziges Gebäude in einem Umkreis von 300 Metern um den Bunker ist mehr als | |
30 Meter hoch und die gegenüberliegenden Häuser an der Feldstraße überragt | |
der Bunker dann um das Dreifache“, sagt der 57-jährige Kläger. | |
## Bürgerbeteiligung gab es nicht | |
Bloem sieht sich zudem in seinen Beteiligungsrechten als Anwohner verletzt | |
– und nicht nur er. „Es gab keine transparente effektive | |
Bürgerbeteiligung“, beklagt auch Felicitas J. von der Stadtteilinitiative | |
[3][St. Pauli Code Jetzt.] „Nur ein B-Planverfahren hätte eine echte | |
Anwohner:innenbeteiligung garantiert“, sagt Bloem. Es habe es nur vom | |
Investor organisierte Veranstaltungen gegeben und keine formale | |
Bürger:innenbeteiligung. | |
„Die Anwohner:innen durften zwar schriftlich Kritik und Wünsche äußern, | |
aber was Matzen damit gemacht hat, weiß niemand“, sagt Bloem. „Es gab kein | |
formelles Verfahren mit verbrieften Beteiligungsrechten.“ Bloem wirft dem | |
Bauherren Bürger:innenbeteiligung nach Gutsherrenart vor. | |
## Rechtsgrundlage steht nicht zur Debatte | |
Im Verlauf der Verhandlung wird klar, dass es hier um etwas Grundsätzliches | |
geht. Die Vertreter des Bezirks sind nicht bereit, die Frage, ob für die | |
Bunkeraufstockung ein B-Plan-Verfahren nötig gewesen wäre, vor Gericht auch | |
nur zu diskutieren. Die Entscheidung, auf welcher Rechtsgrundlage die | |
Aufstockung genehmigt wurde, sei eine Entscheidung von Politik und | |
Verwaltung, die hier nicht zur Debatte stehe. | |
Ein Bebauungsplan-Verfahren, wie Bloem es fordert, hätte den Bürger:innen | |
intensive Beteiligungsrechte garantiert, die es nun nicht gab, da die | |
Bunker-Erhöhung nach dem Einfügungsgebot des Baugesetzbuches – Paragraph 34 | |
– genehmigt wurde. Dieses erlaubt ein Bauvorhaben, das sich in „die | |
Eigenart der näheren Umgebung einfügt“ und gibt Anwohner:innen dabei wenig | |
Beteiligungsrechte. | |
Die Vertreter des Bezirks argumentieren, dass Mario Bloem durch die von ihm | |
beklagte Genehmigung nach Paragraph 34 faktisch nur sehr eingeschränkte | |
„Schutzrechte“ als Anwohner hätte, die hier nicht zum Tragen kämen. Dass | |
der Kläger genau diese Einschränkung durch das aus seiner Sicht | |
widerrechtliche Genehmigungsverfahren angreift, ignorieren sie. | |
Und nicht nur sie: Auch der zuständige Richter geht in seiner | |
Berichterstattung über den aktuellen Verfahrensstand, mit der er den | |
Verhandlungstag beginnt, auf diesen zentralen Punkt des Klägers überhaupt | |
nicht ein. Er referiert nur die konkreten Planungsfehler aus Sicht des | |
Klägers: Es fehlten Stellplätze für die motorisierten Bunkerbesucher:innen, | |
Konzepte für einen touristischen Busverkehr lägen nicht vor und die | |
Auswirkungen des „durch das Bauvorhaben erzeugten Verkehrsaufkommens“ für | |
den Stadtteil und seine Bewohner:innen seien weder untersucht worden noch | |
gebe es ein Verkehrskonzept, sie zu mindern. | |
## Verhandlungstag bringt keine Entscheidung | |
Die zentrale Frage aus Sicht des Klägers, ob eine Paragraf-34-Genehmigung | |
reiche, oder ein Bebauungsplan notwendig sei, unterschlägt der Richter in | |
seinem Bericht. Dafür fängt er sich einen Befangenheitsantrag von Bloem | |
ein, den dieser später noch durch einen weiteren ergänzt. Damit ist klar: | |
Eine Entscheidung wird es an diesem Verhandlungstag nicht mehr geben. Sie | |
kann erst fallen, wenn eine andere Kammer über die Befangenheitsanträge | |
entschieden hat. | |
15 Jul 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.hamburg.de/sehenswuerdigkeiten-erlebnis/10445612/bunker-feldstr… | |
[2] https://www.deutschlandfunkkultur.de/streit-um-flakbunker-auf-st-pauli-kann… | |
[3] https://planbude.de/st-pauli-code/ | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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