# taz.de -- Proteste in Kuba: Regierung macht Zugeständnis | |
> Kubas Präsident hat eine Mitverantwortung für die Proteste eingeräumt. In | |
> Folge der Demos wurden laut Journalisten schon über 5.000 Menschen | |
> festgenommen. | |
Bild: Menschen versammelten sich am Dienstag im Märtyrerpark in Havanna, wo da… | |
HAVANNA dpa/ap | Der kubanische Präsident Miguel Díaz-Canel hat eine | |
Mitverantwortung der Regierung für die [1][Proteste] in seinem | |
sozialistischen Inselstaat eingeräumt. Deren Umgang mit | |
Versorgungsengpässen und anderen Problemen habe zu den Demonstrationen | |
beigetragen, sagte Díaz-Canel am Mittwoch (Ortszeit) in einer | |
Fernsehansprache. „Wir müssen Lehren aus den Tumulten ziehen“, sagte er. | |
„Wir müssen außerdem eine kritische Analyse unserer Probleme vornehmen, um | |
zu handeln und sie zu überwinden und ihre Wiederholung zu vermeiden.“ | |
Bislang hatte die kubanische Regierung ausschließlich Soziale Medien und | |
die US-Regierung für die am Wochenende begonnen Massenproteste | |
verantwortlich gemacht. Am Sonntag waren Tausende auf die Straßen gegangen, | |
um gegen die Folgen einer schweren Wirtschaftskrise zu protestieren. Einige | |
forderten auch einen Regierungswechsel. | |
Kubas Wirtschaft leidet stark unter dem Einbruch des Tourismus in der | |
Pandemie sowie unter US-Sanktionen. Auch bleiben Hilfen aus Venezuela aus, | |
da der verbündete Staat selbst in einer Krise steckt. Es fehlt in Kuba an | |
Lebensmitteln und Medikamenten. Auch stiegen die Zahlen der | |
Corona-Infektionen und -Todesfälle zuletzt deutlich. Der Zugang zum | |
Internet war nach Beginn der Proteste zeitweise blockiert. Es gab seitdem | |
nur vereinzelte Berichte über kleinere neue Demonstrationen. | |
Nach Angaben unabhängiger Journalisten sind inzwischen mehr als 5.000 | |
Menschen [2][festgenommen] worden. Darunter seien mehr als 120 Aktivisten | |
und Journalisten, berichtete am Mittwoch das Online-Portal „14ymedio“, das | |
Angaben aus der Bevölkerung zusammengetragen hatte. Dabei gingen die | |
Sicherheitskräfte teils brutal vor, wie unter anderem in einem Video zu | |
sehen ist, dessen Echtheit die Menschenrechtsorganisation Human Rights | |
Watch am Mittwoch bestätigte. | |
## Unbegrenzte Einfuhr von Essen und Medikamenten erlaubt | |
Dieses zeigt, wie Sicherheitskräfte in der Stadt Cárdenas versuchen, durch | |
den Vordereingang in eine Wohnung einzudringen, während drinnen eine Frau | |
mit einem kleinen Kind im Arm „meine Kinder!“ und „warum macht ihr das?“ | |
schreit. Dann kommt ein Beamter mit erhobener Pistole aus der anderen | |
Richtung in die Wohnung. Ein offenbar später aufgenommener Teil des Videos | |
zeigt eine Blutlache auf dem Boden. Das Online-Portal „CiberCuba“ | |
berichtete, der Ehemann der Frau sei vor seiner Familie angeschossen, | |
geschlagen und mitgenommen worden. | |
Staatsmedien berichteten am Dienstag von einem Toten bei einer | |
Demonstration am Montag in Havanna. Der 36-jährige Vorbestrafte habe als | |
Teil einer „organisierten Gruppe antisozialer und krimineller Elemente“ | |
versucht, eine Polizeistation anzugreifen. Zu den Umständen seines Todes | |
gab es keine Angaben. Die unabhängige Journalistin Yoani Sánchez sagte am | |
Mittwoch in ihrem Podcast Ventana 14, dass es nach Berichten aus der | |
Bevölkerung im Rahmen der Demonstrationen viel mehr Tote gegeben haben | |
könnte. Medien der Opposition berichteten, die Regierung zwinge junge | |
Männer durch Erpressung dazu, Demonstranten mit Stöcken anzugreifen. | |
Präsident Díaz-Canel sagte in seiner Ansprache weiter, Kuba stecke in einer | |
komplizierten Situation. Das hätten sich Leute zunutze gemacht, die nicht | |
wollten, dass sich die kubanische Revolution entwickle oder dass es ein | |
zivilisiertes Verhältnis zu den USA gebe. | |
Der Präsident rief seine Landsleute auf, nicht mit Hass zu handeln. „Unsere | |
Gesellschaft ist keine Gesellschaft, die Hass erzeugt“, sagte er. „Das | |
Gefühl der Kubaner ist ein Gefühl der Solidarität. Und diese Leute haben | |
diese bewaffneten Taten ausgeführt, mit Vandalismus (…) sie riefen Mord (…) | |
planten Überfälle auf öffentliche Plätze, Einbrüche, Raub, warfen Steine.�… | |
Ministerpräsident Manuel Marrero hatte außerdem am Mittwoch (Ortszeit) im | |
Fernsehen bekanntgegeben, dass bis Ende des Jahres Wertbeschränkungen bei | |
der Einfuhr von Lebensmitteln, Medikamenten und Hygieneartikeln im Gepäck | |
von Passagieren aufgehoben würden. Auch müssten darauf ausnahmsweise keine | |
Zollgebühren bezahlt werden. | |
15 Jul 2021 | |
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