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# taz.de -- Proteste in Chile gehen weiter: Chiles Menschen wollen mehr
> Chiles Präsident Sebastián Piñera bildet sein Kabinett um. Den
> Prostierenden reicht das nicht. Sie verlangen seinen Rücktritt und eine
> neue Verfassung.
Bild: Santiago de Chile am Montag: Kein Durchkommen Richtung Präsidentenpalast
Berlin taz | Chiles rechtskonservativer Präsident Sebastián Piñera hat am
Montag eine Umbildung seines Kabinetts bekannt gegeben, die er bereits Ende
vergangener Woche [1][angekündigt] hatte. Auf acht Ministerposten gibt es
Veränderungen. Am meisten Beachtung findet die Neubesetzung des
Innenministeriums, das bislang von Piñeras Cousin Andrés Chadwick geleitet
wurde. Aufgrund der brutalen Polizei- und Militäreinsätze gegen
Demonstrierende und der [2][Vorwürfe] von Folter und Misshandlungen war
Chadwick unter massiven Druck geraten.
Aber auch sein Nachfolger löst bei RegierungskritikerInnen keine
Begeisterung aus: Gonzalo Blumel gilt als politischer Ziehsohn von Piñeras
Chefberater Chistian Larroulet, und der wiederum als der wichtigste
Verteidiger und Kämpfer für Chiles neoliberales Wirtschaftsmodell.
In seinem Buch „Chile, der Weg zur Entwicklung“ (Chile, camino al
desarrollo) schreibt Larroulet vereinfacht von drei Wirtschaftsmodellen:
Dem Sozialismus, dem europäischen Sozialstaat oder dem chilenischen
Kapitalismus. Letzterer, folgert er, sei die bestmögliche Alternative.
Wie insofern zu erwarten, reichen den Protestierenden, die am vergangenen
Freitag mit 1,2 Millionen Teilnehmer*innen [3][die größte
Protestkundgebung] in Chiles jüngerer Geschichte auf die Beine gestellt
hatten, die Veränderungen nicht aus.
## Erneut Zehntausende auf der Straße
Am Montag gingen erneut in mehreren Städten für diese Forderungen
Zehntausende Menschen auf die Straße, unter anderem in Valparaiso,
Concepción, Punta Arenas und vor allem erneut in Santiago. In der
Hauptstadt kam es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, die mit
Tränengas und Wasserwerferern verhinderte, dass die Demonstrierenden sich
in Richtung des Präsidentenpalastes La Moneda bewegen.
Auch zu Plünderungen kam es erneut, ein großes Kleidungsgeschäft ging in
Flammen auf. Der neu ernannte Innenminister Gonzalo Blumel kommentierte auf
[4][Twitter]: „Die Gewalt, die wir sehen, ist inakzeptabel und muss von
allen eindeutig zurückgewiesen werden. Sie steht nicht für die legitimen
Forderungen, die die Bürgerschaft vorgebracht hat. Der Weg ist der Dialog
und die Zusammenarbeit. Eine Soziale Agenda für ein gerechteres Chile.“
Diese „Soziale Agenda“ ist jedoch nach dem Verständnis der Regierung
lediglich das, was Präsident Piñera bereits in er vergangenen Woche
angekündigt hatte, etwa einen höheren Mindestlohn, die Senkung von
Abgeordnetendiäten und die stärkere Besteuerung höherer Einkommensgruppen.
Auch in seiner [5][kurzen Ansprache] zur Kabinettsumbildung hatte der
Präsident zwar davon gesprochen, die Regierung habe den Ruf der Menschen
verstanden – aber neben der Verjüngung des Kabinetts verlor er kein Wort
über weitergehende Veränderungen. Stattdessen verurteilte er wortreich
Plünderungen und Zerstörungen am Rande der Demonstrationen.
Den Demonstrierenden genügt das nicht. Nicht nur verlangen sie den
Rücktritt des Präsidenten selbst, sie wollen auch eine grundlegende
Änderung des orthodox-neoliberalen Modells, das Chile seit der Diktatur
verfolgt. Die Privatisierung einst staatlicher Leistungen hat zu der
enormen Verteuerung des Lebensalltags geführt, der die Menschen so wütend
macht. Darüber hinaus fordern immer mehr Menschen auch eine
verfassunggebende Versammlung, um endlich die noch unter der
Pinochet-Diktatur verabschiedete Verfassung zu ersetzen.
29 Oct 2019
## LINKS
[1] /Nach-Massenprotesten-in-Chile/!5636253
[2] https://www.amnesty.org/en/latest/news/2019/10/chile-investigacion-para-doc…
[3] /Demonstration-in-Chile/!5636231
[4] https://twitter.com/gblumel/status/1188986927401308161
[5] https://www.youtube.com/watch?v=aiIndQ5jEeM
## AUTOREN
Bernd Pickert
## TAGS
Sebastián Piñera
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