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# taz.de -- Proteste im Sudan: Sieben Tote und 181 Verletzte
> Der Unmut der Bevölkerung richtet sich gegen den Militärrat. Die Angst
> vieler Menschen verhindert jedoch eine Massenmobilisierung.
Bild: Demonstration für die Einsetzung einer Zivilregierung am Sonntag in Khar…
Nairobi taz | Bei der größten Oppositionsdemonstration im Sudan seit einem
Monat sind am Sonntag mehrere Menschen ums Leben gekommen, weitere wurden
verletzt. Zehntausende waren am 30. Jahrestag der Machtübernahme des
inzwischen [1][abgesetzten Präsidenten Omar Hassan al-Bashir] in
verschiedenen Städten des Landes auf die Straße gegangen, um gegen den
herrschenden Militärrat zu protestieren. Nach Angaben der zivilen
Opposition wurden fünf Menschen getötet, die Regierung spricht von sieben
Toten. Der Ärzteverband meldet 181 Verletzte.
In mehreren Gruppen marschierten Demonstranten zu den Häusern einiger der
über hundert Menschen, die am 3. Juni ums Leben gekommen waren, als die
Armee in der Hauptstadt Khartum ein Sit-In der Opposition gewaltsam
aufgelöst hatte. Danach versuchten sie gemeinsam zum Präsidentenpalast zu
gelangen. Die anfangs kleinen Demonstrationszüge wurden immer größer, als
mehr Menschen den Mut zum Mitmachen fanden.
An einigen Punkten in Khartum wurden die Demonstranten von Soldaten
durchgelassen, an anderen wurden sie mit Tränengas vertrieben. Der
Militärrat hatte den Protest nicht verboten, aber die zivile Opposition
gewarnt, dass sie zur Verantwortung gezogen würde, sollte es zu
Ausschreitungen kommen.
Die Opposition hatte darauf gehofft, eine Million Menschen mobilisieren zu
können. Das gelang nicht. Die meisten Sudanesen hatte doch zu viel Angst
vor einer Wiederholung der Militäraktion von Anfang Juni.
## Bevölkerung einschüchtern
Um die Bevölkerung einzuschüchtern, stationierten die Rapid Support Forces
(RSF) hunderte von Geländefahrzeugen, voll geladen mit Männern und
Maschinengewehren, an strategischen Punkten. Diese mit der Armee verbündete
Miliz war letzten Monat verantwortlich für das Massaker an Demonstranten.
Der Leiter der RSF, Mohamed Hamden Dagalo, besser bekannt als Hametti, gab
„unbekannten Scharfschützen“ die Schuld an den Toten vom Sonntag. Auch
Anfang Juni hatte Hametti die Schuld der RSF an dem Blutbad von sich
gewiesen: Unbekannte hätten seine Truppen infiltriert, erklärte er.
Die RSF war bereits am Samstag in das Oppositionshauptquartier eingedrungen
und hatte eine Pressekonferenz verboten, bei der die Medien über die
geplante Demonstration informiert werden sollten.
Nach der Absetzung Bashirs im April hatte es eine Zeit lang so ausgesehen,
als könnten sich der [2][Militärrat und die zivile Opposition auf eine
Übergangsregierung] einigen, um Wahlen abzuhalten und eine demokratische
Entwicklung im Sudan in Gang zu setzen.
## Internet abgeschaltet
Die Gespräche wurden jedoch abgebrochen, woraufhin die Armee nicht nur das
Sit-In auflöste, sondern auch das Internet abschaltete und andere
Freiheiten einschränkte.
Die Afrikanische Union und der äthiopische Premierminister Abiy Ahmed
versuchen, zwischen der Armee und der Opposition zu vermitteln.
Verschiedene Vorschläge wurden von beiden Parteien positiv aufgenommen,
führten jedoch noch nicht zu einer Wiederaufnahme der Diskussionen.
Unterdessen profiliert sich der RSF-Führer und Vizepräsident des
Militärrates Hametti immer mehr als die wirkliche Macht in Sudan. Kürzlich
unterzeichnete er einen Vertrag mit der kanadischen Lobbyfirma Dickson and
Madson im Wert von fast sechs Millionen Euro, wie jüngste Dokumente des
US-Justizministeriums belegen.
Die Vereinigten Staaten verfolgen genau die Politik sudanesischer
Machthaber. Noch immer sind Sanktionen gegen das Land in Kraft, da Khartum
verdächtig wird, den internationalen Terrorismus zu unterstützen.
## Image aufpolieren
Die kanadische Firma soll das Image von Hametti aufpolieren. Die unter
seiner Führung stehende RSF ist für Massenmorde, Vergewaltigungen und
Plünderungen im Bürgerkrieg in der Region West-Darfur verantwortlich.
Der Vertrag sieht den Versuch vor, ein Treffen zwischen Hametti und
US-Präsident Donald Trump zu arrangieren. Die Firma will auch Kontakte mit
Russland für eine mögliche Lieferung von militärischem Material und
Lebensmitteln aufbauen. Hametti ist bereits eng mit dem autokratischen
Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten verbunden.
Die kanadische Lobby-Firma gehört dem Israeli Ari Ben-Menashe. Zuvor war er
für den ehemaligen simbabwischen Präsidenten Robert Mugabe in Afrika tätig
und hat einen Vertrag mit dem libyschen Kriegsherrn Khalifa Haftar
abgeschlossen.
1 Jul 2019
## LINKS
[1] /Aufstand-gegen-Sudans-Diktator/!5583860
[2] /Sudan-Experte-ueber-Folgen-der-Proteste/!5606111
## AUTOREN
Ilona Eveleens
## TAGS
Sudan
Khartum
Protest
Omar al-Bashir
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