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# taz.de -- Protest in Großbritannien: „Fuck the Police“
> In der englischen Stadt Bristol eskaliert ein Protest gegen ein neues
> hartes Polizeigesetz. Das ist auch eine Reaktion auf „Black Lives
> Matter“.
Bild: Bristol, Sonntagabend, 21. März
London taz | „Fuck the Police!“ hatte jemand auf einen Polizeitransporter
gesprayt. Ein zunächst friedlicher Protest am Sonntagnachmittag im
westenglischen Bristol gegen ein neues britisches Polizeigesetz eskalierte
am Abend in Gewaltszenen. Die Polizei war in voller Schutzausrüstung
angerückt, mit Helmen, Schlagstöcken und Schilden, woraufhin eine
Minderheit der Demonstrierenden Autoscheiben einwarfen, die Fenster der
Polizeidienststelle einzuschlagen versuchten, Feuerwerke zündeten,
Müllcontainer in Brand steckten und Gegenstände warfen.
Fotos und Videos auf Twitter zeigen, wie Vereinzelte auf Einsatzwagen der
Polizei kletterten, sie umzukippen versuchten oder anzündeten. Trotz
Verstärkung durch Reiter- und Hundestaffeln und einen Helikopter beruhigte
sich die Situation erst spät in der Nacht. Laut der Polizei erlitten
mindestens 20 Beamt*innen Verletzungen, darunter Knochenbrüche. Sieben
Personen seien inzwischen festgenommen worden. Die Labour Abgeordnete von
Westbristol Thangam Debbonaire bezeichnete die Ereignisse als vollkommen
inakzeptablen, direkten Angriff auf die Polizei.
Die Auseinandersetzungen in Bristol folgten auf die um die Welt gegangenen
Bilder des polizeilichen [1][Eingreifens im Londoner Park Clapham Common am
vorherigen Wochenende] gegen eine Mahnwache von Frauen zum Gedenken an die
auf dem Nachhauseweg entführte und ermordete Londonerin [2][Sarah Everard]
– ein Mord, für den jetzt ausgerechnet ein Londoner Polizist in
Untersuchungshaft sitzt.
## Polizeigesetz gegen Lautstärke und „Unbehagen“
Nicht nur deswegen stand die Polizei auch in Bristol im Mittelpunkt der
Proteste. Wenige Tage nach dem vielkritisierten Eingreifen der Polizei
gegen die Mahnwache stand zufällig im britischen Unterhaus ein Entwurf der
konservativen Regierung für ein [3][neues Polizeigesetz] zur Abstimmung.
Die Parlamentarier stimmten ihm zu, wobei er noch in den Ausschüssen und im
Oberhaus zur Debatte steht. Das neue Gesetz würde der Polizei in Zukunft
gestatten, auch gegen friedliche Proteste vorzugehen, wenn diese einfach
nur „zu laut“ seien oder „zu großes Unbehagen auslösen“ würden.
Außerdem soll das Gesetz Denkmäler schützen. Das bezieht sich direkt auf
den [4][Sturz der Statue des Sklavenhändlers Edward Colston] in Bristol bei
den Black-Lives-Matter-Protesten am 7. Juni 2020.
Innenministerin Priti Patel hatte das damals als Schande bezeichnet, und
als bei Protesten gegen das Denkmal für den Weltkriegspremier Winston
Churchill vor dem Parlamentsgebäude in London die Worte „war ein Rassist“
auf seine Statue gemalt wurden, regt sich [5][breite Empörung] unter
konservativen Brit*innen, die sich nun in dem neuen Polizeigesetz
widerspiegeln. Die neuen Bestimmungen könnten sich auch gegen Aktionen wie
die Straßenblockaden von Extinction Rebellion in den letzten Jahren
richten.
Bei der Demonstration in Bristol, einer Stadt mit einer jahrzehntelangen
grünen Bewegung, riefen deswegen viele den Slogan „Zehn Jahre für Protest,
fünf Jahre für Vergewaltigung.“ Die Labour-Opposition hatte im Parlament
auch aus diesen Gründen gegen das neue Polizeigesetz gestimmt.
Bristols Labour-Bürgermeister Marvin Rees sagte, er würde „als jemand, der
als schwarzer Mann unverhältnismäßig viel wahrscheinlicher Unrecht vom
Justizsystem erwarten könne, die Frustrationen mit dem neuen Polizeigesetz
anerkennen.“ Doch schränkte er ein: „Häuser im Stadtzentrum einzuschlagen,
Fahrzeuge mutwillig zu beschädigen und die Polizei anzugreifen macht den
Erfolg dieses Gesetzesantrages nicht weniger wahrscheinlich“.
Aufgrund der [6][aktuellen Covid-19-Beschränkungen] sind Demonstrationen im
Vereinigten Königreich derzeit insgesamt nicht erlaubt. In England dürfen
sich derzeit allemal zwei Personen unter freiem Himmel treffen.
Dennoch häufen sich neuerdings wieder Proteste und Demonstrationen, so in
London am Samstag, als Lockdowngegner*innen und
Pandemieleugner*innen auf die Straße gingen. Viele von ihnen wurden
festgenommen. Ob die englischen Lockdownbestimmungen verlängert werden,
soll noch diese Woche das Parlament entscheiden.
22 Mar 2021
## LINKS
[1] /Frauenprotest-in-London/!5757845
[2] /Britische-Frau-verschwunden/!5757693
[3] https://www.gov.uk/government/collections/the-police-crime-sentencing-and-c…
[4] /Black-Lives-Matter-Protest-in-England/!5687866
[5] /Demonstrationen-in-London/!5692504
[6] https://www.gov.uk/guidance/national-lockdown-stay-at-home
## AUTOREN
Daniel Zylbersztajn-Lewandowski
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