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# taz.de -- Übergriffe durch Londons Polizei: Unverhältnismäßige Durchsuchu…
> Der Fall einer 15-jährigen Schwarzen, die nackt von auch männlicher
> Polizei durchsucht wurde, bringt Weiteres über Londons Metropolitan
> Police zutage.
Bild: Unterstützerinnen für „Child Q“, das 15-jährige Mädchen, das gede…
London taz | Fast jeden Tag hat die Londoner Polizei (Metropolitan Police,
genannt „Met“) an Kindern, manche nur zehn Jahre alt, Leibesvisitationen
durchgeführt, zu denen sich die Kinder und Jugendlichen vollkommen
entkleiden mussten. „Mit großer Sorge“ brachte die Kinderkommissarin für
England und Wales, Rachel De Souza, am Montag ihren Bericht zum Thema
heraus, den sie nach einem besonders markanten Fall veranlasst hatte.
Im Dezember 2020 war eine 15-jährige Schwarze in ihrer Schule im Londoner
Stadtteil Hackney von ihren Lehrer:innen beschuldigt worden, Cannabis zu
besitzen. Die Polizei wurde verständigt. Die zwei herbeigeeilten Beamten,
eine Frau und ein Mann, ließen das Mädchen, sie ist öffentlich nur als Kind
Q bekannt, sich im Krankenraum der Schule nackt ausziehen und durchsuchten
es. Dass das Mädchen gerade seine Tage hatte, hielt sie nicht ab. Obendrein
war keine erziehungsberechtigte Person anwesend, wie es das Gesetz
verlangt. Die beiden Beamten hatten weder die Mutter verständigt, noch ihre
Maßnahmen mit ihren Vorgesetzten abgesprochen.
Die zuständige Kinderschutzstelle prüfte den Fall und befand, dass die
polizeiliche Maßnahme völlig unverhältnismäßig und höchstwahrscheinlich
Rassismus mit im Spiel war. Als der Vorgang im März 2022 öffentlich wurde,
kam es zu Protesten. Damals hieß es noch, es sei ein Einzelfall gewesen.
Die staatliche Kinderkommissarin wollte es genauer wissen und stellte
Fragen an die Met. Nun liegen die Antworten vor. Zwischen 2018 und 2020
erlebten in London 650 Kinder unter 18 solche Durchsuchungen. In 25 Prozent
der Fälle waren die Kinder zwischen 10 und 15 Jahre alt. Bei 23 Prozent war
keine erziehungsberechtigte Person anwesend. 8 Prozent der Kinder waren
laut Polizei schwarze Jungen, im Jahr 2018 sogar 75 Prozent.
## Londons Polizei steht schon seit langem in der Kritik
Für 2021 sind die Daten laut Kommissarin nicht robust genug, und generell
fehlen Angaben, wo die Kinder durchsucht wurden. Laut einem Bericht der Met
im März beträgt die Zahl der Kinder in London, die zwischen 2019 und 2021
durchsucht wurden, sogar 5.279; 75 Prozent von ihnen gehörten ethnischen
Minderheiten an.
„Das Lernen aus solchen Fällen bedeutet, dass sie sich nicht wiederholen“,
warnte De Souza in ihrem Bericht am Montag und gab an, dass der Fall
größere systemische Probleme vermuten lasse. Sie will weitere Berichte von
anderen Polizeikräften anfordern. Eine zusätzliche Untersuchung hat die
unabhängige Polizeibeschwerdestelle einberufen.
Die Londoner Met steht seit Längerem im Zwielicht. Zuletzt gab es eine
Fülle von Skandalen, etwa die Entführung, Vergewaltigung und Ermordung
[1][Sarah Everard]s durch einen Polizeibeamten und die gewaltsame Auflösung
einer Trauerkundgebung deswegen durch die Polizei. Danach wurde das Teilen
von Fotos ermordeter Frauen unter Polizeibeamten bekannt sowie rassistische
und frauenfeindliche Bemerkungen in Whatsapp-Gruppen.
Londons Bürgermeister Sadiq Khan sprach im Februar der Londoner
Polizeichefin [2][Cressida Dick] das Misstrauen aus, woraufhin sie
zurücktrat. Im Juni stellte die staatliche polizeiliche Aufsichtsbehörde
die Met unter Ausnahmeverwaltung aufgrund „systematischen Versagens“.
Anfang Juli ernannte das Innenministerium Mark Rowley zum neuen Londoner
Polizeichef; er versprach, das Vertrauen durch Reformen wieder aufzubauen.
In einem Statement an die taz erklärte die Met am Montag, manchmal sei es
nötig, Kinder zu durchsuchen, die von Gangs und Drogendealern ausgebeutet
werden könnten. Man werde dafür sorgen, dass dies korrekt und respektvoll
geschehe.
8 Aug 2022
## LINKS
[1] /Urteil-im-Mordfall-Sarah-Everard/!5800833
[2] /Skandale-um-die-Londoner-Polizei/!5834736
## AUTOREN
Daniel Zylbersztajn-Lewandowski
## TAGS
Großbritannien
London
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Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
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