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# taz.de -- Londons Polizei in der Kritik: Rassismus bei der Met? Normal!
> Homophobie, Sexismus und Rassismus – dokumentiert in einem Bericht auf
> 363 Seiten. Für viele Stadtbewohner*innen ist das keine neue
> Erkenntnis.
Bild: Wussten schon vor dem neuen Bericht Bescheid: Protestierende im Februar i…
London taz | Gegenüber einer Schule im Londoner Stadtteil Hackney steht der
63-jährige Soundsystem-DJ Marcus, den hier alle nur als „Ragga Dread“
kennen. Vor drei Jahren wurde hier ein 15-jähriges Schwarzes Mädchen wegen
Verdachts auf Drogenkonsum von der Polizei aufgefordert, sich zwecks
Durchsuchung vor den Augen der Beamten vollkommen zu entkleiden – und das
während ihrer Monatsperiode. Der Drogenverdacht blieb unbestätigt.
Das Vorgehen der Polizei löste öffentliche Empörung aus, und [1][„Kind Q�…
unter diesem Namen wurde das Mädchen bekannt] – kam als weiterer Fall zu
der ohnehin schon breiten Palette des Versagens der Londoner Metropolitan
Police, kurz Met, hinzu.
Vergangene Woche nun legte die frühere Opferbeauftragte der britischen
Regierung, Louise Casey, einen 363-seitigen [2][Untersuchungsbericht zur
Londoner Polizei] vor. Sie war beauftragt worden, nachdem vor zwei Jahren
die 33-jährige Sarah Everard von einem Polizisten vergewaltigt und getötet
worden war. Caseys Ergebnis ist erschreckend: Die Met sei institutionell
rassistisch, homophob und frauenfeindlich und diskriminiere darüber hinaus
auch Kinder und Menschen mit Behinderungen.
Für Marcus, den DJ aus Hackney, ist das nichts Neues. Er erzählt, wie vor
über 40 Jahren Schwarze Jungen wie er wegen nichts anderem als ihrer
Hautfarbe eingebuchtet wurden. „Die weißen Jungs ließen sie stehen, es war
normal damals.“ Marcus grinst stolz wie ein Veteran, der einen Krieg
überlebt hat. Die Polizeiwache um die Ecke in Stoke Newington sei die
berüchtigtste gewesen.
Für Marcus hatte das polizeiliche Mobbing erst ein Ende, als der britische
Menschenrechtsanwalt Michael Mansfields zufällig beobachtete, wie
Polizisten Marcus zwangen, sich in aller Öffentlichkeit bis auf die
Unterhose auszuziehen. Der Anwalt griff ein, und die Polizei ließ ab.
„Mansfield traf mich später und erklärte mir meine Rechte.“
Das, findet Marcus, sei auch ein Lösungsansatz für die Misere der Met.
Schon Kindern müsse man ihre Rechte beibringen, auch dem Mädchen hier in
der Schule hätte das geholfen. Mehr Nachbarschaftspolizist:innen, die alle
kennen, mehr schwarze Beamt:innen und bessere Tauglichkeitstests würden
helfen. So ähnlich steht es auch in den Empfehlungen des Casey-Berichts.
## Im Zweifelsfall besser hetero
Auf einer Hauptstraße in der Nähe trifft die taz den 23 Jahre alten
BWL-Student Joshua. Ob er auch schon einmal von der Polizei angehalten
wurde? „Schon mal?“, fragt Joshua zurück, „sehr oft und meine Freunde no…
öfter“. Auch ein 17 Jahre alter Schwarzer Junge, der sich schlicht als JL
vorstellt und eine Sturmhaube trägt, bestätigt das: „Sie behandeln uns so
brutal wie erwachsene Männer“, sagt er mit starkem Londoner Cockney-Akzent.
JL glaubt, eine Entkriminalisierung von Drogen würde vieles ändern, weil
sich die Londoner Polizei dann auf echte Verbrechen konzentrieren könnte.
Das Vertrauen verloren gegenüber der Met hat auch der Filmemacher Lucca
Faccioli, 34 Jahre alt, der mit einem Freund in einem Straßencafé sitzt und
sich als schwulen Mann beschreibt. Freunde von ihm hätten homophobes
Verhalten erfahren; er selbst spiele der Polizei deshalb im Zweifelsfall
vor, hetero zu sein.
Miss Hynde (67) dagegen erzählt, nie Probleme mit der Polizei gehabt zu
haben. Aber dem Polizisten, der damals Sarah Everard vergewaltigte, hätte
sie als Mutter persönlich den Garaus gemacht.
In Clapham Common im Westen der Stadt, wo Everard entführt wurde, erzählt
die 50-jährige Zahnärztin Perry von dem harten Eingreifen der Polizei auf
einer spontanen Gedenkfeier im Park, an der auch sie teilnahm. „Wir waren
einfache Opfer“, sagt sie. Ob die Polizei sich bessern kann, weiß sie
nicht. Vorerst habe sie ihrer 13-jährigen Tochter eingedrillt, nie einem
einzelnen Polizisten zu vertrauen.
25 Mar 2023
## LINKS
[1] /Uebergriffe-durch-Londons-Polizei/!5870352
[2] /Londoner-Polizei-und-Diskriminierung/!5920168
## AUTOREN
Daniel Zylbersztajn-Lewandowski
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
Polizei
Großbritannien
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Homophobie
Sexismus
Bürgerrechte
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