# taz.de -- Aktion vor dem BBC-Gebäude in London: Hammer und Statue | |
> In London hat sich ein Mann zehn Meter hoch begeben, um eine | |
> Prospero-Skulptur zu beschädigen. Grund dürfte der Schöpfer des Werks | |
> sein. | |
Bild: London am Mittwoch: Mit schwarzer Wollmütze macht sich ein Mann ans Werk | |
LONDON taz | In einem Sweatshirt, mit schwarzer Wollmütze und einem kleinen | |
Hammer hatte sich der vermutlich Mittfünfziger am Mittwochnachmittag über | |
dem Eingang der BBC in London ans Werk gemacht: Ohne Gerüst und nur mit | |
einer Leiter stand er mehr als zehn Meter Höhe neben einer Statue, von der | |
er ganze Stücke abschlug, während ihn Schaulustige dabei beobachten. So ist | |
es im Video zu sehen, das ein etwa gleichaltriger Mann mit Vollbart live | |
auf Youtube mitlaufen zeigte. „Der Mann, der die Statue schuf, Eric Gill, | |
war ein Kinderschänder, und die BBC weigert sich, die Statue zu entfernen“, | |
sagt dieser Mann in die Kamera – bis ihn die Polizei für eine Durchsuchung | |
zur Seite nimmt. | |
Ein hydraulischer Lift holte den Mann mit dem Hammer schließlich von der | |
Statue herunter. Die Polizei nahm ihn wegen des Vorwurfs der | |
Sachbeschädigung mit. | |
Seit 1933 schmückten Prospero und Ariel aus dem Shakespearestück „The | |
Tempest“ (Der Sturm) den Eingang der BBC. Ariel, ein Luftgeist, der | |
Prospero dient, war, für den Radiosender ein symbolisches Wortspiel auf | |
aerial, dem englischen Wort für in der Luft, synonym für Antenne. | |
Die Statue empörte bereits nach ihrer Enthüllung, weil das Glied Ariels | |
einigen zu lang war: Der Bildhauer musste es nach Beschwerden kürzen. Eric | |
Gill (1882–1940) galt als einer der anerkanntesten britischen Bildhauer | |
seiner Zeit – bis 1989 seine Biografin Fiona MacCarthy auf Aufzeichnungen | |
stieß, die klar machten, dass Gill seine Kinder vergewaltigt sowie auch | |
seinen Hund missbraucht hatte. | |
Immer wieder flammten seitdem Diskussionen über die Entfernung von Gills | |
Werken auf. Sie bezogen sich nicht nur auf Prospero und Ariel, sondern auch | |
auf Arbeiten, die in Kirchen hängen. | |
Auch in Künstler:innenkreisen gab es solche Querelen: Der 58-jährige | |
Londoner Textilkünstlerin Holly Searle etwa missfielen Prospero und Ariel | |
so, dass sie der BBC schrieb. Die antwortete ihr, dass das Unternehmen mit | |
Hinblick auf den Denkmalschutz nicht daran denke, die Statue zu entfernen – | |
man sich aber über die Lebensgeschichte des Bildhauers im Klaren sei. | |
Der taz sagte Searle, dass sie ihre Beschwerde im Zusammenhang mit der | |
#MeToo-Bewegung sehe. Sie gehöre einer Generation an, „wo Frauen von | |
Männern noch an den Hintern gelangt wurde“. Dazu gehöre auch die Tatsache, | |
dass jahrzehntelang Pädophile wie der BBC-DJ Jimmy Savile gedeckt wurden, | |
sagt Searle. Savile hatte einem Untersuchungsbericht zufolge mindestens 120 | |
Vergehen in seiner fünfzigjährigen beruflichen Laufbahn begangen. | |
In den vergangenen Jahren hatten auch Gruppen, die nach britischen | |
Medienberichten der QAnon-Bewegung nahestehen sollen, immer wieder den | |
Fokus auf die Statue gelegt. Die rechtsextreme Bewegung glaubt an eine | |
Verschwörung durch eine satanistische Organisation von Pädophilen, der | |
demokratische US-Politiker, der Milliardär George Soros sowie diverse | |
Hollywoodstars angehören sollen. Der britische rechtsextreme Aktivist und | |
Streamer Tommy Robinson hatte die Statue britischen Medien zufolge | |
ebenfalls oft kritisiert. | |
## BBC: Diskussion ist richtiger Schritt, nicht die Beschädigung | |
Über den Mann mit dem Hammer sowie mutmaßliche Mittäter:innen war bis | |
Redaktionsschluss nichts Näheres bekannt. In einem Statement sagte ein | |
Sprecher der BBC: „Wir stimmen mit den Ansichten und Taten Eric Gills nicht | |
überein. Es ist klar, dass es eine Debatte darüber gibt, ob das Werk von | |
Künstler:innen von ihrer Person getrennt werden kann.“ Der richtige | |
Schritt nach vorne sei die Diskussion darüber: „Aber wir glauben nicht, | |
dass es richtig ist, ein Kunstwerk selber zu beschädigen.“ | |
Der Youtuber, der die Aktion vor dem BBC-Gebäude livestreamte, beruft sich | |
in seinem Video auch auf den Sturz der Statue des Sklavenhändlers Colston. | |
Während eines [1][Black-Lives-Matter-Protests] hatten die Demonstranten am | |
7. Juni 2020 [2][die Statue des Sklavenhändlers Edward Colston (1636-1721) | |
umgeworfen] und ins nahe gelegene Hafenbecken geworfen. In der vergangenen | |
Woche sind vier Verantwortliche für den Denkmalsturz vor Gericht | |
freigesprochen worden. | |
13 Jan 2022 | |
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## AUTOREN | |
Daniel Zylbersztajn-Lewandowski | |
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