# taz.de -- Projekt „Hystore“ in Schleswig-Holstein: Öl raus, Wasserstoff … | |
> Im Kreis Dithmarschen soll ein großer Speicher für Wasserstoff entstehen. | |
> Doch auch Wirtschaftsminister Habeck räumt Probleme mit der Bürokratie | |
> ein. | |
Bild: Findet Wasserstoff super: Wirtschaftsminister Habeck am Montag in Dithmar… | |
HEMMINGSTEDT taz | Vor der Zentrale von BeBa Energie rauscht der Verkehr | |
vorbei, ein Windrad dreht sich über den Industrieanlagen: Hemmingstedt im | |
Kreis Dithmarschen ist seit Jahrzehnten ein Zentrum der Energiewirtschaft, | |
mit einer Ölraffinerie und verarbeitenden Betrieben. Nun wollen hier drei | |
Firmen aus Schleswig-Holstein und Dänemark mit innovativen Ideen die | |
Energiewende voranbringen, dafür kam am Montag auch | |
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vorbei. | |
Im Projekt „Hystore“ soll Energie aus Wind- oder Solaranlagen in | |
Wasserstoff umgewandelt und unterirdisch in Salzhöhlen gespeichert werden, | |
dabei soll bereits beim Ausbau dieser Kavernen Öko-Strom entstehen. Das | |
größte Problem bei der Umsetzung ist jedoch nicht die Technik, sondern die | |
[1][Bürokratie], hieß es beim Termin mit Habeck. Er lobte das Projekt als | |
faszinierend, weil Techniken, die bisher für fossile Energie genutzt | |
wurden, nun für erneuerbare eingesetzt würden. | |
Im Untergrund unter Hemmingstedt befindet sich eine Salzschicht, in der in | |
Kavernen Öl oder Gas lagert. Diese Kavernen sind mehrere Hundert Meter tief | |
und gerade künstliche Höhlen, die im Querschnitt Tropfkerzen ähneln. | |
Erzeugt werden sie, indem von oben Wasser in ein Bohrloch gegossen wird. | |
Das Salz löst sich darin auf, die Lauge wird nach oben gepumpt und kann in | |
die Nordsee geleitet werden. Passiere das langsam und kontrolliert, sei | |
damit kein Umweltrisiko verbunden, so die Betreiber. Denn die Nordsee als | |
ohnehin salziges Gewässer kann das Extra-Salz aufnehmen – anders als etwa | |
die Werra, in die der [2][Bergbaukonzern K+S seit Jahren Kali-Salz | |
einleiten darf], zum [3][Schaden der an Süßwasser angepassten Tiere und | |
Pflanzen] des Flusses. | |
Statt Öl lässt sich auch Wasserstoff in die Höhlen zwischenspeichern. Das | |
sei ein zentrales Thema für die [4][Energiewende], sagte Habeck, der zum | |
Startschuss des „Hystore“-Projekts nach Dithmarschen gereist war: „Für d… | |
Phasen, in denen Sonne oder Wind nicht ausreichen, muss Wasserstoff als | |
Energieträger vorrätig sein.“ | |
Bereits 2006 hatte BeBa Energie – die Abkürzung leitet sich vom Namen des | |
Gründers Bernd Bartels ab – auf die Wasserstoff-Karte gesetzt und eine | |
entsprechende Lager-Konzession beantragt. Für den Bau neuer Kavernen | |
arbeitet das Unternehmen mit der dänischen Firma Salt Power zusammen. Die | |
hat ein Verfahren entwickelt, um bei diesem Prozess, dem „Solen“, Energie | |
zu gewinnen. | |
Genutzt werde die natürliche Osmose, erklärt Salt-Power-Geschäftsführer | |
Lars Storm Pedersen: „Wie Zucker den Saft aus Erdbeeren zieht, wird Wasser | |
von einem stärkeren Salzgehalt angezogen.“ Dieser Wasserfluss kann eine | |
Turbine betreiben. Das Solen, bei dem im Lauf mehrerer Jahre eine Höhle von | |
etwa 6.000 Kubikmetern entsteht, wird dadurch Energie-positiv. | |
Salt Power hat bereits eine Anlage in Dänemark gebaut und will die Technik | |
nun erstmals in Deutschland einsetzen. Für die Herstellung von Energie aus | |
Sonnen- oder Windkraft ist das Unternehmen GP Joule am Projekt beteiligt. | |
Doch bis tatsächlich der erste [5][Wasserstoff] unter Hemmingstedt | |
eingelagert werden kann, vergehen noch Jahre. Etwa 2026, so schätzen es die | |
Beteiligten, soll es soweit sein – frühestens. „Der längste Prozess wird | |
dabei das Genehmigungsverfahren sein“, sagte Ove Petersen, Mitbegründer und | |
Geschäftsführer von GP Joule. Es seien auch noch nicht alle gesetzlichen | |
Fragen geklärt. | |
Auch das war ein Grund, Habeck nach Dithmarschen einzuladen, denn zurzeit | |
wird in Berlin über das sogenannte Wasserstoff-Kernnetz beraten. Als | |
„Autobahn für Wasserstoff“ beschrieb Habeck das Leitungsnetz, das sich | |
durch ganz Deutschland erstrecken soll. Zulieferer wie BeBa in | |
Hemmingstedt sollen „Zufahrten“ haben, um ihren gespeicherten Wasserstoff | |
in die „Autobahn“ zu leiten. Unternehmen, die Energie brauchen, sollen sie | |
von dort abnehmen können. | |
„Wasserstoff ist zentral, um Industriezweige auf dem Weg zur | |
Klimaneutralität zu dekarbonisieren. Daher muss die notwendige | |
Infrastruktur von Anfang an mitgedacht werden“, heißt es auf der Homepage | |
des Bundeswirtschaftsministeriums. Dazu arbeitetet die Koalition zurzeit an | |
einem Wasserstoffnetzbeschleunigungsgesetz, das eben diesen Netzausbau | |
voranbringen soll. Wann es kommt, ist bislang aber noch fraglich. | |
Für die drei Projektpartner von „Hystore“ ist unter anderem wichtig, dass | |
das Thema Speicher in das Gesetz aufgenommen wird und nicht ausgelassen | |
wird. Generell erhoffen sich die Beteiligten, dass es rascher vorangehe mit | |
den Verfahren. Wobei das kein deutsches Problem sei. „Auch in Dänemark ist | |
das aufwändig“, sagte Salt-Power-Vertreter Pedersen. „Europa insgesamt muss | |
da besser werden.“ | |
10 Oct 2023 | |
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## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
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