# taz.de -- Wasserstoffprojekt abgebrochen: Elektrolyseur ist einfach zu teuer | |
> Die Kundenflyer waren schon fertig, doch dann musste das | |
> Industriekonsortium aufgeben. Die Kosten des Projekts in | |
> Schleswig-Holstein waren zu hoch. | |
Bild: Windenergie gibt es an der Raffinerie Heide in Schleswig-Holstein genug | |
FREIBURG taz | Selbst eine satte Förderzusage konnte das Projekt nicht | |
retten: Die einst als „der größte Elektrolyseur Deutschlands zur Erzeugung | |
grünen Wasserstoffs“ gepriesene Anlage in der schleswig-holsteinischen | |
Stadt Heide (Landkreis Dithmarschen) wird nun doch nicht realisiert. Die | |
Baukosten der Industrieanlage, die über eine Leistung von 30 Megawatt | |
verfügen sollte, sind schlicht zu hoch. | |
Die Raffinerie Heide hatte das Projekt zusammen mit den Firmen Ørsted und | |
Hynamics – einer Tochtergesellschaft des französischen Energiekonzerns EDF | |
– vor drei Jahren gestartet. Weitere Partner wie der Baustoffproduzent | |
Holcim stießen hinzu. Der Plan bestand darin, überschüssige Windenergie zur | |
Wasserstoff-Erzeugung zu nutzen. Die Konstellation vor Ort ist günstig: Die | |
Raffinerie ist bereits seit 1964 an eine Wasserstoffpipeline angeschlossen | |
sowie an ein System aus Salzkavernen, die als geeignet gelten, Wasserstoff | |
zu speichern. Der Wasserstoff sollte zum Heizen, in Fahrzeugen und in der | |
Industrie eingesetzt werden. | |
Daher sind bei dem mit rund 36 Millionen Euro öffentlich geförderten | |
„Reallabor Westküste 100“ auch die Stadtwerke Heide mit im Boot, die den | |
erzeugten Wasserstoff gemeinsam mit dem Stadtwerke-Verbund Thüga unter dem | |
Label „GrünerHeizen“ vermarkten wollten. | |
In einem Teilgebiet des städtischen Gasnetzes sollte die Wärmeversorgung | |
für die Kunden „ohne zusätzliche Kosten und bei gleichem Heizkomfort | |
klimafreundlicher gestaltet werden“, indem man anfangs 10, später 20 | |
Prozent Wasserstoff dem Erdgas beimischen wollte. [1][Die Stadtwerke | |
sprachen von einem „Modell, das für ganz Deutschland ein Vorbild für die | |
Energiewende im Bereich Heizen werden kann“.] | |
## Technisch möglich, aber ökonomisch nicht tragfähig | |
Die Flyer für die Kunden waren längst fertig, doch dann zeigte sich, dass | |
nicht alles, was technisch geht, auch ökonomisch tragfähig ist. Das liegt | |
auch an einem grundsätzlichen Problem, vor dem jeder Betreiber eines | |
Elektrolyseurs steht. Einerseits legen die hohen Kapitalkosten eine | |
möglichst lange Laufzeit einer jeden Anlage nahe – idealerweise mehr als | |
8.000 Stunden pro Jahr. | |
Andererseits hat das dann aber zur Folge, dass nicht ausschließlich | |
billiger Überschussstrom (in diesem Fall Windstrom) genutzt werden kann, | |
sondern dass man auch in solchen Stunden Strom beziehen muss, wenn dieser | |
am Markt knapp und entsprechend teuer – und vor allem auch kein Ökostrom – | |
ist. | |
Erzeugt man hingegen nur in den Stunden von Windüberschuss und entsprechend | |
niedrigem Strompreis Wasserstoff, bleibt die Laufzeit eines jeden | |
Elektrolyseurs zwangsläufig gering. In diesem Fall können die hohen | |
Fixkosten nur auf relativ wenige Betriebsstunden umgelegt werden, was eine | |
langfristige Deckung der Investitionskosten ebenfalls kaum realistisch | |
macht. Angesichts dieser Konstellation und der hohen Investitionskosten | |
zogen die Projektbeteiligten in Heide nun die Reißleine. | |
## Das größere Projekt „Westküste 100“ bleibt | |
An einem noch weitaus größeren Nachfolgeprojekt wollen die Projektpartner – | |
es sind weitgehend dieselben wie beim Projekt „Westküste 100“ – gleichwo… | |
festhalten. Dieses „Skalierungsszenario“ trägt den Namen „Hyscale 100“… | |
besteht aus einem Elektrolyseur zur „großtechnischen | |
Wasserstoffproduktion“, wie es bei der beteiligten Firma Holcim heißt. Die | |
Raffinerie Heide spricht von einer Elektrolyseurkapazität von bis zu 500 | |
Megawatt, die auf ihrem Firmengelände in den nächsten drei Jahren entstehen | |
könnten. Anschließend solle die Kapazität sogar „auf bis zu 2,1 Gigawatt | |
skaliert werden“. | |
[2][Zuschüsse soll es reichlich geben]: 194 Millionen Euro hat die | |
schleswig-holsteinische Landesregierung dafür bereits eingeplant. Da diese | |
Anlage unter die sogenannten IPCEI-Projekte der EU fällt (Important | |
Projects of Common European Interest), dürften nochmals mehr als doppelt so | |
viel an Fördermitteln vom Bund hinzukommen. Damit käme eine Fördersumme im | |
mittleren dreistelligen Millionenbereich zusammen – was dann vielleicht | |
ausreicht, um zumindest dieses Projekt umzusetzen. | |
21 Nov 2023 | |
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## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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