# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Finnland: Kuschelige 3,2 Prozentpunkte Ab… | |
> Ganz knapp gewinnt Alexander Stubb die Wahl. Freundlich-entspannt wie der | |
> Wahlkampf verläuft auch die Siegesfeier. In vielem waren sich beide eh | |
> einig. | |
Bild: Finnlands neuer Präsident Alexander Stubb bei der Wahlparty am 11. Febru… | |
BERLIN taz | Nur 3,2 Prozentpunkte lagen am Ende noch zwischen ihnen: | |
Finnland staunt über das knappe Ergebnis der Präsidentschaftsstichwahl. | |
Dass Pekka Haavisto den als Favoriten geltenden Alexander Stubb am Ende | |
fast noch einzuholen schien, brachte mehr Spannung als gedacht in den | |
Wahlabend. | |
Um 20 Uhr aber war klar: Ganz reicht es nicht. Der 55-jährige Stubb, | |
Kandidat der konservativen Sammlungspartei mit reichlich internationaler | |
Politikerfahrung, wird mit 51,6 Prozent Stimmenanteil neuer Präsident der | |
Republik Finnland. Er folgt auf den weithin sehr beliebten | |
Russland-Experten Sauli Niinistö, mit einem der knappsten Ergebnisse | |
überhaupt bei [1][finnischen Präsidentschaftswahlen.] | |
Stubbs Reaktion auf den Sieg? Zunächst äußerlich kaum erkennbar. Schulter | |
an Schulter hatten die beiden Kandidaten, live übertragen im finnischen | |
Fernsehen, auf Bildschirme gestarrt. Als dort die entscheidenden Prognosen | |
erschienen, drehte sich Stubb zu seinem Konkurrenten. Der war unabhängig | |
angetreten, galt aber als rot-grüner Vertreter. Man schüttelte sich recht | |
lange die Hände, wechselte ein paar Worte und bedankt sich mehrfach | |
beieinander. Keine Geste des Triumphs beim Sieger, kaum ein Lächeln schien | |
er zu wagen. Kurz danach vom schwedischsprachigen Reporter des Senders Yle | |
befragt, schob Stubb seinen Sieg gar auf Glück: „Wir hatten zwei gute | |
Kandidaten hier im Endspurt, und ich war der, der heute den längeren | |
Strohhalm gezogen hat“, meinte er. | |
Später am Abend wurde es doch noch emotionaler: Der Sieger tauchte auf der | |
Wahlparty des Verlierers auf – eine Premiere, wie Yle berichtet. Stubb | |
erzählte demnach, er habe sich schon Donnerstag „mit Pekka“ verabredet, | |
dass sie es so halten wollten, egal, wer gewinnt. „Danke, Pekka, für diese | |
gemeinsame Reise“, sagte Stubb dann in einer Art Lobeshymne: „Ihr habt | |
einen fantastischen Wahlkampf gemacht, ihr solltet stolz darauf sein. Du | |
bist einer der besten Menschen, die ich je getroffen habe.“ | |
## Auch im Wahlkampf in Finnland wurde gekuschelt | |
Das passte zum Wahlkampf insgesamt, in dem persönliche Angriffe, anders als | |
in anderen Ländern, kaum eine Rolle spielten. Warum eigentlich? Auch das | |
wurde am Wahlabend noch einmal reflektiert. Stubb betonte, was auch für | |
Beobachter deutlich war: Die außenpolitische Lage, die Nachbarschaft mit | |
Russland – das habe einen einigenden Charakter gehabt. „Ich bin sehr stolz | |
auf Finnland und unsere Art zu wählen, speziell bei der Präsidentenwahl“, | |
sagte Stubb. Und Verlierer Haavisto ergänzte: „Es gab keinen Grund, | |
Unterschiede in unserer Außen- und Sicherheitspolitik zu dramatisieren, sie | |
waren nicht so groß.“ | |
Außenpolitik ist das wichtigste Feld des finnischen Präsidenten, er ist | |
auch Oberbefehlshaber des finnischen Militärs. Vorgänger Niinistö kannte | |
Putin, gerade die Russland-Expertise hatte seine Rolle nicht zuletzt beim | |
Durchsetzen des Nato-Beitritts noch einmal gestärkt. Der Präsident | |
entscheidet nicht allein, sondern zusammen mit der Regierung, aber die | |
[2][Außenpolitik] liegt in seiner Verantwortung. Jetzt also in Stubbs. | |
Das könnte unter anderem eine Diskussion beflügeln: Er hatte sich im | |
Wahlkampf, hier im Unterschied zu Haavisto, offen gezeigt in der Frage, ob | |
Finnland künftig die Stationierung von Atomwaffen auf seinem Gebiet | |
zulassen sollte – bisher lässt das Gesetz es nicht zu. | |
Bei der Frage, ob Nato-Truppen in Finnland stationiert werden sollten, | |
hatte Stubb im Wahlkampf das typisch finnische Selbstbewusstsein in | |
militärischen Fragen demonstriert: Er würde Truppen in Finnland willkommen | |
heißen, sagte er. Er halte jedoch weiter Finnland für den Hauptakteur bei | |
seiner eigenen Verteidigung und schätze die Wahrscheinlichkeit als gering | |
ein, dass eine größere Zahl [3][Nato-Truppen] kommen würde. Finnland hat | |
nie die Wehrpflicht abgeschafft und schätzt, anders als aktuell etwa | |
Deutschland und Schweden, die eigenen Kapazitäten als gut ein. Ähnlich wie | |
Haavisto natürlich. | |
## Zwischen Bananenpfannkuchen und Haarschnitten | |
Es ging am Ende tatsächlich vor allem um Sympathie und Persönlichkeit – das | |
war beiden Kandiaten auch klar, als sie in immer neuen Social-Media-Videos | |
versuchten, sich auch privat von der besten Seite zu zeigen. Haavisto und | |
seine schönste Orchidee. Oder: Haavisto kriegt von seinem Mann, | |
Maskenbildner Nexar Antonio Flores, eine neue Frisur verpasst. Stubb, wie | |
er eins, zwei, drei vor der Kamera Bananenpancakes zusammenrührt. Stubb | |
beim Scherzen mit seiner Frau, der britischen Anwältin Suzanne Innes-Stubb, | |
ob sie ihn doch wohl wählen würde. | |
Als Hauptaufgabe für den smarten, betont weltgewandten Stubb galt es, | |
seinem Ruf entgegenzuwirken, er sei zu arrogant. Das Vorurteil: Er vertrete | |
nur die Finnlandschweden – historisch betrachtet einst die Elite, die auf | |
die Finnen hinabsah. Stubb betonte im Wahlkampf mehr als einmal, er sei | |
zweisprachig, spreche mit seiner Mutter und seinen Geschwistern Finnisch, | |
mit dem Vater Schwedisch. Er sei „ganz normal aufgewachsen“. Auch das Wort | |
Empathie nutzte er häufig – es sei ihm wichtig, empathisch zu sein. Es gibt | |
zwar immer noch genug Finnen, die ihm nicht zutrauen, sich zum Beispiel in | |
die Lage ärmerer Menschen hineinzuversetzen – doch das war für just diesen | |
Posten wohl weniger bedeutungsvoll. | |
12 Feb 2024 | |
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## AUTOREN | |
Anne Diekhoff | |
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