| # taz.de -- Polizeiskandal erreicht Norddeutschland: Nazi-Informant im Polizeid… | |
| > Ein Beamter, der während seiner Tätigkeit in Hessen Daten aus dem | |
| > Polizeicomputer an Neonazis gegeben haben soll, arbeitet mittlerweile in | |
| > Niedersachsen. | |
| Bild: Kann in falsche Hände geraten: Polizeicomputer – hier bei der Überwac… | |
| Hamburg taz | Der Vorwurf ist kein einfaches Dienstvergehen: Ein | |
| Polizeibeamter soll einer Bekannten aus der rechtsextremen Szene Daten aus | |
| dem polizeilichen Informationssystem zugespielt haben. Disziplinarischen | |
| Maßnahmen entging der Beamte zunächst durch eine Versetzung auf eigenen | |
| Wunsch von Hessen nach Niedersachsen. Im Niedersächsischen Landtag fordern | |
| die Grünen jetzt die Aufklärung des politischen Vorfalls, der bislang ohne | |
| berufliche Folgen geblieben ist. | |
| „Der hessische Polizeiskandal um rechtsextreme Umtriebe innerhalb der | |
| Sicherheitsbehörden erreicht nun auch Niedersachsen“, sagt der | |
| Grüne-Landtagsabgeordnete Belit Onay. Innenminister Boris Pistorius (SPD) | |
| müsse das Parlament „unverzüglich über die Hintergründe informieren“. | |
| Um den Druck zu erhöhen, haben die Grünen in Hannover eine „Kleine Anfrage | |
| zur kurzfristigen schriftlichen Beantwortung“ gestellt. Sie wollen | |
| erfahren, wie die Landesregierung den „möglichen Geheimnisverrat“ bewertet; | |
| welche Informationen zwischen der Polizei Hessen und Niedersachsen | |
| ausgetauscht wurden und wie die „politische Motivation“ des betreffenden | |
| Beamten bewertet werde. | |
| „Wir behalten uns vor, auch im Parlament dieser Tage den Innenminister | |
| direkt zu befragen“, sagte Onay der taz. Denn es müsste sichergestellt | |
| sein, dass in Niedersachsen keine Dienstgeheimnisse und relevanten | |
| Personendaten ähnlich wie im Fall der Frankfurter Rechtsanwältin Seda | |
| Başay-Yıldız an Rechtsextreme weitergegeben werden“ könnten. | |
| Der aus Südhessen kommende Polizeibeamte soll in den Jahren 2015 und 2016 | |
| Polizeidaten auf Wunsch seiner Bekannten Martina H. abgerufen und ihr | |
| übermittelt haben. Die Rechtsextremistin gehört zu einer Gruppe, die sich | |
| „Aryans“ nennt, Englisch für „Arier“. | |
| In Halle steht die 42-Jährige gerade gemeinsam mit ihrem Freund Carsten M. | |
| vor Gericht. Am 1. Mai 2017 sollen zehn Anhänger der „Aryans“ am Rande | |
| einer Demonstration zum 1. Mai mit zwei Autos Jagd auf Menschen in der | |
| sachsen-anhaltischen Stadt gemacht und Gegendemonstranten mit Steinen | |
| beworfen haben. Aus dem fahrenden Wagen soll M. mit einen Starkstromkabel | |
| auch Mitglieder einer Wandergruppe angegriffen haben. | |
| Der 40-Jährige gilt als ideologischer Kopf der Gruppe, gegen die die | |
| Bundesanwaltschaft im März 2018 Ermittlungen wegen Bildung einer | |
| terroristischen Vereinigung eingeleitet hat. Auf dem Handy von Martina H. | |
| hatten die Ermittler den Chat mit dem Polizisten gefunden. | |
| Die Staatsanwaltschaft Darmstadt ermittelt nun gegen den Polizisten, wie | |
| das niedersächsische Innenministerium der taz bestätigte. Es soll dabei um | |
| den Vorwurf des Geheimnisverrats gehen. In Niedersachsen läuft gegen den | |
| Beamten ein Disziplinarverfahren, das aber bis zum Ausgang des | |
| Strafverfahrens ruhen soll. | |
| ## Einschüchterung und Bedrohung | |
| Dass der Polizist eine rechtsextreme Einstellung hätte, sehen hessische | |
| Sicherheitsbehörden bisher nicht. Bekannt sei mittlerweile jedoch, dass der | |
| Beamte schon länger Kontakt zu Martina H. hatte. Er soll sie bereits vor | |
| einem Jahr vor dem Mitangeklagten gewarnt haben. | |
| „Dieser Fall darf wegen der Bedrohungslage nicht verharmlost werden“, sagt | |
| Onay. „Die Ereignisse um Daten-Leaks und Drohschreiben zeigen, dass aus | |
| rechtsextremen Strukturen immer wieder aggressive Versuche der | |
| Einschüchterung und Bedrohung von Menschen stattfinden“, so der | |
| innenpolitische Sprecher der Grünen. | |
| ## Vier rechtsextreme Vorfälle bei der Hamburger Polizei | |
| Zuletzt war bekannt geworden, dass es in der niedersächsischen Polizei | |
| Reichsbürger geben soll. Das Innenministerium spricht von zwei Fällen, „in | |
| denen dienstrechtliche Verfahren wegen des Verdachts der Zugehörigkeit zur | |
| sog. Reichsbürgerszene geführt werden“. | |
| In Hamburg zählten die Behörden seit 2015 vier rechtsextreme Vorfälle bei | |
| der Polizei. Auf eine Anfrage der Linken in der Bürgerschaft antwortete der | |
| Senat unter anderem, einem Angestellten im Polizeidienst sei gekündigt | |
| worden, weil er das Foto eines Tannenbaums mit Hakenkreuz versendet hatte. | |
| Ein Beamter wurde wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz und der Verwendung | |
| von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu einer | |
| Bewährungsstrafe verurteilt. Ein Angestellter soll gehen, weil er bei der | |
| „Merkel-Muss-weg“-Kundgebung geredet hat. Der Rechtsstreit deswegen läuft | |
| noch. | |
| 24 Jan 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Speit | |
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