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# taz.de -- Parlamentswahl in Italien: Fruchtbarer Boden für rechte Parolen
> Viele werten den Erfolg der Rechten in Italien als Votum gegen die EU. So
> einfach ist es aber nicht. Europa hat im Wahlkampf nur eine Nebenrolle
> gespielt.
Bild: Rechtsbündnis in Italien: Die Fratelli d’Italia sitzen im Europaparlam…
War das nun eine Wahl gegen Europa? Am vergangenen Sonntag [1][hat in
Italien ein Rechtsbündnis klar gewonnen], dessen stärkste und zweitstärkste
Partei – die postfaschistischen Fratelli d’Italia Giorgia Melonis ebenso
wie Matteo Salvinis Lega – immer wieder gegen „Brüssel, Paris und Berlin“
und den Euro gewettert haben. Mehr noch: Die Fratelli d’Italia sitzen im
Europaparlament in einer Fraktion mit der polnischen PiS und der spanischen
Vox, während die Lega dort unter anderem mit der AfD verbündet ist.
Schon deshalb scheint der Schluss auf der Hand zu liegen: Ja, es war eine
Wahl gegen Europa. Doch so einfach liegen die Dinge nicht. Die EU und der
Euro kamen nämlich [2][im Wahlkampf] der Rechten so gut wie gar nicht vor.
Wenn jemand über Europa sprach, waren es die Mitte-links-Kräfte, die immer
wieder vor der Wahl von „Europafeinden“ warnten, vor der Italien drohenden
Isolation in der Union, vor dem Abstieg aus der „Ersten Liga“ an der Seite
Frankreichs und Deutschlands in die „Zweite Liga“, in der Polen und Ungarn
spielen.
Dieser asymmetrische Wahlkampf zwischen rechts und links steht für
zweierlei. Erstens haben die Rechtswähler*innen kein dezidiert
antieuropäisches Votum abgegeben, sondern sich vor allem von
innenpolitischen Erwartungen leiten lassen. Zweitens aber verfingen bei
ihnen die Warnungen von links vor dem drohenden europapolitischen Schaden
nicht.
Das überrascht nicht in einem Land, in dem sich die Stimmung gegenüber der
EU in den letzten 15 Jahren völlig gedreht hat. Alle Meinungsumfragen
liefern das gleiche Bild: Vom früheren Europa-Enthusiasmus ist wenig übrig.
Rund 60 Prozent der Bürger*innen sind der Auffassung, die EU und der
Euro brächten dem Land mehr Nach- als Vorteile. Zugleich sagen aber bis zu
zwei Drittel der Befragten, dass das Land weder aus der Union noch aus der
Gemeinschaftswährung aussteigen solle.
Das Wohlstandsversprechen der immer stärker zusammenwachsenden Union
glauben viele in Italien seit der Eurokrise nicht mehr. Es wäre wohlfeil,
ihnen vorzuwerfen, dass sie „auf rechte Parolen hereinfallen“. Umgekehrt
gilt wohl eher, dass die rechten Parolen in Italien auf fruchtbaren Boden
fallen – befruchtet von den Sparzwängen, den Einschnitten bei den Gehältern
und der Prekarisierung der Arbeitswelt, in Rom oft genug umgesetzt von
Regierungen, in denen die Linke mitwirkte.
Wer dagegenhalten will, gegen den Rechtsdrift und die EU-Skepsis, sollte
dies im Hinterkopf behalten. Gefragt sind nicht begeisterte Europaschwüre,
sondern eine linke Politik, die die soziale Frage wiederentdeckt und so zu
dem alten Prosperitätsversprechen zurückkehrt.
1 Oct 2022
## LINKS
[1] /Wahlen-in-Italien/!5880124
[2] /Wahl-in-Italien/!5881404
## AUTOREN
Michael Braun
## TAGS
Italien
italienische Parlamentswahlen
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