# taz.de -- Palästina-Demos in Berlin: Der Nahe Osten rückt näher | |
> Am Wochenende finden palästinensische Demos und ein jüdischer | |
> Solidaritätsgottesdienst statt. Berlins Antisemitismusbeauftragter warnt | |
> vor Hass. | |
Bild: Vergangenen Sonntag gab es nach einer Demo mit 1.000 Personen Auseinander… | |
BERLIN taz | Der eskalierende Nahost-Konflikt schlägt sich auch in Berlin | |
nieder: Palästinensische Gruppen und Einzelpersonen haben mehrere | |
Demonstrationen und Kundgebungen [1][in den nächsten Tagen] angemeldet. Am | |
Samstag und Sonntag soll es Demos in Neukölln und Kreuzberg geben – | |
angemeldet sind jeweils zwischen 80 und 250 Personen. | |
Unterdessen veranstaltet das jüdische-orthodoxe Bildungszentrum Chabad in | |
Berlin am Freitag einen Solidaritätsgottesdienst, zu dem auch der | |
israelische Botschafter Jeremy Issacharoff und Bundesjustizministerin | |
Christine Lamprecht (SPD) erwartet werden. „Wir stehen gemeinsam an der | |
Seite Israels“, hieß es vom Rabbiner Yehuda Teichtal von der Jüdischen | |
Gemeinde Berlin. Man werde für Frieden und Sicherheit beten. | |
Die eskalierende Lage im Nahen Osten fällt aktuell zusammen mit den | |
höchsten muslimischen Feiertagen des Zuckerfests und dem „Tag der Nakba“. | |
Nakba bedeutet auf arabisch Katastrophe oder Unglück und bezieht sich auf | |
die Flucht und Vertreibung von Palästinenser*innen nach dem | |
UN-Teilungsplan von 1947. Seit Mitte April spitzt sich der Konflikt | |
zwischen Israel und Palästinenser*innen erneut zu. Nach Konflikten um | |
Zwangsräumungen von Palästinenser*innen in Jerusalem feuerte die | |
islamistische Terrororganisation Hamas Raketen auf israelische Städte – das | |
israelische Militär antwortete mit Luftangriffen auf den Gazastreifen. | |
Laut Polizei sollen am Samstag in Berlin ab 13 Uhr rund 150 Personen unter | |
dem Motto „Al-Nakba-Tag“ vom Hermannplatz zum Rathaus Neukölln ziehen. Eine | |
weitere Demo zum „Tag der politischen Gefangenen Palästina“ will mit 80 | |
Personen um 15 Uhr die gleiche Route laufen. Ab 16 Uhr sollen wiederum 200 | |
Personen vom Oranienplatz zum Hermannplatz ziehen – „zum Gedenken der | |
palästinensischen Vertreibung“. Polizeisprecherin Heidi Vogt sagte der taz | |
am Donnerstag, es sei möglich, dass auch mehr Teilnehmer*innen kämen – | |
man werde Ereignisse im In- und Ausland in die Lagebeurteilung einfließen | |
lassen. Ebenso passe man die Sicherheitsmaßnahmen jüdischer Einrichtungen | |
an. | |
## Antisemitische Rufe, Israelflaggen verbrannt | |
Mittwochnacht wurde eine gehisste Israelflagge vor dem Adenauer-Haus, der | |
Bundesgeschäftsstelle der CDU, gestohlen. Unbekannte hatten zudem versucht, | |
eine Israelfahne vor dem Rathaus Pankow anzuzünden. In einigen | |
aktivistischen Aufrufen ist die Rede von einer [2][„palästinensischen | |
Kampfwoche“]. Aufrufe wie dieser führten zuletzt nicht nur zu friedlichen | |
Protesten der politisch und religiös vielschichtigen palästinensischen | |
Community, sondern auch zu antisemitischen Rufen („Scheiß Juden“) etwa auf | |
einer Demo in Gelsenkirchen und einem Angriff auf eine Synagoge in Bonn. | |
Derzeit geht die Polizei auch in Berlin von einer erhöhten | |
[3][Bedrohungslage für jüdische Einrichtungen] aus. Berlins | |
Antisemitismusbeauftragter Samuel Salzborn warnte vor offenem | |
Antisemitismus: „Antisemit*innen ist es völlig egal, was Israel tut oder | |
nicht – sie nutzen jeden Vorwand, um ihren antisemitischen Hass | |
auszuleben“, sagte Salzborn. Der Schutz jüdischer Einrichtungen sei das | |
Gebot der Stunde, so Salzborn. Zudem forderte er von muslimischen | |
Verbänden, sich von antisemitischem Hass zu distanzieren. | |
Der palästinensische Aktivist Moanes Al-Abyad distanziert sich von der | |
Organisation der Demos am Samstag und Sonntag. „Ich bin dort nicht dabei, | |
weil es immer einige Leute gibt, die man nicht unter Kontrolle bringen | |
kann“, sagte er der taz. „Die meisten Palästinenser sehen es als | |
politischen und nicht religiösen Konflikt.“ | |
Al-Abyad warb deswegen dafür, die Proteste nicht in ihrer Gesamtheit als | |
antisemitisch abzutun. Er selbst organisiere eine Demo am Freitag um 16 Uhr | |
vom Kottbusser Tor zum Rathaus Neukölln. Dort wolle er eine | |
Verhandlungslösung und die Einmischung der internationalen | |
Staatengemeinschaft fordern, um eine „Friedensinitiative“ zu starten und | |
den „politischen und nicht religiösen Konflikt unter Berücksichtigung der | |
palästinensischen Rechte und der UN-Resolutionen“ zu klären. | |
Bei einer Kundgebung mit laut Polizei rund 200 Teilnehmer*innen von der | |
Gruppe „Palästina spricht“ vor dem Rathaus Neukölln am Mittwoch, an dem | |
sich auch kleinere jüdische Gruppen beteiligt haben (Jewish Antifa, | |
Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost) gab es Zusammenstöße mit | |
der Polizei, weil nach deren Angaben die Hygienemaßnahmen nicht eingehalten | |
worden seien. | |
Das Bündnis bestreitet das und spricht von einer bewussten | |
Eskalationsstrategie der Polizei. Die Gruppe Migrantifa Berlin sprach von | |
Racial Profiling und Kriminalisierung von jungen nichtdeutschsprachigen | |
Demonstrierenden. Das Portal Jüdisches Forum dokumentierte auf der Demo | |
wiederum „Intifada bis zum Sieg“-Rufe. Intifada ist der Name mehrerer | |
palästinensischer Aufstände gegen Israel. Bereits am vergangenen Sonntag | |
war es zu Zusammenstößen zwischen Polizei und propalästinensischen | |
Demonstrierenden gekommen. | |
13 May 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.berlin.de/polizei/service/versammlungsbehoerde/versammlungen-au… | |
[2] https://www.tagesspiegel.de/berlin/drei-demonstrationen-in-berlin-geplant-a… | |
[3] https://www.tagesspiegel.de/berlin/wegen-terror-gegen-israel-berliner-poliz… | |
## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
## TAGS | |
Polizei Berlin | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Palästina | |
Israel | |
Antisemitismus | |
Andreas Geisel | |
BDS-Movement | |
Palästina | |
Andreas Geisel | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Antisemitismus | |
Antisemitismus | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
helpDavid-App: Kantorin setzt auf Community | |
Kantorin stellt App vor, mit der bei rassistischen und antisemitischen | |
Angriffen Hilfe gerufen werden kann. Innensenator setzt weiterhin auf 110. | |
Israel, Antisemitismus und der BDS: Immer wieder Gedächtnistheater | |
Neulich erschien in der „Zeit“ ein viel diskutierter Text über die Frage, | |
ob es israelbezogenen Antisemitismus gibt. Eine Replik. | |
Landesparlament debattiert Judenhass: An der Seite Israels | |
Das Abgeordnetenhaus verurteilt die jüngsten antisemitischen | |
Ausschreitungen und sagt Juden in Berlin mehr Sicherheit zu. | |
Pro-Palästinensische Demos in Berlin: Senator erwartet weitere Proteste | |
Mehrere Demos sind bereits angemeldet, so SPD-Innensenator Geisel. Die | |
Gewalt am Samstag sei nicht von politisch organisierten Gruppen | |
ausgegangen. | |
Demonstrationen gegen Israel: Antisemiten sind immer die anderen | |
Die öffentliche Empörung richtet sich vor allem gegen arabische und | |
türkische Communitys. Judenhass sollte aber überall bekämpft werden. | |
Leonard Kaminski über Antisemitismus: „Was immer hilft, sind Begegnungen“ | |
Leonard Kaminski von RIAS spricht über die Auswirkungen des | |
Nahost-Konflikts auf Berlin. Für den muslimisch-jüdischen Dialog sieht er | |
keine Gefahr. | |
Antisemitische Proteste in Deutschland: Es geht nicht um Israel | |
Deutschland hat ein manifestes Antisemitismusproblem. Der Nahostkonflikt | |
dient vielen als Vorwand, um den eigenen Judenhass rauszuschreien. | |
Antisemitismus in Deutschland: Synagogen als Ziel | |
Antisemitische Vorfälle auf Anti-Israel-Demos häufen sich. Der Zentralrat | |
der Juden fordert Solidarität, die Bundesregierung sichert Schutz zu. |