| # taz.de -- Oppositionelle in Belarus: Eisenbahnpartisanen im Bau | |
| > Weil sie in Belarus Versorgungswege für russische Truppen blockiert | |
| > haben, müssen drei Männer ins Straflager. Einigen droht gar die | |
| > Todesstrafe. | |
| Bild: Wirksame Zerstörung der Infrastruktur auf allen Kriegsseiten: hier kaput… | |
| Insgesamt 66 Jahre Straflager unter verschärften Bedingungen: So lauten die | |
| Urteile, die am Dienstag in der belarussischen Stadt Gomel gegen drei | |
| Angeklagte ergangen sind. Die Männer waren beschuldigt worden, Sabotageakte | |
| auf die belarussische Eisenbahn verübt zu haben. | |
| Am 28. Februar 2022 und damit vier Tage nach dem Beginn von Russlands | |
| Angriff auf die Ukraine sollen die Angeklagten während der Offensive | |
| russischer Truppen aus der Region Gomel auf die ukrainische Hauptstadt | |
| Kyjiw einen Relaisschrank auf der Linie Scherdz–Ostankowitschi im Bezirk | |
| Swetlogorsk in Brand gesteckt haben. | |
| Dadurch seien Ampeln und Weichen auf dieser Strecke, wo ein Zug mit | |
| russischer Militärausrüstung unterwegs war, blockiert worden. So steht es | |
| in der Gerichtsakte, aus der das ukrainische Webportal focus.ua zitiert. | |
| Die Männer waren am 4. März in Swetlogorsk festgenommen worden. Die | |
| Staatsanwaltschaft bemühte gleich vier Straftatbestände: Terroranschlag, | |
| vorsätzlich herbeigeführter Ausfall von Transport- und | |
| Kommunikationsmitteln, Staatsverrat sowie Gründung einer extremistischen | |
| Vereinigung bzw. Beteiligung an deren Aktivitäten. Die Gerichtsverhandlung | |
| fand hinter verschlossenen Türen statt. | |
| ## Vor dem Prozess schon auf der Terrorliste | |
| Als Motiv für die Tat nennt die Anklageschrift „die Entscheidungsfindung | |
| staatlicher Organe zu beeinflussen, die Bevölkerung einzuschüchtern und die | |
| öffentliche Ordnung zu destabilisieren. | |
| Journalisten des belarussischen Mediums Zerkalo hatten berichtet, dass | |
| die Männer bereits vor dem Prozess in die Liste von „Terroristen“ | |
| aufgenommen worden seien. Menschenrechtsaktivisten hatten sie als | |
| politische Gefangene anerkannt. Davon gibt es laut der belarussischen | |
| Menschenrechtsorganisation Vjasna (Frühling) in Belarus derzeit 1450 | |
| (Stand: 28. Dezember 2022). | |
| Die jetzt Verurteilten werden den [1][sogenannten „Eisenbahnpartisanen“] | |
| zugerechnet, die seit Kriegsbeginn immer wieder öffentlich in Erscheinung | |
| getreten sind. Dabei handelt es sich um Aktivisten, die gezielt Anschläge | |
| auf die Infrastruktur der Eisenbahn verüben, um so russischen Truppen | |
| Versorgungs- und Nachschubwege abzuschneiden. | |
| Ende November hatte das russischsprachige oppositionelle Informationsportal | |
| Nastojaschee vremja unter Berufung auf belarussische Ermittlungsbehörden | |
| von derzeit mehr als 30 Strafverfahren gegen sogenannte Eisenbahnpartisanen | |
| berichtet. Einigen von ihnen [2][droht sogar die Todesstrafe], die in | |
| Belarus, als einzigem Land in Europa, immer noch vollstreckt wird. | |
| ## In Belarus extrem unpopulär | |
| In der vergangenen Woche war ein „Eisenbahnpartisan“ zu 16 Jahren | |
| Straflager und einer Geldstrafe in Höhe vom umgerechnet 3.560 Euro | |
| verurteilt worden. Er hatte sich, neben „terroristischer Umtriebe“, auch | |
| noch der Beleidigung von Präsident Alexander Lukaschenko schuldig gemacht. | |
| Bei seiner Festnahme schossen ihm Sicherheitskräfte in die Beine. | |
| Ob derart drakonische Strafen Gegner von Lukaschenko und Russlands Krieg in | |
| der Ukraine von weiteren Sabotageaktionen abhalten, darf bezweifelt werden. | |
| Es ist ein offenes Geheimnis, dass Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine | |
| [3][in Belarus extrem unpopulär] ist. | |
| Das weiß niemand besser als Alexander Lukaschenko. Doch er könnte sich, | |
| sollte [4][Putin den Marschbefehl erteilen], kaum aus der Affäre ziehen. | |
| Bislang dient sich Belarus dem Moskauer Verbündeten lediglich als | |
| Aufmarschgebiet an. Von hier aus werden russische Raketen auch auf den | |
| Großraum Kyjiw abgefeuert. | |
| Er glaube nicht an einen offiziellen Kriegseintritt belarussischer Truppen, | |
| schreibt der belarussische Journalist Franak Wjatschorka in einem Kommentar | |
| auf der ukrainischen Webseite Novoje vremja. Denn dann würden die Menschen | |
| Waffen gegen die Diktatoren einsetzen oder diese Waffen einfach | |
| niederlegen. | |
| 28 Dec 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Barbara Oertel | |
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