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# taz.de -- Opposition in der Ukraine: Im Kampf vereint
> Geschlossen gehen die Maidan-Aktivisten auf die Straße. Doch die Bewegung
> ist gespalten. Der Nationalismus vieler Oppositioneller stößt auf
> Ablehnung.
Bild: An der „Front“ zu stehen ist nicht nur Ehren-, sondern auch Männersa…
KIEW taz | Bis auf die Zähne bewaffnet stehen sie sich gegenüber: die
Maidan-Kämpfer auf der einen Seite, mit ihren Bergarbeiter-, Armee- und
Motorradhelmen auf den Köpfen; auf der anderen die roboterartig behelmten
Polizisten mit ihren Schutzschilden und Schlagstöcken. Hier an der „Front“
in der Kiewer Gruschewskistraße findet man keine Pazifisten.
„Sollte sich die Macht für einen blutigen Kampf entscheiden, werden wir uns
nicht wie Schafe zur Schlachtbank begeben“, erklärte Dimitro Jarosch, Chef
der Bewegung Rechter Sektor jüngst gegenüber ukrainischen Journalisten.
An der „Front“ zu stehen ist nicht nur Ehren-, sondern auch Männersache.
Frauen sind an diesem Ort des Widerstand nicht willkommen. Jederzeit droht
eine Eskalation der angespannten Situation. Was allerdings den Einsatz von
Gewalt angeht, ist die Opposition gespalten.
„Wenn wir hier mit Gewalt gegen die Polizei vorgehen, wird es nicht lange
dauern, bis wir die bewaffneten Bürgerwehren aus dem Osten in Kiew haben –
eine Situation, die vergleichbar wäre mit den ersten Kriegstagen im
Karabach-Konflikt“, erklärt Leonid, Aktivist der ersten Stunde, der taz.
Im Gebiet von Berg-Karabach hatten sich zu Zeiten der Sowjetunion
bewaffnete armenische und aserbaidschanische Bürgerwehren erbitterte Kämpfe
geliefert, bei denen 30.000 Menschen ums Leben kamen.
Kiew, warnt Leonid in Hinblick auf die derzeitige Zweiteilung des Landes,
dürfe nicht das Karabach der Ost- und Westukraine werden. Und nicht nur an
der Gewaltfrage scheiden sich die Geister. Viele Maidan-Bewohner sind
misstrauisch gegenüber dem Dreier-Gespann der Oppositionspolitiker
Klitschko, Jasenjuk und Tjagnibok.
Vielfach wird vermutet, die Troika der Opposition könne sich mit der
Staatsführung auf faule Kompromisse einigen. Die Blockhütten, die Zelte und
die martialisch vermummten Jugendlichen, die sich auf dem Maidan sammeln,
erinnern ein bisschen an den autonomen Block von Wackersdorf.
Linke, Rechte, Konservative, Nationalisten scheinen hier ein Herz und eine
Seele zu sein – ein buntes Gemisch von Personen und Gruppen mit einem
einigenden Ziel: dem Sturz des Präsidenten. Bei der Frage allerdings, was
auf Janukowitsch folgen soll, ist es bereits aus mit diesem Minimalkonsens.
## Keine Führer, keine Chefs
Leonid setzt auf eine anarchistische, dezentrale Struktur. Ohne Chefs oder
sonstige Führungspersönlichkeiten. Er versteht sich als Linker. Das
rechtsradikale Gedankengut der Swoboda-Partei ist ihm zuwider. Er kenne
mehrere Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen persönlich, erzählt er.
Trotzdem zieht Leonid in der Maidan-Bewegung mit Personen an einem Strang,
die er in jeder anderen Situation als seine politischen Gegner betrachten
würde.
Einer von ihnen ist Taras. Seit er denken kann, ist der 35-Jährige Fan der
Fußballmannschaft Dynamo Kiew. Wenn sich die rechtsnationalistischen Fans
von Dynamo Kiew mit den Antifaschisten von Arsenal Kiew prügeln, ist Taras
immer mit dabei.
Doch seit Beginn der Maidan-Proteste, erklärt Taras, herrsche
Waffenstillstand. Ob links oder rechts, die Fans der ukrainischen Clubs
hätten sich geeinigt, den Maidan zu unterstützen. „Wir übernehmen den
Schutz der Aktivisten. In Straßenkämpfen sind wir geübt.“
## Die Front ist rechts
Die „Front“ in der Gruschewskistraße, wo sich Maidan-Aktivisten und Polizei
gegenüberstehen, wird vom Rechten Sektor kontrolliert. Gerüchten zufolge
wird die Bewegung von der Swoboda-Partei finanziert, deren Chef Oleg
Tjagnibok neben Klitschko und Jasenjuk zur Oppositions-Troika gehört.
Neben der Bühne auf dem Maidan haben Oppositionelle ein meterhohes Plakat
von Stepan Bandera aufgehängt. Der 1909 geborene Nationalist gehörte zum
Führungskader der Organisation ukrainischer Nationalisten (OUN), die
sowjetische, russische und polnische Regierungen sowie jüdische
Historikerverbände eines Massakers an Juden und Kommunisten in Lemberg am
30. Juni 1941 beschuldigen.
## Besuch bei der NPD
Ganz in dieser Tradition sieht sich die Swoboda: Parteichef Tjagnibok tritt
immer wieder mit antisemitischen Äußerungen an die Öffentlichkeit. Auch in
einer Studie der deutschen Konrad-Adenauer-Stiftung zur Swoboda heißt es:
„Ein Besuch von Mandatsträgern der Partei Swoboda bei der NPD im
Sächsischen Landtag vor wenigen Wochen machte deutlich, in welcher Richtung
man weiter nach Verbündeten in Europa sucht.“
Und die deutschen Rechtsradikalen sind nicht die einzigen: Ebenso
kooperiert die Swoboda mit der British National Party, der ungarischen
Jobbik und der französischen Front National.
5 Feb 2014
## AUTOREN
Bernhard Clasen
## TAGS
Swoboda-Partei
Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Nationalismus
Maidan
Opposition
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