| # taz.de -- Ukrainische Autorin über Janukowitsch: „Die EU sollte Sanktionen… | |
| > Im Falle einer drohenden Diktatur haben Menschen das Recht auf eine | |
| > Revolution, sagt die ukrainische Schriftstellerin Larysa Denysenko. | |
| Bild: Denysenko würde auf friedlichen Protest setzen, hätte sie das Drehbuch … | |
| taz: Frau Denysenko, wie viele Tage geben Sie Präsident Janukowitsch noch? | |
| Larysa Denysenko: Nach Meinung von Psychologen sollte man immer positiv | |
| denken. Deshalb gebe ich ihm nicht mehr viele Tage. Andererseits hat | |
| Janukowitschs Macht sein Leben verändert. Sie bedeutet für ihn nicht nur | |
| die materielle Absicherung seiner eigenen Zukunft, sondern auch der seiner | |
| Söhne und Vertrauten. Daher wird er die Macht nicht einfach abgeben. | |
| Außerdem sollte man auch die Psyche eines Kriminellen wie Janukowitsch | |
| berücksichtigen. Ein Gangster oder Mafioso gibt nicht klein bei. | |
| Immer wieder ist von einer möglichen Auflösung des Parlaments die Rede. Wie | |
| stünden die Chancen der Opposition in vorgezogenen Neuwahlen? | |
| Schwer zu sagen. Das ukrainische Wahlgesetz bietet viele Schlupflöcher für | |
| Wahlfälschungen. Und auch der typische ukrainische Wähler ist | |
| problematisch, da er sich an Schmiergeldzahlungen im Wahlkampf gewöhnt hat. | |
| Dieses Verhalten ist insofern verständlich, als die Leute gewohnt sind, | |
| selbst Bestechungsgelder an Beamte und Politiker zu zahlen. Im Wahlkampf | |
| verhält es sich dann umgekehrt. Die Leute nehmen das Schmiergeld und | |
| verdrängen den Gedanken, dass sie in naher Zukunft dann draufzahlen | |
| könnten. | |
| Also bleibt die Situation verfahren? | |
| Janukowitschs Rücktritt ist die einzige Chance für die Ukraine, und auch | |
| für ihn selbst. Er hat sich so viel zuschulden kommen lassen, dass er schon | |
| zehnmal hätte zurücktreten müssen. Nur als Beispiel: die brutale Gewalt | |
| gegen friedliche Demonstranten auf dem Maidan in jener | |
| Nacht-und-Nebel-Aktion Ende November. Von einem so aggressiven und | |
| beschränkten Menschen kann und muss man noch Schlimmeres erwarten. | |
| Welche Verantwortung trägt die Opposition für die Situation? | |
| Die Ukrainer haben zivilgesellschaftlich große Schritte nach vorn gemacht. | |
| Darin sind sie ihren Politikern – auch den Oppositionspolitikern – voraus. | |
| Der Maidan kann aber keine Politik ohne Politiker machen. Die | |
| Oppositionsführer Arsen Jasenjuk, Oleg Tjagnibok und selbst Vitali | |
| Klitschko sind mit ihren Führungsqualitäten bisher hinter den Erwartungen | |
| der Menschen zurückgeblieben. Sie haben nicht entschieden und | |
| verantwortungsbewusst gehandelt. Deshalb bleiben viele Menschen ihnen | |
| gegenüber zurückhaltend. | |
| Dem Maidan geht es nicht um die Oppositionsführer. Das Ziel ist der | |
| Rücktritt von Wiktor Janukowitsch, die Abschaffung des Mafia- und | |
| Oligarchen-Systems, die Herausbildung einer vollwertigen Zivilgesellschaft | |
| und die Annäherung an die EU. Der Maidan ist viel mehr als nur eine | |
| Großdemonstration. Er ist die Keimzelle für eine neue ukrainische Politik. | |
| In den letzten Tagen wurde erneut von einer möglichen Eskalation der Gewalt | |
| gesprochen. Wie real ist diese Gefahr? | |
| Die UN-Menschenrechtserklärung beinhaltet, dass die Menschen im Falle einer | |
| drohenden Diktatur und anhaltenden Machtmissbrauchs das Recht auf eine | |
| Revolution haben, wenn keine anderen Mittel zur Verfügung stehen. Ich würde | |
| zwar lieber friedliche Optionen wählen, aber leider schreibe ich hier nicht | |
| das Drehbuch. Wenn eine Regierung systematisch die Menschenrechte und die | |
| Verfassung verletzt, kann es zu einem legitimen Volksaufstand kommen. | |
| Fühlt sich der Maidan von Europa ausreichend unterstützt? | |
| Vielen Ukrainern reicht die verbale Verurteilung von Präsident Janukowitsch | |
| nicht. Die EU sollte Sanktionen verhängen. Äußerungen, man sei über die | |
| Lage in der Ukraine „zutiefst beunruhigt“, und der Versuch, objektiv zu | |
| bleiben, sind schön und gut. Aber wenn die Regierung prügelt, tötet und | |
| diktatorische Gesetze erlässt, ist es mit der Ausgewogenheit vorbei. Dann | |
| muss die Zurückhaltung aufgegeben werden. | |
| 4 Feb 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Alexander Kratochvil | |
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