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# taz.de -- Opposition in Hongkong: 50 auf einen Streich
> Die Regierung in Peking geht mit einer Verhaftungsswelle gegen die
> Opposition vor. Das ist auch eine deutliche Botschaft an den Westen.
Bild: Auch er wurde am Mittwoch festgenommen: Der Aktivist Lester Shum
Peking taz | Auf sozialen Medien reagieren viele Hongkonger bereits wenige
Stunden später mit Galgenhumor: Schon bald würde man sich das Krisenjahr
2020 zurückwünschen, denn im Jahr 2021 sei alles nur noch schlimmer.
Am Mittwochmorgen wurde die einst britische Kronkolonie von der bisher
größten Verhaftungswelle erfasst, seit die Zentralregierung in Peking
Hongkong das sogenannte „Gesetz für nationale Sicherheit“ aufgezwungen hat:
Rund 50 [1][Oppositionspolitiker und Aktivisten] wurden festgenommen. Der
offizielle Strafbestand lautet auf Subversion, was mit bis zu zehn Jahren
Gefängnis geahndet werden kann.
Die Festnahmen gehen auf die nicht genehmigten Vorwahlen des
prodemokratischen Lagers im vergangenen Jahr zurück. Dabei wollte [2][die
Opposition] die Popularität ihrer Kandidaten für die ursprünglich für den
6. September geplanten Parlamentswahlen ausloten. Das Ziel war es, die
Kräfte für jeweils einen Kandidaten pro Wahlkreis zu bündeln, um so
letztendlich die Siegeschancen zu erhöhen. Ein Szenario, das Peking als
riesigen Gesichtsverlust fürchtete.
Zu jenen Parlamentswahlen sollte es jedoch ohnehin nicht kommen, sie wurden
von Verwaltungschefin Carrie Lam unter dem Vorwand des Coronavirus um ein
Jahr verschoben – nicht ohne vorher etliche Peking-kritische Politiker von
ihrer Kandidatur zu disqualifizieren. Die Opposition hatte das Parlament
daraufhin gesammelt verlassen.
## Menschliche Schicksale
Hinter der jetzigen Verhaftungswelle verbergen sich menschliche Schicksale
wie etwa das des 35-jährigen, indischstämmigen Jeffrey Andrews, der in
seiner Jugend auf die schiefe Bahn geriet und eine Kriminellenlaufbahn bei
den Triaden einschlug, nach seiner Läuterung jedoch als erster Angehöriger
einer ethnischen Minderheit für einen Parlamentssitz kandidierte.
Oder des 56-jährigen Benny Tai, dem bereits vor sechs Jahren bei der
Bewegung „Occupy Central“ eine zentrale Bedeutung zukam. Ebenfalls wurde
erstmals ein ausländischer Staatsbürger aufgrund des nationalen
Sicherheitsgesetzes festgenommen: Der Rechtsanwalt John Clancey hatte bei
den Vorwahlen geholfen.
Pekings Machtdemonstration gilt dabei nicht nur der Protestbewegung
Hongkongs, sondern auch dem Westen: Beim Schicksal jenes Hongkongs, welches
die Briten sich nach den schmachvollen Opiumkriegen einverleibt hatten,
möchte man sich nicht vom Ausland reinreden lassen – ganz egal, wie groß
der internationale Druck auch ist.
Washingtons künftiger Außenminister Anthony Blinken schrieb auf Twitter von
einem „Angriff auf diejenigen, die sich tapfer für universelle Rechte
einsetzen“. Die US-Regierung werde den Menschen in Hongkong beistehen und
sich gegen Pekings Vorgehen positionieren.
## Drastische Zäsur
Mittlerweile wird immer deutlicher, welch drastische Zäsur das im Juli
eingeführte nationale Sicherheitsgesetz für die Finanzmetropole darstellt.
Die unzähligen Beschwichtigungen wirken rückblickend mehr als makaber.
Verwaltungschefin Carrie Lam sagte etwa bei dessen Einführung, dass sich
das Gesetz nur gegen eine „sehr kleine Minderheit“ richte: „Ich bin mir
sicher, dass mit fortschreitender Zeit das Vertrauen in die Zukunft von HK
wachsen wird“.
Tatsächlich sollte spätestens seit Mittwoch jedem klar sein, dass Peking
mit dem nationalen Sicherheitsgesetz eine jegliche politische Opposition im
Keim ersticken möchte.
6 Jan 2021
## LINKS
[1] /Demokratiebewegung-in-Hongkong/!5734756
[2] /China-weitet-Macht-auf-Hongkong-aus/!5723776
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
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