Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- China weitet Macht auf Hongkong aus: Ende der Opposition im Parlame…
> In Hongkong geben alle prodemokratischen Abgeordneten ihre Parlamentsitze
> auf. Zuvor waren bereits vier Abgeordnete ausgeschlossen worden.
Bild: Hongkongs prodemokratische Abgeordnete legen am Mittwoch aus Protest ihr …
Peking taz | Hongkongs demokratische Opposition ist nun auch formell
Geschichte: Nachdem vier chinakritischen Abgeordneten das politische Mandat
aberkannt wurde, trat das gesamte pro-demokratische Lager im Hongkonger
Parlament am Mittwoch geschlossen zurück.
In den Morgenstunden hatte Chinas staatliche Nachrichtenagentur Xinhua die
Entscheidung des Nationalen Volkskongresses in Peking verkündet: Demnach
könne Hongkonger Abgeordneten ihr Mandat im Legislativrat der Stadt auch
ohne Gerichtsurteil „unmittelbar“ aberkannt werden – de facto ist das das
Ende jeder legalen parlamentarischen Opposition.
Begründet wurde dies mit dem Schutz der nationalen Sicherheit.
Parlamentarier dürfen sich weder für die Unabhängigkeit Hongkongs
aussprechen noch mit ausländischen Kräften verbünden. Hinter der vagen
Formulierung steckt Kalkül: Peking möchte sein Gesetz möglichst frei
interpretieren können.
Noch am selben Tag machte Chinas Staatsapparat vom neuen Beschluss
Gebrauch. Die prodemokratischen Abgeordneten Alvin Yeung, Dennis Kwok, Kwok
Ka-ki und Kenneth Leung wurden aus dem Parlament verbannt. Von den
[1][Wahlen, die auf den nächsten September verschoben wurden], waren die
vier bereits zuvor [2][disqualifiziert] worden.
## Für Peking ist die Opposition ein „Unruhestifter“
„Die Disqualifizierung unter dem Vorwand der nationalen Sicherheit ist ein
weiteres Beispiel dafür, wie die chinesische Zentralregierung Dissenz mit
allen denkbaren Mitteln verstummen will“, sagte Yamini Mishra von Amnesty
International. In den letzten Monaten publizieren
Menschenrechtsorganisationen praktisch im Wochentakt ähnliche
Stellungnahmen zu Hongkong.
Als Zeichen der Solidarität beschlossen die verbliebenen 15
prodemokratischen Abgeordneten jetzt ebenfalls ihren Rücktritt. Die Global
Times, Propagandaorgan der Kommunistischen Partei, bezeichnete die
Oppositionspolitiker als „Unruhestifter“ und ihren Rücktritt als
„politisches Manöver“, um für Sympathien unter „westlichen Kräften“ …
werben.
Die Betroffenen erklärten ihre Gründe in einer Pressekonferenz. Der
Ex-Abgeordnete Dennis Kwok sagte, das Abgeordnetenhaus sei in ein
„Einparteiensystem“ verwandelt worden. „Es ist absurd, dass die Regierung
das Prinzip ‚ein Land, zwei Systeme‘ vollständig aufgegeben hat.“
Nach diesem Prinzip hatte die Sonderverwaltungsregion nach internationalem
Recht Anspruch auf „weitgehende Autonomie“, wie sie im Übergabevertrag der
früheren britischen Kolonie bis 2047 abgesichert wurde. Doch seitdem
Pekings Führung der Stadt im Juni das umstrittene Gesetz zum „Schutz der
nationalen Sicherheit“ aufgezwungen hatte, wird politische Opposition dort
de facto bestraft. Das Dekret wurde ohne Abstimmung am Hongkonger Parlament
durchgesetzt. Selbst Hongkongs pekingtreue Regierungschefin Carrie Lam
hatte es bis zu dessen Einführung nicht einmal in Gänze einsehen können.
## Fundamentaler Wandel des politischen Klimas
Seither hat sich das politische Klima der Finanzmetropole fundamental
gewandelt: Demonstrierten letzten Sommer noch mehr als eine Million
Menschen in Hongkong gegen Pekings Einflussnahme, liegt die Protestbewegung
nun im Sterben. Etliche Aktivisten wurden festgenommen, Bibliotheken von
pekingkritischen Büchern gesäubert. Sympathisanten der Demokratiebewegung
haben von ihren Accounts in sozialen Medien politische Postings entfernt,
Tausende zudem Asyl in Drittländern gesucht.
Rückblickend betrachtet scheint sich die Protestbewegung auf tragische
Weise verspekuliert zu haben. Carrie Lam war von Beginn praktisch nicht
gesprächsbereit, die politischen Freiheiten ihrer Bürger auszuweiten, was
zu zunehmendem Frust auf Seiten der Aktivisten führte. Die Gewalt zwischen
Demonstranten und Sicherheitskräften eskalierte immer weiter. Hunderte
meist jugendliche Aktivisten sitzen mittlerweile im Gefängnis, [3][während
die Polizei unkontrolliert agieren kann].
Letztlich überraschte es kaum, dass Chinas Führung die populäre
Protestbewegung unterdrückte. Unter den Demonstranten schien sich die
Ansicht durchzusetzen, dass ein liberales Hongkong als Teil des Festlands
keine Zukunft haben werde. Ebenso fühlte sich Peking von prodemokratischen
Abgeordneten provoziert: Aus Mangel anderer Möglichkeiten drückten diese
ihren Protest durch Abstimmungsblockaden aus. Doch dass Chinas
Kommunistische Partei Hongkong so brachial eingliedern würde, hat wohl auch
die größten Peking-Skeptiker schockiert.
11 Nov 2020
## LINKS
[1] /Protest-gegen-Hongkonger-Regierung/!5712547
[2] /Chinas-Sicherheitsgesetz-in-Hongkong/!5704932
[3] /Hongkong-unter-Chinas-Sicherheitsgesetz/!5704474
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
Hongkong
KP China
Sicherheitsgesetz
Demokratiebewegung
Carrie Lam
Hongkong
Hongkong
Hongkong
Hongkong
Joshua Wong
Hongkong
Hongkong
## ARTIKEL ZUM THEMA
Sicherheitsgesetz in Hongkong: Aktivist*innen bleiben in Haft
Nach einem Marathonverfahren müssen alle 47 Angeklagten vorerst in
Untersuchungshaft bleiben. Dabei geht es auch um inoffizielle Vorwahlen.
Opposition in Hongkong: 50 auf einen Streich
Die Regierung in Peking geht mit einer Verhaftungsswelle gegen die
Opposition vor. Das ist auch eine deutliche Botschaft an den Westen.
Demokratiebewegung in Hongkong: Haftstrafe für Joshua Wong
Prominente Aktivisten der Hongkonger Protestbewegung werden zu
mehrmonatigen Gefängnisstrafen verurteilt. Sie wollen hinter Gittern
weiterkämpfen.
Chinas Einfluss auf Hongkong: Tschüss, Parlament!
Nach dem Rauswurf oppositioneller Parlamentarier haben prodemokratische
Abgeordnete geschlossen das Parlament in Hongkong verlassen.
Hongkongs bekannter Demokratie-Aktivist: Joshua Wong wieder frei
Wegen der Teilnahme an einem Protest war der Aktivist am Donnerstag
vorübergehend festgenommen worden. Mittlerweile ist er wieder auf freiem
Fuß.
Pressefreiheit in Hongkong: Dystopische Vergeltung
Jimmy Lai ging für Demokratie auf die Straße und nannte Chinas Präsidenten
Xi einen Diktator. Nun wurde der Hongkonger Medienmogul verhaftet.
Wahl in Hongkong verschoben: Erst 2021 an die Urne
Die für den 6. September angesetzte Abstimmung wird um ein Jahr verschoben.
Zur Begründung bemüht die Regierung steigende Coronazahlen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.