# taz.de -- Offensive der Türkei in Nordsyrien: Putin gibt den Vermittler | |
> In Manbidsch stoppt Russland die türkische Armee – und vermittelt | |
> zwischen den Kriegsparteien. Von den USA aber will sich Erdoğan nichts | |
> sagen lassen. | |
Bild: Syrische Soldaten in Manbidsch: Einen Zusammenstoß mit türkischen Trupp… | |
ISTANBUL taz | Sieben Tage nach [1][dem Einmarsch türkischer Truppen in | |
Nordsyrien] zeichnen sich erste Einigungen für die Zukunft der Region ab. | |
Während sich der türkische Präsident Recep Tayyip westliche Einmischung | |
kategorisch verbittet, sucht er selbst das Gespräch mit dem russischen | |
Präsidenten Wladimir Putin und steht über Russland auch im Austausch mit | |
dem Assad-Regime. | |
Zuvor hatte er die Forderung von US-Präsident Donald Trump, sofort einen | |
Waffenstillstand zu vereinbaren, mit aller Schärfe zurückgewiesen. Vor | |
Parlamentariern seiner Partei sagte er, die Türkei werde nicht eher die | |
Waffen schweigen lassen, „als bis wir unser Ziel einer Sicherheitszone | |
entlang der türkisch-syrischen Grenze erreicht haben“. Erst recht werde man | |
nicht den US-Forderungen nachkommen und sich mit einer „Terrororganisation“ | |
(gemeint ist die kurdische YPG-Miliz) an einen Tisch setzen. | |
Vor weiteren Sanktionen hätte die Türkei keine Angst, ließ er Trump auch | |
gleich wissen. Zunächst hieß es, Erdoğan lehne es sogar ab, | |
US-Vizepräsident Mike Pence oder US-Außenminister Mike Pompeo persönlich zu | |
treffen, was ein Erdoğan-Sprecher schließlich dementierte. In türkischen | |
Medien wird derweil heftig kritisiert, dass Trump einen Kommandanten der | |
YPG-Milizen angerufen, also mit einem „Terroristen“ telefoniert haben soll. | |
Ganz anders verhält sich Erdoğan gegenüber Putin. Nachdem russische Truppen | |
am Dienstagabend [2][vor der Stadt Manbidsch, deren Eroberung Erdoğan | |
vorher als wichtigstes Ziel ausgegeben hatte], eine Sperrzone zwischen | |
türkischen und syrischen Truppen errichtet hatten und damit den Angriff der | |
türkischen Armee stoppten, ließ Erdoğan sich mit Putin verbinden. | |
## An der Front gehen die Kämpfe weiter | |
Laut Kreml teilte Putin Erdoğan mit, dass Russland eine direkte | |
Konfrontation zwischen Assad-Truppen und der türkischen Armee | |
beziehungsweise deren syrischen Hilfstruppen nicht zulassen wird. Erdoğan | |
solle sicherstellen, dass keine weiteren IS-Kämpfer aus Lagern und | |
Gefängnissen in Nordsyrien entkommen. Der Kreml stellte Erdoğan ein Treffen | |
mit Putin in Moskau noch in diesem Monat in Aussicht. | |
Obwohl es Erdoğan seit Jahren ablehnt, mit Vertretern des Assad-Regimes zu | |
reden, sind nach Informationen der türkischen oppositionellen Plattform | |
Oda-TV insgeheim Gespräche zwischen dem türkischen und syrischen | |
Geheimdienst und den Verteidigungs- und Außenministerien in Gang. Am | |
Mittwoch sagte Erdoğan vor seiner Fraktion, er könne damit leben, wenn | |
syrische Truppen in Manbidsch und Teilen Nordsyriens wieder die Kontrolle | |
übernehmen. „Das sind schließlich die legitimen Besitzer des Landes.“ | |
Dessen ungeachtet gingen am Mittwoch die Kämpfe an der Front weiter. In der | |
Stadt Ain Issa töteten türkische Granaten mindestens zwei syrische | |
Regierungssoldaten, obwohl Russland genau das verhindern wollte. Auch rund | |
um die Grenzstädte Ras al-Ain und Tal Abjad, auf die sich der türkische | |
Vorstoß von Beginn an konzentrierte, wird weiter gekämpft. An einigen | |
Fronten werden die Kurden-Milizen mittlerweile von syrischen | |
Regierungstruppen unterstützt. | |
Die Türkei scheint sich jetzt darauf zu konzentrieren, lediglich das rund | |
100 Kilometer lange und 30 Kilometer tiefe Gebiet zwischen Ras al-Ain im | |
Osten, Tel Abjad im Westen und der Autobahn M4 im Süden zu konsolidieren. | |
Gegenüber Trump hat Erdoğan telefonisch zugestanden, die kurdische Stadt | |
Kobane nicht angreifen zu lassen. In Kamischli an der irakischen Grenze ist | |
Assad bereits stark vertreten. Erdoğan will offenbar das jetzt umkämpfte | |
Gebiet als Faustpfand in den Verhandlungen mit Putin einsetzen. | |
16 Oct 2019 | |
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## AUTOREN | |
Jürgen Gottschlich | |
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