# taz.de -- Bundestag zum Syrienkrieg: Regierung in der Kritik | |
> In einer aktuellen Stunde diskutiert das Parlament über Syrien. | |
> Verurteilt die Regierung den türkischen Einmarsch als völkerrechtswidrig? | |
Bild: „Sie sollten aufhören, Kaffee zu trinken“ – Sevim Dagdelen geht de… | |
BERLIN taz | Seit vergangener Woche läuft die türkische Militäroffensive in | |
[1][Syrien]. Die Türkei will dort die Kurdenmiliz YPG bekämpfen und eine | |
„Sicherheitszone“ einrichten, Präsident Recep Tayyip Erdoğan betrachtet d… | |
YPG als Ableger der in der Türkei verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK. | |
In der umkämpften Region sterben die Menschen; 200.000 sind auf der Flucht, | |
selbst Ärzte ohne Grenzen hat seine HelferInnen abgezogen. Auf | |
internationaler Ebene laufen die Drähte heiß. | |
Und in Deutschland? Am Mittwochnachmittag findet im Bundestag auf Antrag | |
der Linken eine Aktuelle Stunde statt. Die Fraktion verlangt von der | |
Bundesregierung, den [2][Einmarsch der Türkei in Syrien] als | |
völkerrechtswidrig zu verurteilen. | |
Die Debatte wird vor arg gelichteten Reihen von der Linken-Abgeordneten | |
Sevim Dagdelen eröffnet. Dagdelen dankt den Kurdinnen und Kurden im | |
Kampfgebiet und beschuldigt Präsident Erdoğan „furchtbarer | |
Kriegsverbrechen“. Die Bundesregierung, kritisiert sie, verurteile den | |
Einmarsch in die Kurdenregion scharf, gebe aber Anweisungen auf | |
europäischer Ebene, ein Waffenembargo gegen die Türkei zu verhindern. | |
„Sie sollten aufhören, Kaffee zu trinken“, geht sie Bundesaußenminister | |
Heiko Maas (SPD) direkt an. Die Vereinbarung der Kurden gegen Syrien sei | |
einzig geschlossen worden, um weitere Massaker an der Zivilbevölkerung zu | |
verhindern. Dass Menschen sterben, sei die Verantwortung von | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel. Diese unterstütze Mörderbanden mit | |
Waffenexporten. | |
## Da ist das Wort | |
Johann Wadephul von der CDU spricht in seiner Entgegnung von „kleiner | |
innenpolitischer Münze“. Die Unionsfraktion habe sich schon zuvor, etwa | |
beim Genozid an den Armeniern, klar und deutlich gegenüber Präsident | |
Erdoğan geäußert. Die Kanzlerin habe sich mit Frankreichs Präsident Macron | |
auf eine gemeinsame Haltung geeinigt. Für seine Fraktion sagt Wadepuhl: „Es | |
gibt keine völkerrechtliche Rechtfertigung für diese Aktion an den Kurden | |
durch die Türkei.“ Der Angriff sei „völkerrechtswidrig“. Damit ist das … | |
der Fraktion der Linken eingeforderte Wort gefallen. | |
Wadephul nutzt das Podium und kritisiert in klaren Worten US-Prsäident | |
Trumps Twitter-Politik als „zynisch und unwürdig“. Er appelliert an die | |
US-amerikanischen ParlamentarierInnen, „gemeinsam Politik zu formulieren | |
und auch durchzuführen“. An die Türkei gerichtet fragt er: „Quo Vadis? Man | |
kann nicht Handelspartner sein und gleichzeitig Menschenrechte mit Füßen | |
treten.“ | |
Rüdiger Lucassen für die AfD spricht von einem „türkischen Feldzug in | |
Syrien“, der die „Verzwergung der deutschen Außenpolitik“ offenbare. Er | |
warnt vor „Merkels Flüchtlingen“ und kritisiert die deutsche | |
Rüstungsexportpolitik als „Heuchelei“. Die Nato sei im Begriff, zu | |
zerfallen und die Integration der Türken in Deutschland „eine Illusion“. | |
Es ist die altbekannte rechtspopulistische Mischung aus Ressentiment und | |
Abwertung bei gleichzeitiger Selbstviktimisierung. Vizepräsidentin Petra | |
Pau weist den AfD-Mann nach dessen Einlassungen darauf hin, die Menschen | |
aus der Türkei, die hier lebten, dürften nicht in Haftung genommen werden | |
für die Politik der Regierung in Ankara. | |
## Hoffen auf politische Lösung | |
Der Staatsminister im Außenministerium Niels Annen (SPD) bedankt sich für | |
Paus Worte und kommt wieder zurück zum Thema der Aktuellen Stunde: dem | |
Sterben im syrisch-türkischen Grenzgebiet. Er zeigt sich besorgt über die | |
zunehmende Destabilisierung der Region durch die Militäroffensive der | |
Türkei und den vorangegangenen Abzug der US-Truppen. Eine Erstarkung des IS | |
bedrohe auch die Sicherheit in Deutschland und Europa, das erfülle die | |
Bundesregierung mit großer Sorge. Die Militärintervention sei nicht durch | |
berechtigte Interessen der Türkei zu rechtfertigen. Er spricht von schweren | |
Verbrechen, die von Milizen an Kämpfern gegen den IS begangen wurden, und | |
erwähnt ausdrücklich die ermordete kurdische Politikerin Havrin Khalaf. | |
Annen lobt das „klare Zeichen“ des EU-Außenministerrates vom Anfang der | |
Woche und verspricht: „Keine neuen Exporte von Rüstungsgütern, die in | |
Syrien benutzt werden können“. Es werde auch keine Hilfe für Gebiete geben, | |
in denen die Rechte der Zivilbevölkerung nicht gewahrt werden. Die | |
Bundesregierung behalte sich weitere Maßnahmen vor. Dennoch, bei aller | |
Empörung sei die Abwendung der Türkei von der Nato nicht im deutschen und | |
europäischen Interesse, man hoffe noch immer auf eine politische Lösung. | |
Agnieszka Brugger von den Grünen betont die politischen und | |
gesellschaftlichen Erfolge der KurdInnen in den zurückliegenden Jahren. Der | |
türkische Angriff führe zu noch mehr Gewalt, Erdoğan gehe es „um ethnische | |
Vertreibung“. Die untätige Haltung der Bundesregierung komme ihr bekannt | |
vor, sagt Brugger und erinnert an den Einmarsch der türkischen Armee in | |
Afrin im Frühjahr 2018. Dass die Kanzlerin und die Bundesregierung nicht | |
deutlich sagten, dass hier Völkerrecht gebrochen werde, sei eine | |
Bankrotterklärung. | |
„Stoppen Sie den Einsatz der Bundeswehr über Syrien in der Koalition der | |
Willigen“, appelliert sie an Angela Merkel. Auch der gerade mal halbe | |
Rüstungsexportstopp an die Türkei müsse zu einem kompletten erweitert | |
werden. Brugger fordert, wie auch ihr Kollege von der FDP, das Ende der | |
Hermes-Bürgschaften für die Türkei. | |
16 Oct 2019 | |
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## AUTOREN | |
Anja Maier | |
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