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# taz.de -- Fußballer salutieren Erdoğans Armee: Krieg in der Kreisklasse
> Nicht nur Profis erweisen mit militärischem Gruß der türkischen Armee die
> Ehre. Auch unten in den deutschen Amateurligen wird salutiert.
Bild: Nationaler Gehorsam: türkische Fans am Montagabend beim Spiel ihres Team…
Der [1][Einmarsch der türkischen Armee in die Kurdengebiete Nordsyriens]
bewegt weiter die Fußballwelt. Die einen nehmen die große Fußballwelt in
den Blick, andere haben damit zu tun, den Alltag in den unteren Ligen nicht
zum Kriegsschauplatz werden zu lassen. Der Krieg, den die Türkei gegen die
Kurdenmiliz YPG führt, [2][hat die Champions League ebenso erreicht] wie
die Kreisligen in Deutschland.
Auf deutschen Bezirkssportanlagen salutieren türkischstämmige Spieler und
grüßen die Armee ihres Herkunftslandes, und Aleksander Čeferin, der
Präsident der Europäischen Fußballunion Uefa, muss sich fragen lassen, ob
Istanbul wirklich der geeignete Austragungsort für das Finale der laufenden
Saison in der Champions League im Mai des kommenden Jahres ist.
Italiens Sportminister Vincenzo Spadafora hat Čeferin einen Brief
geschrieben, in dem er darum bittet, „zu prüfen, ob es nicht unangemessen
ist, das für den 30. Mai geplante Finale in Istanbul zu belassen“. Via
Instagram hat er den Brief öffentlich gemacht, in dem er auf die Haltung
der Europäischen Union aufmerksam macht, welche die Militäraktion
verurteilt hat. Er wünscht sich in diesem Sinne eine „mutige Entscheidung“,
damit „der europäische Fußball beweisen kann, dass Sport ein Instrument des
Friedens ist“.
Derweil kursiert in Belgien ein Foto, das Kinder einer Nachwuchsmannschaft
in der Kabine zeigt, die in die Kamera salutieren. Der Türkse FC aus
Beringen muss nun mit Ermittlungen durch Voetbal Vlaanderen rechnen, den
für den Klub zuständigen Regionalverband in Belgien.
## Salut aus Niederbayern
Auch in unteren Ligen in Deutschland ist am vergangenen Wochenende
salutiert worden. Über einen Fall aus Bayern [3][hat die Mittelbayerische
Zeitung berichtet]. Spieler des A-Klasse-Vereins Türkspor Mainburg im
niederbayerischen Landkreis Kelheim hatten sich am Spielfeldrand in Reih
und Glied zum Salut aufgebaut.
Der Bayerische Fußballverband hat sich des Falls schon angenommen und warnt
die Amateure, die im Verbandsgebiet kicken, ausdrücklich davor, das
Verhalten, das türkische Nationalspieler nach dem Spielen in der
EM-Qualifikation gegen Albanien und Frankreich an den Tag gelegt hatten,
nachzuahmen. In einer Mitteilung, die der Verband [4][auf seiner Website]
veröffentlicht hat, wird ausdrücklich darauf hingewiesen, „dass der BFV ein
solches provozierendes Verhalten nicht toleriert und jeder einzelne Fall
zur Anzeige vor dem Sportgericht gebracht wird“.
Politisch motivierte Provokationen könnten gemäß Paragraf 47a der Rechts-
und Verfahrensordnung bestraft werden. Der Verband spricht von
„empfindlichen Strafen“, die Klubs und Spielern drohen.Im genannten
Paragrafen heißt es: „Eines unsportlichen Verhaltens macht sich
insbesondere schuldig, wer sich politisch extremistisch, obszön anstößig
oder provokativ beleidigend verhält.“
Und: „Ein besonders schwerer Fall der Unsportlichkeit liegt vor, wenn die
Menschenwürde einer Person oder einer Gruppe von Personen durch
herabwürdigende, diskriminierende oder verunglimpfende Äußerungen oder
Handlungen in Bezug auf Hautfarbe, Sprache, Religion, Geschlecht oder
sexuelle Orientierung oder Herkunft verletzt wird oder wer sich auf andere
Weise rassisch und/oder menschenverachtend verhält.“ Ob der militärische
Salut demnach wirklich zu bestrafen ist, müssten Sportgerichte klären. So
weit soll es möglichst nicht kommen. Auch deshalb sind die Klubs
ausdrücklich gewarnt worden.
## Sportgerichte tagen
Erste Urteile könnte es im Westen der Republik bald geben. Drei Klubs aus
dem Kreis Recklinghausen in Nordrhein-Westfalen müssen sich vor dem
Verbandsgericht verantworten, nachdem Spieler die rechte Hand an die
Schläfe gelegt hatten. Wie der WDR berichtet, handelt es sich um [5][die SG
Hillen, um Genclikspor Recklinghausen und die zweite Mannschaft der DTSG
Herten]. Sie müssen mit Geldstrafen rechnen. Dazu könnten beteiligte
Spieler gesperrt werden. Der Kreisvorsitzende Hans-Otto Matthey erhofft
sich davon eine abschreckende Wirkung. „Wir müssen klar zeigen, dass wir so
etwas nicht akzeptieren“, sagte er.
Kein Verständnis für Kritik an salutierenden Landsleuten hat naturgemäß der
türkische Sportminister Mehmet Kasapoğlu. Er verteidigte die Auftritte
türkischer Nationalspieler, indem er ein Foto des französischen Angreifers
Antoine Griezmann präsentierte. Darauf ist zu sehen, wie der Fußballer bei
einem Empfang für die gerade gekürten Weltmeister in Paris vor dem
französischen Präsidenten Emmanuel Macron salutiert.
16 Oct 2019
## LINKS
[1] /Tuerkischer-Einmarsch-in-Nordsyrien/!5630248
[2] /Politik-im-Sport/!5630218
[3] https://www.mittelbayerische.de/region/kelheim-nachrichten/tuerkspor-mainbu…
[4] https://www.bfv.de/news/andere-news/2019/10/bfv-verfolgt-null-toleranz-poli…
[5] https://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/sportgericht-will-militaergruss-…
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
## TAGS
Fußball
Amateurfußball
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
Bundestag
Lesestück Recherche und Reportage
Ilkay Gündoğan
Mesut Özil
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