# taz.de -- Streit um Syrien-Politik der USA: Eklat im Weißen Haus | |
> Das US-Repräsentantenhaus verurteilt Trumps Rückzug der US-Truppen aus | |
> Nordsyrien. Zwischen dem Präsidenten und führenden Demokraten geht es | |
> hoch her. | |
Bild: Laut Donald Trump eine „sehr kranke Person“: Repräsentantenhaus-Spre… | |
WASHINGTON/BERLIN ap/taz | Er nannte sie eine „drittklassige“ Politikerin. | |
Und sie sagte, er sei einfach ausgeflippt. Bei einem Treffen von | |
US-Präsident Donald Trump und der ranghöchsten Demokratin Nancy Pelosi ging | |
es im Weißen Haus dem Vernehmen nach hoch her, am Ende kam es zum Eklat. | |
Schimpfkanonaden und Wutanfälle bei Sitzungen zwischen Trump und | |
Kongressanführern – dies gilt inzwischen schon als ein vertrautes Ritual, | |
das am Mittwoch nur um eine neue Anekdote für die politischen | |
Geschichtsbücher ergänzt wurde. Doch diesmal spielte sich die Konfrontation | |
vor der Kulisse fortschreitender Ermittlungen im Repräsentantenhaus zu | |
einem möglichen Amtsenthebungsverfahren gegen Trump ab. Mit Pelosi kam also | |
die Top-Politikerin der Demokraten ins Weiße Haus, die Trumps politische | |
Zukunft mitentscheiden könnte. | |
Die Regierung hatte die Kongressspitzen einbestellt, um über die Lage in | |
Syrien zu beraten. Kurz zuvor hatte das Repräsentantenhaus sich mit 354 zu | |
60 Stimmen überwältigend klar gegen [1][Trumps Befehl] ausgesprochen, die | |
US-Truppen aus dem Norden des Bürgerkriegslands abzuziehen. Dies bedeutete, | |
dass auch viele Republikaner mit den Demokraten stimmten und ihrem | |
Präsidenten so eine seltene Ohrfeige verpassten. Ihnen stößt sauer auf, | |
dass Trump mit der Rückzugsorder eine [2][türkische Militäroffensive] gegen | |
syrische Kurdenmilizen möglich gemacht hat, die jahrelang an der Seite der | |
USA gegen die Terrormiliz Islamischer Staat kämpften. | |
Kurz vor dem Treffen im Weißen Haus waren Vizepräsident Mike Pence, | |
Außenminister Mike Pompeo und Trumps neuer Nationaler Sicherheitsberater | |
Robert C. O'Brien in die Türkei aufgebrochen, um die türkische Regierung zu | |
einem Waffenstillstand zu bewegen. Doch auch das stieß in Washington auf | |
Kritik. Der republikanische Senator Mitt Romney sagte, das sei wie ein | |
Farmer, der all seine Pferde verloren habe und anschließend losgehe, um das | |
Tor der Koppel zu schließen. | |
## Zum Auftakt: Trump lobt Trump | |
Trump hatte zuvor gesagt, wenn Syrien und die Türkei Krieg führen wollten, | |
dann sollten sie das halt tun. „Aber was hat es mit den Vereinigten Staaten | |
von Amerika zu tun, wenn sie um syrische Gebiete kämpfen?“ Er sei | |
angetreten, um die endlosen Kriege der USA zu beenden. „Wenn Russland sich | |
in Syrien einmischen will, dann ist das ihre Sache.“ Er wünsche viel Glück. | |
Der republikanische Senator Lindsay Graham aus South Carolina schrieb auf | |
Twitter: „Ich hoffe, Präsident Trump hat recht mit seinem Glauben, dass die | |
türkische Invasion in Syrien uns nichts angeht, dass es nicht auf uns | |
zurückfällt, die Kurden alleingelassen zu haben, dass der Islamische Staat | |
nicht wiedererstarkt und das Iran nicht in das Vakuum stößt, das seine | |
Entscheidung hinterlassen hat.“ Er glaube aber, dass solche Aussagen des | |
Präsidenten zu einem Desaster führten, das schlimmer sei als Präsident | |
Obamas Entscheidung, die Truppen aus dem Irak abzuziehen. | |
Das Treffen im Weißen Haus habe Trump mit reichlich Selbstlob für seinen | |
„fiesen“ Brief an seinen türkischen Amtskollegen Recep Tayyip Erdoğan | |
eröffnet, berichtete ein Demokrat. In dem Schreiben warnte der US-Präsident | |
Erdoğan mit Ausrufezeichen davor, die Kurden „abzuschlachten“. | |
„Sie werden positiv in die Geschichte eingehen, wenn Sie das richtig und | |
human erledigen. Aber Sie werden für immer ein Teufel sein, wenn keine | |
guten Dinge passieren. Seien Sie kein tough guy! Seien Sie kein Narr!“, | |
hatte Trump an Erdogan geschrieben. Trumps Auftaktmonolog beim Treffen im | |
Weißen Haus bezeichnete der Demokrat als langatmig und bombastisch. | |
## Pelosi: „Mit Ihnen führen alle Straßen zu Putin“ | |
Pelosi erwähnte dann aber das jüngste Votum in der Parlamentskammer. Und | |
Chuck Schumer, demokratischer Minderheitsführer im Senat, fing an, dem | |
Präsidenten gegenüber ein Zitat von Ex-Pentagonchef James Mattis zu | |
zitieren. Es handelte davon, wie notwendig es sei, US-Truppen in Syrien zu | |
belassen, um ein Erstarken des IS zu verhindern. | |
Trump habe Schumer aber das Wort abgeschnitten und Mattis als den „am | |
meisten überschätzten General der Welt“ tituliert. „Wissen Sie warum? Er | |
war nicht taff genug“, schob Trump hinterher. „Ich habe den IS | |
eingefangen.“ | |
Pelosi erklärte Trump, dass Russland schon immer danach strebe, im Nahen | |
Osten Fuß zu fassen. Nun habe Moskau dies durch den US-Rückzug aus | |
Nordsyrien erreicht, berichtete ein ranghoher Demokrat über die | |
Unterredung. Pelosi fügte demnach hinzu: „Mit Ihnen führen alle Straßen zu | |
Putin.“ | |
Dann ging es los. „Ich hasse den IS mehr, als Sie es tun“, sagte Trump der | |
Frontfrau der Demokraten. Pelosi antwortete: „Sie wissen das nicht.“ | |
## Trump: Pelosi ist „eine sehr kranke Person!“ | |
Schumer schaltete sich an einem Punkt mit einer Frage an Trump ein: „Ist es | |
Ihr Plan, sich auf die Syrer und Türken zu verlassen?“ Trump entgegnete: | |
„Unser Plan ist es, das amerikanische Volk sicher zu halten.“ Worauf Pelosi | |
sagte: „Das ist kein Plan. Das ist ein Ziel.“ | |
Trump wandte sich Pelosi zu und beklagte sich über die „rote Linie“, die | |
sein Vorgänger Barack Obama einst im Umgang mit der syrischen Führung zog. | |
Nach Angaben Schumers bezeichnete er Pelosi dann als „eine drittklassige | |
Politikerin“. | |
Dem für vornehme Manieren bekannten Fraktionschef der Demokraten im | |
Repräsentantenhaus, Steny Hoyer, schwoll nun offenbar der Kamm. „Das ist | |
nicht nützlich“, warf er ein. Hoyer und Pelosi erhoben sich und verließen | |
den Raum. Trump rief ihnen noch einen Abschiedsgruße hinterher: „Auf | |
Wiedersehen, wir sehen uns an den Urnen.“ | |
In der Zufahrt zum Weißen Haus sagte Pelosi vor Reportern, dass Trump | |
drinnen eine Art „Ausraster“ gehabt habe. Sie habe gehen müssen, weil der | |
Präsident nicht in der Lage gewesen sei, die Realität der Situation zu | |
durchblicken. Später legte Pelosi noch Wert darauf, klarzustellen, dass | |
Trump sogar seine Beleidigung rhetorisch vermasselt habe. Statt der wohl | |
von ihm beabsichtigten Zuschreibung „third rate“ (drittklassig) habe er | |
„third-grade“ (dritte Klasse) gesagt. | |
Trump betonte wiederum später auf Twitter, dass Pelosi sich einen „totalen | |
Ausraster“ geleistet habe. Sie sei „eine sehr kranke Person!“ Er twitterte | |
auch Fotos vom Besprechungszimmer. „Glaubt ihr, dass sie mich mögen!“, | |
schreibt er zu einem Bild, auf dem Pelosi und Schumer angeödet und mürrisch | |
wirken. | |
In einem anderen Foto stellte er Pelosi als „nervöse Nancy“ dar, die sich | |
nicht unter Kontrolle habe. Das Bild zeigt die Top-Demokratin mit | |
ausgestrecktem Finger vor Trump stehen, um sie herum sitzen andere | |
Kongressspitzen und hohe Militärs. Pelosi stellte es als Hintergrundfoto | |
auf ihre Twitter-Seite. | |
17 Oct 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Vor-tuerkischer-Offensive-in-Kurdenregion/!5631427 | |
[2] /Luft--und-Bodenoffensive-der-Tuerkei/!5632506 | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Syrische Demokratische Kräfte (SDF) | |
Türkei Syrien | |
Syrien | |
Donald Trump | |
Nancy Pelosi | |
Charles Schumer | |
Schwerpunkt Syrienkrieg | |
Recep Tayyip Erdoğan | |
Türkei Syrien | |
taz.gazete | |
Türkei Syrien | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
„Waffenruhe“ in Nordsyrien: Diplomatischer Sieg für Erdogan | |
USA und Türkei einigen sich auf fünf Tage Waffenruhe: Die Türkei bekommt, | |
was sie wollte. US-Präsident Trump prahlt, die Kurden gehen leer aus. | |
Erdoğans Syrien-Politik: Trump pfui, Putin hui | |
Noch nie ist ein türkischer Präsident so mit den USA umgesprungen wie | |
Erdoğan. Putin gegenüber zeigt er sich hingegen devot. Kein Wunder. | |
Bundestag zum Syrienkrieg: Regierung in der Kritik | |
In einer aktuellen Stunde diskutiert das Parlament über Syrien. Verurteilt | |
die Regierung den türkischen Einmarsch als völkerrechtswidrig? | |
Türkischer Krieg in Nordsyrien: In der Schusslinie | |
Viele Menschen an der Grenze zu Syrien verlassen die Städte wegen der | |
türkischen Offensive. Wer bleibt, jubelt der Armee zu oder schläft aus | |
Angst im Keller. | |
Türkischer Einmarsch in Syrien: Erdoğan lehnt Waffenruhe ab | |
Bis alle Kurdenkämpfer aus der Region vertrieben sind: Der türkische | |
Präsident will den militärischen Vormarsch in Nordsyrien fortsetzen. |