| # taz.de -- Ökonom über Seltene Erden: „Es ist eine Frage des Marktes“ | |
| > Der Staat sollte Abnahmegarantien für Seltene Erden aus Recycling geben, | |
| > sagt Martin Gornig. Das ist eine Strategie für mehr Unabhängigkeit. | |
| Bild: „Niemand will das dreckige Geschäft von den Chinesen übernehmen“: M… | |
| taz: Herr Gornig, Außenminister Johann Wadephul bemüht sich um | |
| Generallizenzen für den Export Seltener Erden nach Europa. Ist das der | |
| richtige Ansatz zur Versorgungssicherheit? | |
| Martin Gornig: Es ist ein guter Ansatz, um die Versorgung für die nächsten | |
| Jahre sicherzustellen. Es gibt gerade gar keine andere Möglichkeit als | |
| diese, vor allem müssen wir Zeit gewinnen. Das funktioniert allerdings nur | |
| dann, wenn die Regierung parallel an einer neuen Strategie arbeitet. Europa | |
| darf nicht noch einmal in eine solche Situation der Abhängigkeit kommen. | |
| Wir müssen die Lieferketten kurzfristig sichern, gleichzeitig aber | |
| Resilienz hineinbekommen. | |
| taz: Wie schnell wäre mehr Resilienz denn möglich? | |
| Gornig: Ich bin da optimistisch, innerhalb von fünf Jahren müsste das | |
| machbar sein. Die Maßnahme, die am ehesten umsetzbar wäre, ist die | |
| Lagerhaltung, das machen ja auch schon einige Unternehmen. [1][Alle anderen | |
| Strategien mehr Recycling, Substitution von Seltenen Erden, | |
| Bergbaualternativen dauern länger.] | |
| taz: Das Problem ist doch seit 15 Jahren bekannt, bisher ist nicht viel | |
| passiert. Sind da f ünf Jahre nicht zu optimistisch? | |
| Gornig: Es ist ja weder eine Frage der Vorkommen an Seltenen Erden noch der | |
| Technologien ihrer Verarbeitung, sondern schlicht eine des Marktes. Die | |
| Strategie Chinas ist, den Marktpreis so niedrig zu halten, dass sich | |
| Alternativen nicht mehr lohnen. Irgendwann sind alle Wettbewerber weg. | |
| taz: Das ist aber eine durchschaubare Strategie … | |
| Gornig: Natürlich ist sie das, aber für die anderen ist sie so bequem. Sie | |
| werden billig beliefert. Das machen doch alle Monopolisten sehr | |
| erfolgreich, nehmen sie doch mal Microsoft. Wir nutzen alle gerne Windows. | |
| Es ist billig, es ist bequem. Aber wenn Microsoft nicht wollte, könnten wir | |
| beide hier jetzt nicht mehr telefonieren. Die Welt ist zufrieden damit. Und | |
| bei den Seltenen Erden wollte niemand das dreckige Geschäft von den | |
| Chinesen übernehmen, die riesigen Abwassermengen, der radioaktive | |
| Sondermüll, der dabei entsteht. Dazu kommt noch, das Seltene Erden ja nur | |
| in geringen Margen gehandelt werden, da steckt kein großes Geschäft hinter. | |
| taz: Was müsste denn jetzt als Erstes passieren? | |
| Gornig: [2][Regierung, Wissenschaft und Unternehmen müssten gemeinsam | |
| handeln]. Im vergangenen Jahrzehnt ist auch deshalb nicht viel passiert, | |
| weil der Leidensdruck nicht groß war. Jetzt gibt es aber eine Veränderung. | |
| Üblicherweise nutzen Monopolisten ihre Stellung aus, um Gewinne zu machen. | |
| Damit kommt eine Marktwirtschaft ganz gut zurecht. Aber jetzt nutzt China | |
| seine Marktmacht nicht dazu, um Gewinne zu machen, sondern Politik. China | |
| und die USA sind ja gar nicht interessiert daran, dass die EU sich | |
| emanzipiert. Deshalb wird China, sobald Europa sich engagiert, die Preise | |
| wieder heruntersetzen, die Verfügbarkeit erhöhen – und so alle Bemühungen | |
| wieder zunichtemachen. | |
| taz: Der Ausweg? | |
| Gornig: Erstens sollte der Staat Abnahmegarantien für Seltene Erden | |
| übernehmen, die durch Recycling oder aus nachhaltigerer Produktion in | |
| anderen Ländern entstanden sind. Wenn der Weltmarktpreis bestimmte | |
| Schwellen unterschreitet, erhalten die Unternehmen eine Kompensation. | |
| Zweitens sind Recyclingquoten zentral. Gerade bei Seltenen Erden, die nicht | |
| umweltverträglich produziert werden können, ist Recycling nicht nur | |
| politisch-strategisch, sondern auch umweltpolitisch sinnvoll. | |
| taz: Die Unternehmen adressieren den Staat, beklagen aber gleichzeitig | |
| Bürokratie und staatliche Eingriffe wie das Lieferkettengesetz. Ist das ein | |
| Widerspruch? | |
| Gornig: Das ist ein permanenter Konflikt. Moderne Volkswirtschaften | |
| funktionieren nur mit dem Staat, er muss regulieren, und Regulierung | |
| funktioniert nur mit Bürokratie. Wir können die Schmerzen der Bürokratie | |
| aber senken, zum Beispiel durch Digitalisierung. Dafür brauchen wir aber | |
| natürlich auch Seltene Erden. | |
| 31 Oct 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Abhaengig-von-Seltenen-Erden/!6124976 | |
| [2] /Drohender-Rohstoffmangel/!6124735 | |
| ## AUTOREN | |
| Heike Holdinghausen | |
| ## TAGS | |
| Seltene Erden | |
| Industrie | |
| Natur | |
| Social-Auswahl | |
| China | |
| Schwerpunkt Künstliche Intelligenz | |
| Zentralasien | |
| Bürokratie | |
| Apec-Gipfel | |
| Seltene Erden | |
| Johann Wadephul | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Wettrennen um High-Tech: USA wollen Chip-Export nach China erlauben | |
| Das US-Unternehmen Nvidia soll besonders leistungsfähige Chips nach China | |
| exportieren dürfen. Gleichzeitig gehen die USA gegen Schmuggler vor. | |
| USA umwerben Zentralasien: Trump punktet mit seiner „Mineral-Diplomatie“ ge… | |
| Donald Trump hat die fünf Staatschefs Zentralasiens zum Abendessen geladen. | |
| Er will an die Rohstoffe der Länder, die China und Russland nahe stehen. | |
| 100 Millionen Euro an Entlastung: Regierung beschließt Schritte zum Bürokrati… | |
| Das Bundeskabinett einigt sich auf Maßnahmen zur Entlastung der Wirtschaft. | |
| Zudem wurden 50 Eckpunkte für weitere Gesetzesvorhaben vereinbart. | |
| Apec-Gipfel in Südkorea: Xi warnt vor Störung der Lieferketten | |
| Die USA und China lockern Zölle, doch der Handelsfrieden bleibt fragil. | |
| Beim Gipfel der Apec-Staaten fordert Chinas Staatschef mehr Zusammenarbeit. | |
| Abhängig von Seltenen Erden: Keine Bestände, kein Recycling | |
| Zwar sind viele Technologieunternehmen in Deutschland abhängig von der | |
| extravaganten Metallgruppe. Trotzdem werden sie bislang nicht recycelt. | |
| Außenpolitisches Desaster: Wadephuls China-Reise kurzfristig abgesagt | |
| Der CDU-Außenminister wollte am Sonntag nach China fliegen – doch daraus | |
| wird nichts. Denn China stellt kaum Gesprächspartner zur Verfügung. |