# taz.de -- Neue britische Premierministerin: Scheitern vorprogrammiert | |
> Liz Truss hat ihre Amtszeit mit einer blutleeren Rede begonnen – uund | |
> setzt sich große Ziele. Das kann nicht gut gehen. | |
Bild: Ein Bus einer Protestbewegung mit dem Bild von Liz Truss steht am 7. Sept… | |
Das kann nicht gut gehen. Liz Truss, die neue Premierministerin des | |
Vereinigten Königreichs, hat am Dienstagabend vor ihrem Amtssitz in der | |
Londoner Downing Street eine erstaunlich emotionslose und blutleere Rede | |
gehalten, die vor Worthülsen strotzte. | |
Sie will dafür sorgen, dass Großbritannien von der Brexit-Leine gelassen | |
werde und wieder funktioniere, dass Krankenhäuser, Schulen und Straßen | |
gebaut werden, dass die Energiekrise gemeistert werde, und dass niemand | |
lange auf einen Arzttermin warten müsse. Hehre Ziele, keine Frage, aber | |
nach zwölf Jahren Tory-Herrschaft ist das recht dünn. Warum sind ihre | |
Vorgänger nicht auf die Idee gekommen? | |
Es liegt an der Realität. Seit zehn Jahren gehört Truss den verschiedenen | |
Regierungen an. Seitdem sind Wachstum und Produktivität sowie das | |
Haushaltseinkommen in Großbritannien langsamer als in allen anderen | |
EU-Ländern außer Zypern und Griechenland gestiegen, es herrscht die höchste | |
Inflation seit 40 Jahren. Und jetzt kommt auch noch eine Steigerung der | |
Energiepreise um 400 Prozent hinzu. | |
Von all dem lässt sich Truss nicht die Laune verderben, man kann die | |
Realität ja ignorieren. Gut, es war ihre erste Rede als Regierungschefin, | |
und da darf man vielleicht nicht allzu viel erwarten. Aber im Wahlkampf um | |
die Nachfolge von Boris Johnson hatte sie ihre Pläne konkretisiert. Sie | |
will den Karren durch Steuererleichterungen im Wert von 30 Milliarden Pfund | |
aus dem Dreck ziehen, aber dieses Geld wird laut ihren Plänen vor allem den | |
Reichsten zugutekommen. Und sie will für den Abbau von Bürokratie sorgen – | |
[1][ein Schlagwort, in das sich Politiker flüchten, wenn ihnen sonst nichts | |
einfällt.] | |
## Truss sucht Streit mit der EU | |
Großbritannien steht vor großen Herausforderungen. Truss erweckt nicht den | |
Eindruck, als wäre sie ihnen gewachsen. Und im Hintergrund [2][lauert immer | |
noch das Nordirland-Protokoll], das Teil des Brexit-Vertrags ist. Es | |
regelt, dass Nordirland Teil des EU-Binnenmarkts bleibt, um eine harte | |
Grenze auf der irischen Insel zu vermeiden. Weil Nordirland dadurch anders | |
behandelt wird als der Rest des Vereinigten Königreichs, haben die | |
Unionisten die Regionalregierung in Belfast im Februar zu Fall gebracht. | |
Truss hat ihnen versprochen, das Protokoll außer Kraft zu setzen, ein | |
entsprechendes Gesetz ist auf den Weg gebracht. Aber ist sie wirklich | |
bereit, dafür einen Handelskrieg mit der EU zu riskieren? Ihre Sprache ist | |
jedenfalls kriegerisch: „Wir haben von der Geschichte gelernt, dass die EU | |
nur eins versteht, [3][nämlich Stärke].“ Truss hat eigentlich genug | |
dringendere Probleme. | |
7 Sep 2022 | |
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## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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