# taz.de -- Neue Erzählungen von Teresa Präauer: Jenseits hip-ironischer Posen | |
> Der Band „Das Glück ist eine Bohne“ enthält Gelegenheitstexte von Teresa | |
> Präauer. Manches wirkt erst uncool, doch man liest mit leuchtenden Augen. | |
Bild: Die Schriftstellerin Teresa Präauer hat keine Angst vor den Lektüren ih… | |
Die [1][österreichische Autorin und Künstlerin Teresa Präauer] hat sich mit | |
drei überaus eigentümlichen Romanen in die erste Reihe der | |
deutschsprachigen Literatur geschrieben. „Das Glück ist eine Bohne“ | |
versammelt nun ihre kürzeren Texte aus den letzten Jahren: über 80 kleinere | |
Erzählungen, Kolumnen, Essays, Autobiografisches, entstanden für Kongresse | |
und Residenzen, Zeitungen und Blogs, Literaturzeitschriften, den Rundfunk, | |
aber auch für den Rolling Stone, ein Modemagazin oder Nachtkritik.de. | |
Man staunt, was da alles zusammenkommt, und gewinnt einen Eindruck von der | |
fordernden Existenz einer freien Schriftstellerin. | |
Präauers Prosa wirkt dabei zunächst deutlich weniger verdichtet als in | |
ihren Romanen. Da gibt’s schon mal „leuchtende Augen“, etwas ist „herrl… | |
oder jemandem „sitzt der Schalk im Nacken“. Auch mancher Gegenstand wirkt | |
auf den ersten Blick irritierend uncool: „Der Club der toten Dichter“, | |
Peter Greenaway, sogar Peter Handke kommen vor (Handke allerdings aus der | |
Zeit, als er noch von den Beatles und [2][Patricia Highsmith] kam). | |
Englische Zitate werden geradezu penetrant übersetzt. Und kann es etwas | |
Abgelutschteres geben als die Liebesanbahnungsszene des Eröffnungstextes, | |
als Er Ihr versehentlich seinen Drink aufs Shirt schüttet? | |
## Ikone der Post-Ironie | |
Doch in dem Maße, wie sich die Befunde verdichten – Einhörner, Blumen, | |
T-Shirts mit heulenden Wölfen –, zeigt sich, dass es genau darum geht. „Aus | |
der Wiederholung, aus dem Kitsch, aus dem Meme: blitzt etwas heraus“, der | |
Vorschein eines Weltzugangs jenseits souveräner hip-ironischer Posen. „Ein | |
Herz ist okay, sage ich, und das meine ich auch so.“ | |
Prompt findet sich da auch ein Text zur Ikone der Post-Ironie schlechthin: | |
dem Auftritt der [3][Future Islands] mit ihrem Song „Seasons“ bei David | |
Letterman. Auch Wanda, Bilderbuch und, an einem magischen Weihnachtsabend, | |
sogar Britney Spears stellen sich ein. Denn mag dies auch New Sincerity | |
sein, pop-fern ist es nirgends. | |
Hinzu kommt bei Präauer selbst eine künstlerische Doppelbegabung, der Bezug | |
zur bildenden Kunst. Nach dem verschütteten Fireball erzählt Sie Ihm | |
ausführlich den Fischli/Weiss-Kunstfilm „Der Lauf der Dinge“, und o Wunder: | |
„es interessiert ihn wirklich, obwohl nacherzählte Filme so langweilig | |
sind“. Das ist Programm: Präauers Texte erheben die Nacherzählung von | |
Filmszenen, Musikvideos, Fernsehshows, die Beschreibung von Fotos, alten | |
und neuen Gemälden zu einer eigenen Kunstform; jede Ekphrasis der Beginn | |
einer potenziellen Liebesgeschichte. | |
Ein künftiger Klassiker dieses Genres, so darf man prophezeien, ist „Jugend | |
und Pose“, eine Ausdeutung von Elizabeth Peytons Bild „Ken and Nick“. In | |
Peytons Motivwahl der jungen Poser und Popstars wird, wie in den Gesten des | |
Future-Islands-Sängers Samuel Herring, „Lächerliches und Peinliches“ | |
geradezu zur Voraussetzung dafür, dass etwas herausblitzt. „Der junge | |
Mensch hat die Hoffnung, als Künstler leben zu können. Was er spricht, ist | |
falsch und ist es nicht.“ | |
## Zweifelhafte Freuden des Après-Ski | |
Von hier ist es nicht weit zu den Fantasien und Lektüren in Kindheit und | |
Jugend der Autorin, die einen weiteren Schwerpunkt des Bandes bilden. Wenn | |
die zweifelhaften Freuden des Après-Ski oder die „Italien Superhits“ von | |
1984 zu energetischen Inspirationen werden können, dann gilt das erst recht | |
für die jugendlichen Lesestoffe (ja, wir sprechen auch von Erich Fried!) | |
und ist – „bei gleichzeitig anhaltender Unversöhnlichkeit gegen das, was | |
man im Rückblick als fehlende literarische Qualität unterstellt“ – zu | |
würdigen. | |
Am Ende erweist sich Präauers Band denn doch als überaus dicht komponiert. | |
Letztlich stellt er die Frage, ob es in Leben und Ästhetik aus diesen | |
Zuständen uneindeutiger Vorläufigkeit überhaupt einen wünschenswerten | |
Ausweg gibt. Erwachsen werden? Macht sich nicht erst recht lächerlich und | |
peinlich, wer das Bad-Girls-Go-Everywhere-T-Shirt, die Zufallsfunde in der | |
Freihandbibliothek und die unbedarfte Rilke- und Hendrix-Verehrung leugnet | |
und allen Ernstes glaubt, er käme nur mehr von Homer und Tolstoi? | |
Den Kanon muss man am Ende ja doch wieder korrigieren, wie Präauer es mit | |
ihrer herrlich österreichisierenden Nachbesserung jener für die Ewigkeit | |
gedachten Botschaften vormacht, die Voyager und Pioneer über unsere Kultur | |
ins All transportiert haben. | |
Für das gegenwärtig Gute aber gilt, was zur Musik von Bilderbuch gesagt | |
wird: „Es ist und ist nicht ironisch, es ist und ist nicht bedeutsam, es | |
sind und sind nicht die Achtziger, es ist und ist nicht neu.“ Wie dieses | |
Buch. Man liest es mit leuchtenden Augen. | |
4 Apr 2021 | |
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## AUTOREN | |
Moritz Baßler | |
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