| # taz.de -- Neue EU-Sanktionen gegen Iran: Schein der Empörung | |
| > Die neuen EU-Sanktionen gegen den Iran sind nur das absolute Minimum des | |
| > Nötigen. Der Aufstand für die Freiheit ist Europas Regierungen | |
| > gleichgültig. | |
| Bild: Protestaktion in Berlin gegen das Regime im Iran, jetzt reagiert auch die… | |
| Die Außenminister*innen der EU haben mehr als vier Wochen gebraucht, | |
| um sich überhaupt mit den Protesten in Iran näher zu beschäftigen. Jetzt | |
| zeigt sich: Die EU, mit ihnen Deutschland, will gegen die Gewalt des | |
| iranischen Regimes nur das absolute Minimum unternehmen. | |
| Vier Wochen sind seit Beginn der Proteste vergangen, die ihren Ausgang im | |
| g[1][ewaltvollen Tod von Jina Amini nahmen. Die 22-jährige Kurdin wurde am | |
| 13. September von der sogenannten Sittenpolizei festgenommen,] weil ihr | |
| Kopftuch ihr Haar nicht „richtig“ verdeckte. Drei Tage später war sie tot. | |
| Bilder und CT-Aufnahmen aus dem Krankenhaus lassen nur erahnen, welche | |
| Gewalt die junge Frau erfahren haben muss. | |
| In diesem Monat des Aufstands ist viel passiert. Meist festgehalten auf | |
| Handyvideos, weil eine unabhängige Berichterstattung praktisch unmöglich | |
| geworden ist. Festgehalten auch durch unzählige Erfahrungsberichte, die | |
| trotz Internetsperren und der allgegenwärtigen Bedrohung ihren Weg ins | |
| Ausland gefunden haben. Diese Zeugnisse zeigen die rohe Gewalt, die die | |
| Staatsmacht gegen die Menschen anwendet. | |
| [2][Frauen werden mitten auf der Straße von Zivilpolizisten und Milizen | |
| eingefangen, an den Haaren gezerrt und geschlagen; Schülerinnen | |
| misshandelt, vergewaltigt und getötet;] Studierende gejagt und verschleppt; | |
| Jugendliche inhaftiert und gefoltert. | |
| ## EU-Regierungen haben nur auf Druck reagiert | |
| Dass die EU so lange gewartet hat, sich zu all diesen Menschenrechtsbrüchen | |
| zu beraten, hinterlässt den Eindruck, dass man gehofft hat, dass die | |
| Proteste wieder abebben und dass wieder „Ruhe“ einkehrt, ohne dass man | |
| etwas tun muss. Man will die Beziehungen zu Iran erhalten und die | |
| Atomverhandlungen weiterführen. Nun, aufgrund des internationalen | |
| Aufschreis und der weltweiten Solidarität aus der Zivilgesellschaft blieb | |
| den EU-Regierungen nichts anderes übrig, als zumindest den Schein der | |
| Empörung über die Menschenrechtsverletzungen zu wahren. | |
| Elf Verantwortliche und vier Organisationen sollen sanktioniert werden, das | |
| heißt: Vermögen werden eingefroren und die Einreise in die EU verboten. | |
| Unter den Sanktionierten soll auch die „Sittenpolizei“ sein. Nur: Nichts | |
| davon wird die fundamentalistischen Machthaber schmerzen oder gar davon | |
| abbringen vom systematischen Töten. | |
| Die „Sittenpolizei“ besteht in erster Linie aus Menschen ärmerer Schichten, | |
| denen Brutalität antrainiert wurde – und zwar von der Machtelite, der | |
| bestimmenden Kraft im Land. Auch agiert diese Polizei im Gegensatz zu den | |
| Revolutionsgarden nicht im Ausland – das Einfrieren von Vermögen oder | |
| Einreisesperren treffen dort also kaum jemanden. | |
| Größtenteils ausgespart wurden wieder einmal die Oligarchen und | |
| Kleptokraten – jene, die dieses System der Brutalität aufgebaut haben und | |
| erhalten. Also diejenigen, die über die Sittenpolizei bestimmen, | |
| diejenigen, die die Befehle für die Menschenrechtsverletzungen geben. | |
| ## Revolutionsgarden gehören auf die Terrorliste | |
| Weder wurden die berüchtigten Revolutionsgarden auf die EU-Terrorliste | |
| gesetzt, noch wurden Sanktionen gegen die höchsten Machthaber im Regime | |
| verhängt. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn gab am Rande der | |
| EU-Außenminister*innenkonferenz sogar zu, dass man nur „ein paar | |
| Individuen“ sanktioniert habe. Harte Sanktionen sollen dann kommen, wenn | |
| sich bestätigen sollte, dass das iranische Regime Russland bei seinem Krieg | |
| gegen die Ukraine militärisch hilft. | |
| Man sieht also: Es würde gehen. Wenn der politische Wille besteht. Aber die | |
| verfolgten Menschen in Iran, die für Menschenrechte und Freiheit | |
| protestieren, [3][reichen der EU nicht, um zu wollen.] Sie werden weiter | |
| verfolgt und getötet. Deutschland und die EU schauen zu. | |
| 17 Oct 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Gilda Sahebi | |
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