# taz.de -- Netflix-Actionthriller mit Ryan Gosling: Hauptsache, es knallt | |
> Der Streamingdienst Netflix setzt auf Action-Blockbuster. Sein | |
> Agententhriller „The Gray Man“ mit Ryan Gosling will James Bond | |
> Konkurrenz machen. | |
Bild: Sein Name ist Six, Sierra Six (Ryan Gosling) | |
Hat die Welt gerade keine anderen Sorgen als wildgewordene CIA-Agenten, die | |
aufeinander angesetzt werden? Warum der Streamingdienst Netflix jetzt in | |
„The Gray Man“ auf einen solchen Stoff setzt, um wieder mehr Kunden zu | |
gewinnen – vor Kurzem war gemeldet worden, dass das Unternehmen Abonnenten | |
verliert –, mag vor dem Hintergrund täglicher Nachrichten über den | |
Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine rätselhaft erscheinen. | |
Noch mehr brutale Gewalt, wenngleich fiktive? Doch die Weltlage scheint | |
nicht immer entscheidend zu sein für die Veröffentlichungstermine von | |
Filmen. Zumal es sich in diesem Fall um ein Projekt handelt, das einige | |
Jahre auf Eis lag, bevor es zum Abschluss kam. | |
Ursprünglich hätte man Brad Pitt in der Rolle des CIA-Agenten Court Gentry | |
alias Sierra Six sehen sollen. Das war 2011. Der Stoff wechselte dann den | |
Rechteinhaber, und es passierte erst einmal nichts. Bis Netflix 2020 zum | |
Zuge kam. Unter der Regie der Brüder Anthony und Joe Russo, die unter | |
anderem für die [1][„Avengers“-Reihe im „Marvel Cinematic Universe“ | |
zuständig waren, mithin einige Erfahrung in spezialeffektgespickter | |
Superhelden-Action] vorweisen können, jagt jetzt Ryan Gosling als CIA-Mann | |
Sierra Six um den Globus. | |
Wobei seine Mission die meiste Zeit der Handlung nicht darin besteht, | |
andere im Auftrag des Geheimdiensts zu töten, vielmehr wird er gejagt von | |
einem ehemaligen Kollegen, Lloyd Hansen (Chris Evans). Diesen | |
psychopathischen Spezialsöldner hat die CIA auf Sierra Six angesetzt, weil | |
Letzterer an Daten gekommen ist, die für seine Vorgesetzten | |
kompromittierend wären. | |
## Laufrichtung ist umgekehrt | |
Die Szenerien sind, ähnlich wie der offenkundig an den bekannten 007 | |
angelehnte Codename Sierra Six, nach [2][James-Bond-Manier touristisch | |
reizvoll ausgewählt], von Wien über Berlin und Prag bis auf eine kroatische | |
Insel führt dieser Einsatz. Bloß die Laufrichtung ist umgekehrt angelegt, | |
weil Sierra Six ja derjenige ist, den man auslöschen will. | |
Da dieser selbst etwas vom Töten versteht und der Film als Franchise | |
angelegt ist, man mithin Fortsetzungen mit Sierra Six erwarten darf, nutzen | |
die Brüder Russo die dünne Handlung für eine Überfülle an handgreiflichen | |
Auseinandersetzungen, Einsatz von Handfeuerwaffen und den für die | |
Dramaturgie nötigen gelegentlichen Explosionen. | |
Im Ergebnis bedeutet das viel sinnlose Gewalt, dynamisch gefilmt und mit | |
einigen Einfällen für neue Bildideen ausgestattet. Besonders in Prag kann | |
der Einsatz einer Straßenbahn für eine Verfolgungssequenz überzeugen. Zum | |
Blechschaden gesellt sich dabei der eine oder andere Gebäudeschaden. | |
Dann gibt es weibliche Agentinnen wie Dani Miranda (Ana de Armas) oder | |
Suzanne Brewer (Jessica Henwick), die im Unterschied zum | |
James-Bond-typischen Muster keine körperliche Nähe zu Sierra Six | |
herstellen, sondern gleichberechtigt als Kolleginnen mit ihm | |
beziehungsweise gegen ihn arbeiten. Daraus einen emanzipierten | |
Agententhriller machen zu wollen, wäre übertrieben. Man hat immerhin für | |
weniger Machismo gesorgt. Abgesehen davon, ist auch in „The Gray Man“ das | |
Meiste solide geölte Rattattazong-Routine. Kann man machen, muss aber ganz | |
sicher nicht. | |
20 Jul 2022 | |
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## AUTOREN | |
Tim Caspar Boehme | |
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