# taz.de -- Nach dem Messerangriff in Mannheim: Trauer und politische Rituale | |
> Nach dem Angriff von Mannheim herrscht Bestürzung über den Tod eines | |
> Polizisten. Die Politik fordert mehr Härte bei Abschiebungen und | |
> Islamismus. | |
Bild: Polizist:innen gedenken des bei einem Messerangriff getöteten Kollegen a… | |
BERLIN taz | Die Trauer hielt am Montag an. Ein breites Bündnis hatte für | |
den Abend auf den Mannheimer Marktplatz geladen, zu einer Kundgebung | |
„Mannheim hält zusammen“, eingeladen von Oberbürgermeister Christian Spec… | |
(CDU), den Gemeindefraktionen und Religionsgemeinschaften. Drei Tage zuvor | |
hatte dort ein 25-Jähriger eine Kundgebung [1][des Anti-Islam-Aktivisten | |
Michael Stürzenberger] mit einem Messer attackiert und diesen wie [2][fünf | |
weitere Personen teils schwer verletzt]. Darunter auch den Polizisten | |
Rouven L. – der am Sonntag seinen Verletzungen erlag. | |
Der Todesfall löste breite Anteilnahme aus. Kanzler Olaf Scholz (SPD) | |
erklärte, die Nachricht bestürze ihn „zutiefst“. An Extremisten gerichtet | |
sagte er: „Wir sind ihre härtesten Gegner.“ Man werde „mit allen Mitteln | |
unseres Rechtsstaats“ vorgehen. Durch alle Parteien zeigten sich | |
Politiker:innen betroffen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) | |
verkündete für die Bundespolizei Trauerflor, Gleiches tat | |
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU). Für Freitag war eine | |
Schweigeminute geplant, im Stuttgarter Landtag gab es diese bereits am | |
Montag. | |
Die Polizei Baden-Württemberg würdigte den 29-jährigen Rouven L. als „ruhig | |
und bedacht im Handeln und immer mit einem freundlichen, offenen Lächeln | |
gegenüber jeder und jedem“. Bei einer [3][Online-Spendensammlung] für die | |
Familie von Rouven L. und seine Kolleg*innen kamen innerhalb kürzester | |
Zeit gut 300.000 Euro zusammen. Die Organisatoren kündigten an, das Geld | |
nun auch für ähnlich gelagerte Fälle in der „Polizeifamilie“ zu verwende… | |
Das Motiv der Tat blieb auch am Montag ungeklärt. Der Tatverdächtige sei | |
weiter nicht vernehmungsfähig, sagte eine Sprecherin des LKA der taz. | |
Sulaiman A. war nach dem Angriff von einem Polizisten niedergeschossen | |
worden. Laut Polizei war er 2014 aus Afghanistan nach Deutschland gekommen, | |
lebte zuletzt in Heppenheim mit seiner Frau und zwei Kindern. Privat | |
trainierte er Taekwondo. | |
Laut Welt wurde sein Asylantrag bereits 2014 abgelehnt, er habe später aber | |
wegen der Kinder eine befristete Aufenthaltsgenehmigung bekommen. Weder | |
Polizei noch Verfassungsschutz war Sulaiman A. bisher aufgefallen. Erste | |
Auswertungen der bei ihm beschlagnahmten Datenträger sollen nach | |
taz-Informationen unauffällig ausgefallen sein. | |
## CDU sieht „massives Problem mit Islamismus“ | |
Dennoch entbrannte eine Debatte über mehr Härte gegen [4][Islamismus] und | |
in der Migrationspolitik. CDU-Chef Friedrich Merz, forderte „harte | |
Konsequenzen“ für die Tat, „auch für diejenigen, die mit dem Täter | |
sympathisieren“. [5][CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann] sprach von | |
einem „massiven Problem in Deutschland mit Islamismus“. Wer sich | |
hierzulande nicht an die Gepflogenheiten halte oder gar morde, „der hat | |
hier einfach nichts zu suchen“. Es müssten endlich Abschiebungen nach | |
Afghanistan ermöglicht werden. Gleiches forderte die AfD. | |
Faeser erklärte, sollte sich ein islamistisches Motiv bestätigen, „dann | |
zeigt das, wie stark wir weiter islamistischem Terror entgegentreten | |
müssen“. Die Sicherheitsbehörden hätten die Szene fest im Visier und würd… | |
den Kampf noch verstärken. Noch aber blieben die Ermittlungen abzuwarten. | |
Für Abschiebungen von Straftätern und Gefährdern nach Afghanistan hatte | |
sich Faeser zuletzt offen gezeigt – hier gibt es aber rechtliche und | |
praktische Hürden. | |
Auch [6][Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP)] erklärte, man müsse | |
sich „gegen den islamistischen Terror zur Wehr setzen“. Die | |
Sicherheitsbehörden werde man dafür finanziell „weiter stärken“. Lindner | |
hatte zuletzt allerdings auch für das Bundesinnenministerium und die | |
Sicherheitsbehörden Sparvorgaben gemacht. Was seine Ansage konkret | |
bedeutet, wollte sein Ministerium auf taz-Nachfrage nicht sagen: Man wolle | |
den laufenden Verhandlungen für den Bundeshalt 2025 nicht „vorweggreifen“, | |
erklärte eine Sprecherin. | |
## Auch in der Ampel gibt es Forderungen | |
Der [7][Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz] sagte der taz, die Tat | |
von Mannheim müsse noch ausermittelt werden, aber ein islamistisches Motiv | |
sei naheliegend. „Die Herausforderung, vor der wir stehen, ist, | |
entschlossen, scharf und wehrhaft gegen radikale Islamisten vorzugehen und | |
alle Mittel unseres Rechtsstaates zu nutzen, gleichzeitig differenziert zu | |
bleiben und als Gesellschaft zusammenzubleiben“. Eine weitere Spaltung des | |
Landes nutze nur Islamisten, Rechtsextremisten und Demokratieverächtern. | |
Der FDP-Innenpolitiker Manuel Höferlin sagte der taz, die | |
Vorgängerregierungen hätten bei der Inneren Sicherheit zu lange verwaltet, | |
statt zu modernisieren. Die Ampel aber habe einen „Paradigmenwechsel“ | |
angestoßen, die Bundespolizei werde mit modernen Eingriffsbefugnissen | |
gestärkt. „Jetzt sind die Länder in der Pflicht nachzuziehen und die | |
Landespolizeien zu stärken.“ Faeser müsse hier ein abgestimmtes Vorgehen | |
mit den Ländern vereinbaren, so Höferlin. „Wir werden den islamistischen | |
Terrorismus konsequent bekämpfen und die Sicherheitsbehörden so ausstatten, | |
dass sie noch besser gegen Extremisten vorgehen können.“ | |
Der SPD-Innenpolitiker Sebastian Fiedler, [8][einst Polizist], betonte | |
dagegen, zunächst sei eine Zeit der Trauer angezeigt. Viele der aktuellen | |
Forderungen seien Ausdruck des Schmerzes, aber auch eine „gefühlten | |
Hilflosigkeit oder eines politischen Rituals“. Ob mit oder ohne | |
islamistisches Motiv blieben Gewalttaten von bislang polizeilich | |
unbekannten Tätern, die „mit Abstand größte Herausforderung für die | |
Sicherheitsbehörden“. Man müsse aber „alles in unserer Macht Stehende tun, | |
um künftige Taten zu verhindern“. | |
Fiedler forderte hier vor allem „dringend“ Finanzmittel für eine geplante | |
Bundesakademie für Prävention und Kriminalwissenschaften. Bei der | |
Prävention segle man „noch im Blindflug oder nach der Devise Versuch und | |
Irrtum“. Ob es diese Gelder gibt, hängt aber auch hier an Finanzminister | |
Lindner. | |
3 Jun 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Angegriffener-Michael-Stuerzenberger/!6011619 | |
[2] /Nach-Messerangriff-in-Mannheim/!6011617 | |
[3] https://www.gofundme.com/f/354dnj-mannheim | |
[4] /Terrorgefahr-in-Deutschland/!5976662 | |
[5] /Neues-CDU-Grundsatzprogramm/!6005864 | |
[6] /Christian-Lindner-zur-Finanzpolitik/!6011461 | |
[7] /Von-Notz-ueber-russische-Desinformation/!5996657 | |
[8] /Sebastian-Fiedler-und-die-SPD/!5747466 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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