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# taz.de -- Nach Verabschiedung im Bundestag: Jüdische Organisationen gegen An…
> Vergangene Woche hat der Bundestag eine umstrittene
> Antisemitismusresolution verabschiedet. Die Kritik reißt auch Tage später
> nicht ab.
Bild: Menschen protestieren gegen Antisemitismus am Brandenburger Tor in Berlin…
Berlin taz | Nimmt der Bundestag jüdisches Leben nur in Verbindung mit
Israel wahr? Das ist zumindest die Kritik, die jüdische Organisationen aus
19 Ländern und sechs Kontinenten äußern. Letzten Donnerstag hatte der
Bundestag die sogenannte Antisemitismus-Resolution verabschiedet. Am Montag
haben weltweit jüdische Gruppen wie das britische „International Jewish
Anti-Zionist Network“, „Jewish Voice for Peace“ aus den USA, „Israelis
against Apartheid“ aus Israel / Palästina und viele andere einen
gemeinsamen Brief herausgegeben, in dem sie die Resolution verurteilen.
„Während sie Lippenbekenntnisse zu ‚allen Facetten‘ jüdischen Lebens ma…
verengt die Resolution dieses Leben auf ein Element: den Staat Israel“,
heißt es in dem gemeinsamen Statement. Wieland Hoban, Vorsitzender des
deutschen Vereins „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“, find…
diesen Punkt „besonders schlimm“. Sein Verein hat den Brief mit
unterschrieben. So sagt er der taz, der [1][Antisemitismusbegriff der
Resolution] mache Israel „zum Hauptpfeiler jüdischer Identität und
‚jüdischen Lebens‘“
Die Unterzeichnenden lehnen eine Verschmelzung ihrer Identität mit der
„siedler-kolonialen Ideologie des Zionismus und der genozidalen Akte
Israels“ ab, da sie diese Verschmelzung für antisemitisch halten und
solidarisieren sich mit den Palästinenser:innen. Die Organisationen
verurteilen zudem die fehlende Kontextualisierung des Hamasangriffs vom 7.
Oktober 2023.
## Kritik auch von Menschenrechtsorganisationen
„Der Anschlag auf Halle kommt gar nicht vor, dafür wird ohne Erklärung auf
den ‚Berlinale-Skandal‘ verwiesen, der darin bestand, dass ein jüdischer
Israeli und ein Palästinenser für einen gemeinsamen Film ausgezeichnet
wurden und die israelische Politik anprangerten“, kritisiert zudem Hoban.
Auch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch veröffentlichte am
Montagabend eine Mitteilung, in der sie die Verabschiedung der Resolution
kritisiert. „Sie wurde geheim, ohne breite Beteiligung der
Zivilgesellschaft verhandelt“, heißt es darin. Zudem erkenne die Resolution
zwar rechtsextremen Antisemitismus an, schreibe die jüngste Zunahme des
Antisemitismus „jedoch der verstärkten Migration aus Nordafrika und dem
Nahen Osten zu.“
Und bei Amnesty International Deutschland heißt es: „Diese Resolution
schafft Raum für Missbrauch, kriminalisiert legitime Kritik an der
israelischen Regierungspolitik und bedient das rassistische Narrativ vom
‚importierten Antisemitismus‘“.
Besonders für Aufregung sorgte, [2][dass die AfD dem interfraktionellen
Antrag] von Ampel und Union am Donnerstag zustimmte. „Die Parteien des
angeblichen politischen Zentrums wurden enthusiastisch von der
faschistischen AfD unterstützt“, heißt es in dem Brief der jüdischen
Organisationen. Auf Grundlage der Resolution solle „eine noch
rassistischere Einbürgerungs- und Abschiebepolitik gerechtfertigt werden
und Rechtsextreme wie die AfD können ihren Rassismus mit der Begründung
ausleben, sie würden jüdisches Leben schützen“, sagt Hoban.
Die sogenannte Antisemitismus-Resolution stellt eine Reihe von Forderungen
auf, die jüdische Menschen besser schützen sollen. Seit dem Angriff der
Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ist die Zahl der antisemitischen
Übergriffe in Deutschland stark gestiegen. Die Resolution fordert unter
anderem, dass keine staatlichen Gelder an Organisationen gehen dürfen, die
Antisemitismus verbreiten.
## IHRA-Definition umstritten
Was dabei antisemitisch ist, dafür soll die sogenannte [3][IHRA-Definition]
maßgeblich sein. Diese wird von Regierungen verwendet, ist aber umstritten,
weil sie Antisemitismus weit fasst. Auch die jüdischen Organisationen des
Briefes weisen darauf hin, dass selbst einer der Hauptautoren der
IHRA-Definition, Kenneth Stern, sich in der Vergangenheit von der Art und
Weise distanziert hatte, wie sie genutzt wird.
Außerdem wird in der Resolution ein [4][Zusammenhang zwischen Zuwanderung
und Antisemitismus] hergestellt. Das Papier ist [5][zwar nicht rechtlich
bindend], kann von Politik und Behörden aber dennoch zur Orientierung
herangezogen werden.
Die als konservativ geltende Deutsch-Israelische Gesellschaft begrüßte die
Resolution in einer Pressemitteilung. So sei es wichtig, dass beim Begriff
des Antisemitismus „keine Verwässerung akzeptiert wurde und die
nicht-rechtsverbindliche „IHRA-Antisemitismusdefinition als maßgeblich“
herangezogen wird.“ Der Zentralrat der Juden in Deutschland sieht mit der
Resolution die Grundlagen „für einen wirksamen Schutz jüdischen Lebens“
definiert. Die vorgesehenen Maßnahmen müssten „effektiv und zügig umgesetzt
werden.“
B[6][ereits im Vorfeld hatte es viel Kritik] an der Resolution gegeben.
Wissenschaftler:innen, Künstler:innen und Jurist:innen hatten einen
Gegenentwurf veröffentlicht. Auch jüdische Persönlichkeiten des
öffentliches Lebens kritisierten die sogenannte Antisemitismus-Resolution.
Auch Organisationen aus Israel hatten vor dem Antrag gewarnt, die auch sie
betreffen könnte.
„Ir Amim“, eine Organisation, die sich für eine Zwei-Staaten-Lösung
einsetzt, fürchtet eine Atmosphäre, die ihre Arbeit delegitimiert,
berichtet die tagesschau. Die israelische Regierung könne leichter Druck
auf Deutschland aufbauen, Fördermittel zu entziehen, so die Befürchtung.
12 Nov 2024
## LINKS
[1] /Antisemitismus-Resolution-im-Bundestag/!6047369
[2] /Kampf-gegen-Judenfeindlichkeit/!6047536
[3] https://www.antisemitismusbeauftragter.de/Webs/BAS/DE/bekaempfung-antisemit…
[4] /Antisemitismus-und-der-7-Oktober/!6044220
[5] /Antisemitismus-Resolution/!6047674
[6] /Antisemitismus-Resolution-im-Bundestag/!6047369
## AUTOREN
Baha Kirlidokme
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