# taz.de -- Nach Habecks AKW-Vorschlag: Ampelkoalition droht Krach | |
> Der grüne Wirtschaftsminister ringt sich zu einem möglichen Weiterbetrieb | |
> von zwei Atomkraftwerken durch. Der FDP reicht das nicht. | |
Bild: „Atomkraft? Keinen Tag länger!“, fordert Greenpeace. Das sieht die R… | |
BERLIN dpa | In der Ampel-Koalition zeichnet sich [1][nach den Vorschlägen | |
von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne)] für eine befristete | |
AKW-Reserve ein Krach ab. Die FDP reagierte mit heftiger Kritik. | |
Fraktionschef Christian Dürr sagte „Bild“ (Dienstag), die Vorschläge | |
reichten nicht, um die Strompreise zu mindern. „Wir müssen die Laufzeiten | |
verlängern, sonst drohen absurde Kosten für die Verbraucher.“ Der | |
energiepolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Michael Kruse, erklärte: „Die | |
Ergebnisse des Stresstests sind wenig wert, denn die Annahmen sind zu | |
optimistisch. Sie sind politisch bestimmt und nicht aus der Realität | |
abgeleitet.“ | |
Habeck will, dass wegen der von Russland und dem Krieg in der Ukraine | |
ausgelösten Energiekrise in Europa zwei der drei verbliebenen | |
Atomkraftwerke in Deutschland bis Mitte April als Notreserve dienen sollen. | |
Dabei geht es um Isar 2 in Bayern und Neckarwestheim in Baden-Württemberg. | |
Eigentlich war vorgesehen, dass alle deutschen Atomkraftwerke zum | |
Jahresende endgültig vom Netz gehen. | |
Vertreter seiner eigenen Partei stärkten Habeck den Rücken. Die beiden | |
Fraktionschefinnen Britta Haßelmann und Katharina Dröge unterstützten die | |
Pläne, auch wenn diese noch in der Partei diskutiert werden sollen. | |
Grünen-Co-Chef Omid Nouripour kündigte an, [2][bei der Basis für das | |
Vorhaben zu werben]. „Wir werden deshalb auf dem Parteitag nicht nur die | |
Waffenlieferungen an die Ukraine zur Abstimmung stellen, sondern auch die | |
befristete AKW-Reserve“, sagte Nouripour der Deutschen Presse-Agentur. Eine | |
Abkehr vom Atomausstieg schloss Grünen-Chefin Ricarda Lang in der | |
„Süddeutschen Zeitung“ aus. | |
Habeck erteilte in den ARD-“Tagesthemen“ zugleich Forderungen nach einem | |
längeren Weiterbetrieb der AKW eine Absage. Bereits im nächsten Jahr würden | |
deutlich mehr Gaskapazitäten jenseits von Russland zur Verfügung stehen. | |
„Das scheint ja nicht so klar zu sein, weil immer der Winter 22/23 und der | |
Winter 23/24 in eins gesetzt wird.“ Das sei aber falsch. Das seien völlig | |
unterschiedliche Szenarien. „Wir werden eine andere energiepolitische | |
Situation haben im nächsten Jahr.“ | |
## SPD unterstützt Habeck | |
Zuspruch bekam Habeck vom Koalitionspartner SPD. Fraktionsvize Matthias | |
Miersch begrüßte das Stresstest-Ergebnis und Habecks Empfehlung als „gute | |
Grundlage für faktenbasierte und sorgfältige Beratungen“. „Die wünsche i… | |
mir auch von denjenigen, die schon vor Bekanntgabe der Ergebnisse nach | |
einer Laufzeitverlängerung schreien“, sagte Miersch. „Der Stresstest zeigt: | |
Atom ist nicht die von vielen gewünschte Generallösung.“ | |
Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm argumentierte ähnlich wie die FDP und | |
zeigte sich unzufrieden damit, dass zwei Atomkraftwerke nur als Notreserve | |
vorgehalten werden sollen. „Anlässlich der Preisentwicklung am Strommarkt | |
muss alles daran gesetzt werden, Erzeugungskapazitäten zu mobilisieren, die | |
kurzfristig verfügbar gemacht werden können“, sagte Grimm den Zeitungen der | |
Funke Mediengruppe (Dienstag). Die Kraftwerke sollten laufen und nicht nur | |
in Bereitschaft sein, nur dann gebe es einen senkenden Effekt auf den | |
Strompreis. „Bei den drei noch laufenden AKWs sollte man über eine | |
Laufzeitverlängerung von fünf Jahren nachdenken.“ Auch sollte geprüft | |
werden, ob die erst kürzlich stillgelegten Kernkraftwerke reaktivierbar | |
seien. | |
Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz kritisierte die geplante Stilllegung des | |
AKW Emsland. „Die Grünen in der Ampel in Berlin sind ganz offensichtlich | |
von den Grünen in Niedersachsen unter Druck gesetzt worden, das | |
Kernkraftwerk Emsland gegen alle Vernunft abzuschalten“, sagte Merz der | |
„Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Der Scholz-Regierung scheinen grüne | |
Befindlichkeiten wichtiger zu sein als das Risiko eines Stromausfalls. Für | |
solch ein Roulette-Spiel mit unserer Energieversorgung habe ich absolut | |
kein Verständnis.“ | |
Habeck hatte darauf verwiesen, dass dieses AKW zwar einen gewissen Beitrag | |
zur Netzstabilität leisten könne. „Aber dieser Beitrag ist gemessen an den | |
beiden süddeutschen Kraftwerken zu gering.“ In Niedersachsen wird Anfang | |
Oktober ein neuer Landtag gewählt. | |
6 Sep 2022 | |
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steigen. |