| # taz.de -- Museum und Gedenkstätte Peenemünde: Schlechtes Feng Shui | |
| > In Peenemünde wollten die Nazis den Krieg gewinnen. Hier wurden Raketen | |
| > entwickelt. Und heute? 339 Einwohner hat das Dorf, die Hälfte davon wählt | |
| > AfD. | |
| Bild: Nazi-Raketen V1 und V2 auf dem Ausstellungsgelände in Peenemünde | |
| Peenemünde am nordwestlichsten Zipfel der Insel Usedom ist ein angegrauter, | |
| unwohnlicher Ort. Trotz Hafen, Meer und Wäldern hat er nichts gemein mit | |
| den weiß verputzen Kaiserbädern der Ferieninsel. Ein Ort, der immer noch | |
| DDR-Militärgeschichte atmet, aber vor allem von seiner Rolle in | |
| Nazideutschland geprägt ist. Hier wurde Hitlers Wunderwaffe, die V2-Rakete, | |
| hergestellt. Entwickelt von gefeierten Ingenieuren, deren Mythos den | |
| Faschismus überlebte, gebaut von ausgebeuteten Zwangsarbeitern. Geheime | |
| Kommandosache! | |
| Peenemünde ist ein historisch höchst interessantes Vermächtnis und mit der | |
| Bäderbahn von den strahlenden Kaiserbädern gut zu erreichen. Ort des Grauen | |
| und der menschlichen Hybris. Ein dunkelroter Klinkerbau ist der Eingang zum | |
| Museum der Heeresversuchsanstalten Peenemünde , die von 1936 bis 1945 das | |
| größte militärische Forschungszentrum Europas war. Hier wurden | |
| Marschflugkörper und Raketen als Terrorwaffen gegen die Zivilbevölkerung | |
| konzipiert. | |
| Hauptverantwortlich für die Heeresversuchsanstalt waren das Heereswaffenamt | |
| und das Rüstungsministerium. Alle Wissenschaftler, Techniker und Ingenieure | |
| bekleideten militärische Ränge. Der Kriegszweck ihrer Technik war | |
| unmissverständlich. Ab 1943 dienten die „genialen Ingenieure“ auch dazu, | |
| die deutsche Bevölkerung zum Durchhalten zu bewegen, ihr Hoffnung zu | |
| machen. | |
| Die Ausstellung in Peenemünde zeigt die zerstörerische Verstrickung von | |
| Technikentwicklung und militärischen Konzepten. Das riesige Gelände und die | |
| Architektur des Kraftwerks zeugen von einem wahr gewordenen Technikertraum, | |
| von grenzenloser Machbarkeit. Auf rund 5.000 Quadratmetern | |
| Ausstellungsfläche wird sowohl die Geschichte der Raumfahrt als auch ihre | |
| mörderische Entstehungsgeschichte thematisiert. | |
| Peenemünde ist Technikmuseum und Gedenkstätte. Mittels Audioguide kann man | |
| mehr über die Einzelschicksale von überlebenden Zwangsarbeiter erfahren. Es | |
| werden Lebens- und Arbeitsbedingungen auf dem Gelände genauso geschildert | |
| wie Details des technischen Ablaufs. | |
| Das Museumskonzept schiebt den Begehrlichkeiten der rechten Szene und den | |
| Bedürfnissen nach Mystifizierung einen Riegel vor. „Dass es trotzdem zum | |
| Wallfahrtsort rechter Gruppen wird, die die Nazitechnik verherrlichen, | |
| dagegen kommt man schwer an“, sagt Christoph Aumann, der Kurator. „Die | |
| wichtigsten Exponate, die wir haben, sind draußen im Wald, am Straßenrand. | |
| Die Ruinen, Mauerreste, Fundamente. Dort kann man die Geschichte dieses | |
| Rüstungsstandorts ganz buchstäblich erfahren.“ | |
| Peenemünde, das spürt man, hat schlechtes Feng Shui. Warum sonst wählten | |
| hier die Hälfte der noch verbliebenen 339 Einwohner AfD? | |
| 1 Sep 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Edith Kresta | |
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