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# taz.de -- Lösung für den Checkpoint Charlie: Entspekuliert
> Jahrelang ging nichts mehr am ehemaligen Grenzübergang. Nun sichert sich
> das Land zwei Grundstücke für einen Stadtplatz und einen Erinnerungsort.
Bild: Blick nach Norden. Links entsteht der Stadtplatz, recht der Erinnerungsort
Berlin taz | Selten hat sich das Warten so gelohnt. Seit den neunziger
Jahren herrschte am Checkpoint Charlie Stillstand, auch weil die beiden
verbliebenen Baugrundstücke östlich und westlich der Friedrichstraße unter
Insolvenzrecht stehen.
Nun aber scheint der Gordische Knoten am ehemaligen Grenzübergang
durchtrennt. Am Checkpoint Charlie, freute sich am Dienstag
[1][Finanzsenator Daniel Wesener] (Grüne), „gibt es nun endlich Bewegung“.
Seit Monaten schon verhandeln Weseners Verwaltung und der
Insolvenzverwalter über einen Verkauf zweier Teilflächen, auf denen ein
Stadtplatz und ein „Bildungs- und Erinnerungsort“ entstehen sollen. Beide
Nutzungen sind Teil eines [2][Bebauungsplans], den der Senat 2019 und das
Abgeordnetenhaus Anfang 2020 beschlossen hat. Nach dem Beschluss, der auch
bedeutet, dass nicht die gesamte leerstehende Fläche bebaut werden darf,
ist der damalige Investor Trockland abgesprungen.
„Der Erwerb der beiden Flächen ist für das Land Berlin eine große
stadtentwicklungspolitische Chance“, freut sich Wesener und kündigt an, der
„Verantwortung gegenüber diesem geschichtsträchtigen Ort“ gerecht werden …
wollen.
## Brandbrief als Wachmacher
Tatsächlich hat es der Senat mit dieser Verantwortung lange Zeit nicht so
ernst genommen. Es bedurfte erst eines Brandbriefes des Landesdenkmalamtes
und der [3][Architektin Theresa Keilhacker], um das Land Berlin als Player
in die Debatte um die Zukunft des Ortes zurückzubringen.
Das war 2018. Der taz hatte Keilhacker, die inzwischen Präsidentin der
Berliner Architektenkammer ist, gesagt: „Der Senat muss sein Vorkaufsrecht
nutzen, um am Checkpoint Charlie eine andere Entwicklung zu ermöglichen.“
Bis dahin sah alles nach einer typischen „Berliner Lösung“ aus. Weil es
einen Letter of intent des Investors Trockland gab, in einem der Gebäude
das vom Senat geplante Museum des Kalten Krieges unterzubringen, waren
weder der damalige Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) noch Kultursenator
Klaus Lederer (Linke) besonders erpicht, das Vorkaufsrecht zu ziehen. Ein
Gamechanger war dann die Unterschutzstellung des Checkpoint Charlie zum
Denkmal. Die Weite der ehemaligen Grenzanlagen sollte auch in Zukunft
erkennbar sein. Der Bebauungsplan von 2020 ist damit auch ein Erfolg für
all diejenigen gewesen, die eine „andere Entwicklung“ für möglich hielten.
Nun also hat sich das Land die Flächen für Platz und Erinnerungsort
gesichert. Zustimmen müssen noch der Senat und das Abgeordnetenhaus. Der
Rest der Flächen soll gemeinsam mit einem Investor entwickelt werden.
Geplant sind 200 bis 300 Wohnungen, von denen ein Drittel bezahlbar sein
muss. Die Baufläche beträgt 45.000 Quadratmeter, von denen fast zwei
Drittel westlich der Friedrichstraße liegen. Dort ist auch ein Hochhaus mit
einer Höhe von bis zu 60 Metern möglich. Der Bildungs- und Erinnerungsort,
zu dem auch das Museum des Kalten Krieges gehört, ist auf der östlichen
Seite der Straße vorgesehen.
Weil der Bebauungsplan nur die zu bebauende Fläche festlegt, aber keine
Architektur, soll es im Anschluss an den Kaufvertrag einen
Architekturwettbewerb geben. Damit soll, wie es Theresa Keilhacker
gefordert hat, „ein lebendiges gemischtes Quartier in Verbindung mit der
neu zu gestaltenden Flaniermeile Friedrichstraße“ entstehen.
## Museum oder nicht?
Gut möglich, dass der Wettbewerb aber auch neue Diskussionen mit sich
bringt. Der stadtentwicklungspolitische Sprecher der Grünen, Julian
Schwarze, kann sich zum Beispiel vorstellen, dass ein Bildungs- und
Erinnerungsort auch ohne Neubau entstehen kann. „Die bisherige Ausstellung
zeigt, dass man da auch mit Open-Air-Elementen arbeiten kann“, sagt
Schwarze der taz. Die Kulturverwaltung betont demgegenüber noch einmal die
historische Bedeutung des Ortes „als Schauplatz der deutschen Teilung und
als Brennpunkt des weltumspannenden Kalten Kriegs“. Dieser Mythos locke
jährlich über vier Millionen Besucherinnen und Besucher aus der ganzen Welt
an.
Ein „moderner, hochwertiger Bildungs- und Erinnerungsort“ sei deshalb
wichtig. Dazu, so heißt es in der Stellungnahme des Hauses von
Kultursenator Klaus Lederer, „bedarf es einer räumlichen Gestaltung des
Ortes“. Im Klartext: Klaus Lederer hat das Museum noch nicht aufgegeben.
Einzelheiten sollen in einem Dialogverfahren geklärt werden. Dabei sollen
nicht nur städtebauliche Fragestellungen diskutiert werden, heißt es in der
Kulturverwaltung, sondern auch die Aspekte Kultur, Denkmalschutz,
Tourismus, Verkehr und Freiraum.
26 Oct 2022
## LINKS
[1] https://www.berlin.de/sen/finanzen/presse/pressemitteilungen/pressemitteilu…
[2] /Bauplaene-am-Checkpoint-Charlie/!5647053
[3] /Bauen-am-Checkpoint-Charlie/!5519754
## AUTOREN
Uwe Rada
## TAGS
Checkpoint Charlie
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