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# taz.de -- Linken-Parteitag in Bremen: Regieren ist anstrengend
> Im Westen regiert die Linke nur in Bremen mit. Beim Bremer Parteitag der
> Linken am Wochenende traf Klassenkampf -Rhetorik auf Realismus.
Bild: Druck von der Straße: Bürgerinitiativen aus Oslebshausen beim Parteitag…
Bremen taz | Mit großer Mehrheit haben die Delegierten auf dem Parteitag
der Bremer Linken am Wochenende die Beteiligung an der „rot-grünen-roten“
Senatskoalition bestätigt. Das war zwar schon einmal im Juli bei einer
Urabstimmung der Fall. Aber nun gab es einen Antrag, sofort aus der
Koalition auszusteigen, weil es nicht genügend Geld zu verteilen gebe und
eine „Regierungsbeteiligung im hegemonialen Kapitalismus“ in einem
„Desaster“ enden müsse. „Der Klassenkampf wird nicht im Parlament
gewonnen“, heißt es darin wörtlich. Diese Position fand allerdings nur eine
geringe Zustimmung bei den Delegierten.
Dabei hatte der stellvertretende Bundesvorsitzende Ali Al-Dailami in seinem
Grußwort den Parteitag mit allen Registern der Klassenkampf-Rhetorik
eingestimmt. Unter Beifall versicherte er, „dieses kapitalistische
Wirtschafts- und Produktionssystem führt in eine Katastrophe“, mit der
Klimakatastrophe stelle sich die „Systemfrage“ quasi „von selber“, eine
sozialistische Partei müsse die „Systemfrage“ nur „aufgreifen“.
Die Krise sei daher eine Chance. Nicht einmal im Kampf gegen rechts sah er
Bündnispartner für die Linke: „Wer wirklich den Kampf gegen rechts beginnen
will, der muss bei der sogenannten Mitte anfangen, Genossinnen und
Genossen.“ Die Delegierten hörten das gern, für ihre Bremer Realpolitik
hatte aber diese Parteiphilosophie keine Konsequenzen.
Der Leitantrag des Landesvorstands, in dem es um die Arbeit in der
Koalition ging, beginnt mit einem Abschnitt über die Wohnungsbaupolitik
unter der Überschrift „Mieten deckeln – Mietenwahnsinn stoppen“. In den
Koalitionsverhandlungen hatte die Linke aber kein klares Bekenntnis zu der
Berliner Idee eines „Mietendeckels“ durchsetzen können, sondern nur einen
„Prüfauftrag“. Die Delegierten beschlossen nun dennoch, dass die Partei
sich „an der Seite von Initiativen und Bewegungen“ für den Mietendeckel
stark machen soll.
## Kritische Begleitung
Auch an anderen Stellen wurde Realismus gepredigt – nach dem Motto: Mehr
ist, trotz Regierungsbeteiligung, derzeit eben nicht drin. Der Leitantrag
bekennt sich zu einem „bewussten Umgang mit den Risiken einer
Regierungsbeteiligung“. Die Information der Parteimitglieder über die
Arbeit ihrer beiden Senatorinnen soll verbessert werden.
Außerparlamentarische Organisationen werden „eingeladen“, die Partei in
ihrer „neuen Rolle kritisch zu begleiten“.
Die Bürgerinitiative gegen eine Klärschlamm-Verbrennungsanlage in
Oslebshausen demonstrierte vor dem Parteitag mit ihren Transparenten und
durfte ausführlich ihr Anliegen vortragen. Ob das viel nützen wird, ist
aber fraglich – die grüne Umweltsenatorin sieht diese Verbrennungsanlage
eher positiv.
Die Spitzenkandidatin der Linken, Kristina Vogt, ist Wirtschaftssenatorin
geworden. Von ihr wird kein Beitrag zum Klassenkampf erwartet. Vor allem an
die linke Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard richten sich so große
Hoffnungen. „Das mit dem Regieren ist kein Rosengarten“, erklärte die aber
den Delegierten, „das ist eine anstrengende Nummer“. Für die kommunale
Krankenhausgesellschaft GeNo musste sie ihren Senatskollegen gerade ein
Defizit von rund 30 Millionen Euro für 2019 gestehen. Ein Antrag ihrer
Kritiker forderte einen „Kurswechsel in der Gesundheitspolitik“, der viel
Geld kosten würde.
Zudem will die Linke den Verkauf von frei werdenden Grundstücken auf dem
Klinikgelände am Hulsberg stoppen, aus denen eigentlich möglichst hohe
Erlöse für die Finanzierung des Neubaus für das große Klinikum Mitte
gezogen werden sollen – rund 84 Millionen Euro werden erwartet. Die
Senatorin steht federführend bei den Antragstellern, die hier gern
preiswerten Wohnraum schaffen würden. Im Wahlkampf hatte die Linkspartei
groß „Die Stadt gehört allen“ plakatiert. Möglicherweise werden die
Koalitionspartner von der Linken fordern, dafür bei anderen teuren
Forderungen Abstriche zu machen – die alte und neu gewählte
Landessprecherin Conny Barth sprach von „Herzensanliegen“.
Die Grünen in Bremen und ihr Finanzsenator, so formulierte der neben ihr
zum Landessprecher gewählte Christoph Spehr, das Problem der Linken, hätten
„ein religiöses Verhältnis zur schwarzen Null“. Die Linken setzen daher
ausdrücklich auf die Möglichkeit, die Schuldenbremse zu umgehen.
11 Nov 2019
## AUTOREN
Klaus Wolschner
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