# taz.de -- Linke kürt Spitzenkandidaten für Europa: Mit No Names auf nach Br… | |
> Mit Martin Schirdewan und Özlem Demirel schickt die Linke zwei eher | |
> Unbekannte als Spitzenkandidaten in die Europawahl. Aber: Reden können | |
> sie. | |
Bild: Özlem Demirel und Martin Schirdewan im Gespräch | |
BONN taz | Am Samstag um 17.20 Uhr reckt Diether Dehm die linke Faust in | |
die Höhe. Der [1][Europaparteitag der Linkspartei] hat gerade mit 171:151 | |
Stimmen beschlossen, den friedenspolitischen Teil des Wahlprogramms an den | |
Anfang zu stellen, gleich nach der Präambel. Einen ganzen Tag hat die Linke | |
über ihr Programm abgestimmt, über die großen Fragen wie mehr oder weniger | |
Europa und darüber, ob es „Menschen vor Profite“ oder „Menschen statt | |
Profite“ heißen muss. Der Bundesvorstand hat hinter den Kulissen daran | |
gearbeitet, dass sich alle Seiten im Programm wieder finden könnten. Die | |
Linke ist auch eine Papierpartei. | |
Aber so emphatisch manche tagsüber auch die Republik Europa gefordert haben | |
– nach Brüssel wollen nicht viele, jedenfalls nicht die prominenten Köpfe | |
der Partei. Die SPD schickt Justizministerin Katarina Barley nach Brüssel, | |
die Union präsentiert Manfred Weber als Spitzenkandidaten, die Grünen die | |
profilierten Europapolitiker Ska Keller und Sven Giegold, die FDP | |
Generalsekretärin Nicola Beer. | |
Der Bundesvorstand der Linken hatte schon vor Monaten Martin Schirdewan und | |
Özlem Demirel als Spitzenkandidaten vorgeschlagen. Zwei, die bisher eher | |
Eingeweihten bekannt sind. Schirdewan, 43, ist Enkel des in der DDR unter | |
Walter Ulbricht in Ungnade gefallenen SED-Politikers Karl Schirdewan. Er | |
kam erst 2017 als Nachrücker ins Europaparlament. Schirdewan ist, immerhin, | |
ein rhetorischer Gewinn gegenüber der letztmaligen Europa-Spitzenkandidatin | |
Gabi Zimmer, die für ihre „fulminanten, langweiligen Reden“ ([2][Jens Kön… | |
in der taz 2001]) berüchtigt war. | |
In seiner Bonner Rede drückte er alle Tasten, die man auf einem | |
Linken-Parteitag drücken muss – sprach vom Hambacher Forst, toten | |
Flüchtlingen im Mittelmeer, TTIP und der Arbeitslosigkeit im Süden Europas. | |
„Einen Politikwechsel für eine solidarische, friedliche und demokratische | |
Europäische Union gibt es nur mit uns“, sagte er. | |
Der Bundesvorstand hat säuberlich quotiert: Schirdewan ist in der DDR | |
geboren, männlich und gehört zum Reformerlager. Seine Co-Spitzenkandidatin | |
Özlem Demirel, 33, kommt aus dem Westen, weiblich und gehört zum linken | |
Parteiflügel. Sie kam 1989 als Tochter einer Flüchtlingsfamilie nach | |
Deutschland. 2017 war sie Spitzenkandidatin der NRW-Linken, die knapp an | |
der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte. | |
In ihrer Vorstellungsrede bezog sie sich zunächst auf ein [3][Interview], | |
das sie kürzlich der taz gegeben hatte: „Frau Demirel, sind Sie für oder | |
gegen Europa, bekennen Sie sich zur EU? Das sind ernsthaft Fragen, die mir | |
gestellt werden“, sagte sie. „Mir – während zum Beispiel ein Herr Schäu… | |
oder eine Frau Merkel, die Griechenland erpresst haben, als überzeugte | |
Europäer gefeiert werden.“ Nach dem Parteitag solle die Linke „die Ärmel | |
hochkrempeln“ und ein „Bollwerk gegen rechte Hetze sein“. | |
Schirdewan erhielt bei der Wahl auf dem Parteitag 83,8 Prozent der | |
Delegiertenstimmen, Demirel 84,4 Prozent. Ein leicht verwirrter Bewerber, | |
der spontan gegen Schirdewan für Platz 1 antrat, wurde immerhin von 9,9 | |
Prozent der Delegierten gewählt – ein Zeichen des Protests. Traditionell | |
fällt es der Linken bei Europawahlen schwer, ihre gesamte Klientel zu | |
mobilisieren. 2014 erhielt sie 7,4 Prozent der Stimmen. Ob es reicht, | |
[4][Liebeserklärungen an Europa] abzugeben, wie Parteichefin Katja Kipping, | |
aber weithin Unbekannte an die Spitze der Liste zu stellen, wird sich im | |
Mai zeigen. | |
24 Feb 2019 | |
## LINKS | |
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## AUTOREN | |
Martin Reeh | |
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