# taz.de -- Landwirtschaft in der Ukraine: Saat der Hoffnung | |
> Viele landwirtschaftliche Nutzflächen in der Südukraine sind verbrannt | |
> und verwüstet. Russische Minen machen die Arbeit der Bauern | |
> lebensgefährlich. | |
Bild: Raketenteile wie hier in Saporischschja behindern die Landwirtschaft. Min… | |
Kürzlich ging in den sozialen Netzwerken der Ukraine ein Bild viral. Es | |
zeigt den Screenshot der Korrespondenz eines Soldaten mit seiner Mutter. | |
Der junge Mann schrieb, wie er mit Beginn der wärmeren Temperaturen Blumen, | |
Zwiebeln und Salat gepflanzt beziehungsweise gesät habe – direkt neben den | |
Schützengräben. | |
Auch ich habe gerade Ziertomaten und Erbsen in Blumentöpfen ausgesät. | |
Unsere Böden waren immer fruchtbar. Aber kriegsbedingt hat sich die | |
Anbaufläche in der Ukraine um sieben Millionen Hektar reduziert, das ist | |
ein Viertel weniger. Ich konnte mit eigenen Augen sehen, wie es dazu | |
gekommen ist. Mit einer humanitären Mission war ich [1][in den befreiten | |
Teilen der Gebiete Cherson] und [2][Mykolajiw] unterwegs. Wir hatten | |
Lebensmittel für Kinder, Medikamente und Futter für herrenlose Tiere aus | |
Odessa dabei. | |
Einige Felder im Süden der Ukraine sind infolge des Beschusses vollständig | |
verbrannt und ausgetrocknet. Dort, wo früher Mais und Weizen wuchsen, sind | |
durch Raketeneinschläge riesige Krater entstanden. Dazwischen sieht man | |
heimatlose Kühe und Ziegen. Ihre Euter sind voller Milch, aber niemand ist | |
da, um sie zu melken. Die Besitzer dieser Tiere sind entweder tot oder | |
überstürzt geflohen. In einigen Dörfern um Cherson ist kein einziges Haus | |
mehr intakt. Neben den Feldern sieht man komplett abgebrannte Waldstücke. | |
Was von den Russen besetzt war, ist jetzt vermint. | |
## Erstaunlicher Mut der ukrainischen Landwirte | |
Was mich dabei erstaunt hat: der Mut der ukrainischen Landwirte. Trotz der | |
riesigen Gefahr haben sie mit der Aussaat begonnen. Einer dieser mutigen | |
Menschen, den ich während meiner Reise kennenlernte, heißt Dmitrij. Nachdem | |
ukrainische Soldaten sein Heimatdorf befreit hatten, setzte er sich auf | |
seinen Traktor und begann mit der Feldarbeit. Doch irgendwann fuhr er über | |
eine Mine. Dmitrij bekam einen Splitter ins Auge, das nicht gerettet werden | |
konnte. | |
Solche Geschichten gibt es viele. Die Menschen bestellen ihre Gärten, sie | |
säen Weizen und Mais. Häufig denken sie nicht an die Gefahr, die in der | |
Erde lauern kann. Der eine hat dabei ein Bein verloren, die andere einen | |
Arm. Einige waren gleich tot. Es ist schrecklich und niemand ist davor | |
sicher. In einzelne Gebiete kommen keine Minenräumtrupps. Manche Minen sind | |
nicht größer als eine Streichholzschachtel. Sie sind leicht zu übersehen. | |
Experten sagen, dass die Nachfrage nach ukrainischen Agrarprodukten | |
weltweit nach wie vor hoch ist. Die Ukrainer wissen, dass jedes Körnchen, | |
das ausgesät wurde und nun auf unseren Feldern wächst, von unschätzbarem | |
Wert ist. Jemand hat dafür seine Gesundheit riskiert, vielleicht sogar sein | |
Leben. Aber wir werden weiter säen, pflanzen und ernten. Denn genau das ist | |
quasi das Markenzeichen vieler Ukrainer. | |
Aus dem Russischen von [3][Gaby Coldewey]. | |
Finanziert wird das Projekt von der [4][taz Panter Stiftung]. | |
Ein Sammelband mit den Tagebüchern ist im [5][Verlag edition.fotoTAPETA] | |
erschienen. | |
7 Jun 2023 | |
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[1] /Suedukraine-unter-Beschuss/!5910244 | |
[2] /Kulturelles-Erbe-der-Ukraine-im-Krieg/!5869057 | |
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[5] https://www.edition-fototapeta-shop.de/ | |
## AUTOREN | |
Tatjana Milimko | |
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