# taz.de -- Lahme Digitalisierung in Deutschland: Warten auf den Klick | |
> Die Digitalisierung der Verwaltung geht schleppend voran, dabei sollte | |
> sie bis Ende 2022 abgeschlossen sein. Mal wieder hinkt Deutschland | |
> hinterher. | |
Bild: In naher Zukunft ohne physische Wartenummern? Wohl eher nicht | |
Es ist ja mir schon fast unangenehm, wie muss es dann bloß | |
Entscheidungsträger:innen in unserer (ehemaligen) Bundesregierung | |
gehen? Wobei, vermutlich ist es ihnen wurscht. Jedenfalls: Die Hälfte vom | |
Jahr 2022 ist rum, Zeit, mal zu schauen, wie es eigentlich so [1][um das | |
Onlinezugangsgesetz (OZG)] steht. Klingt unsexy, ist es aber nicht. | |
Schließlich soll es uns Bürger:innen ermöglichen, von der Geburtsurkunde | |
bis zur Baugenehmigung alles online zu beantragen. Kein monatelanges | |
Warten auf Termine mehr, keine Wartenummer ziehen – einfach klick, klick, | |
klick. | |
Wahnsinn, was scheinbar auch in Deutschland nur wenige Jahrzehnte nach | |
Erfindung des Internets möglich ist. Und das alles bis Ende 2022 – denn bis | |
dahin, so wollte es die bei diesem Thema einmalig mutige Große Koalition, | |
sollen die wichtigsten 575 [2][Verwaltungsleistungen eben auch online | |
funktionieren]. Mit diesem Versprechen hat sie der Ampelkoalition einen | |
riesigen Haufen Arbeit und Probleme hinterlassen, denn erledigt ist | |
praktisch gar nichts. | |
Schon [3][im April hatte der Bundesrechnungshof scharfe Kritik an den | |
bisherigen Versprechen geäußert und klargemacht]: Das wird nichts bis Ende | |
Dezember. Die Prüfer befassen sich darin mit der Rolle des | |
Bundesinnenministeriums (BMI), das für die Digitalisierung der Leistungen | |
verantwortlich ist, die vom Bund selbst angeboten werden. Sie machen aber | |
nur einen kleineren Teil der insgesamt rund 7.600 einzelnen | |
Verwaltungsleistungen deutscher Behörden aus. Der große Rest liegt bei den | |
Bundesländern und Kommunen. | |
Doch auch bei den selbst verantworteten Diensten hinkt der Bund laut dem | |
Bericht massiv hinterher. Von seinen 1.532 zu digitalisierenden einzelnen | |
Verwaltungsleistungen wurden demnach [4][gerade einmal 58 wie vorgesehen | |
vollständig und flächendeckend online umgesetzt]. Nach mehr als vier Jahren | |
der Konzipierung und Arbeit ist das praktisch gar kein Ergebnis. | |
## Umsetzung frühstens 2025 | |
Zuerst hatte sich das Bundesinnenministerium noch gegen die Kritik gewehrt, | |
auf ihrer eigens eingerichteten Webseite über die eben doch schon | |
vorhandenen Fortschritte informiert. Mittlerweile meint selbst Nancy | |
Faeser, die flächendeckende komplette Umsetzung wird frühestens 2025 der | |
Fall sein. [5][Weiterhin ihr Motto]: „Wir wollen einen digitalen Staat, der | |
konsequent aus der Perspektive der Bürgerin und des Bürgers gedacht ist. | |
Wir wollen unser Land moderner, bürgernäher und digitaler machen.“ Klingt | |
nicht nach unserem heiß geliebten Behördendeutschland – Faser scheint | |
direkt nach den Sternen zu greifen. | |
Aber zurück auf den Boden der Tatsachen. Aktueller Stand: 15 Prozent wurden | |
bisher umgesetzt, allerdings auch nicht flächendeckend. Um sich im | |
internationalen Vergleich zu verbessern, muss Deutschland also noch einiges | |
tun. Denn 2021 lag Deutschland auf Platz 22 von 27 in der EU bei | |
Online-Behördendiensten und auf Rang 61 im UN-Index zur digitalen Teilhabe | |
– hinter Armenien und Oman. Ja, Vergleiche bei der Digitalisierung haben in | |
Deutschland noch nie Spaß gemacht. | |
4 Jul 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Digitalisierung-in-Wahlprogrammen/!5791629 | |
[2] /Digitalisierung-der-Verwaltung-in-Berlin/!5762663 | |
[3] https://www.bundesrechnungshof.de/de/veroeffentlichungen/produkte/bemerkung… | |
[4] /Anekdoten-aus-Deutschlands-Verwaltung/!5843652 | |
[5] https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2022/04/digitalpro… | |
## AUTOREN | |
Malaika Rivuzumwami | |
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