# taz.de -- Kunst und Kolonialismus in London: Verwobene Vergangenheit | |
> Eine Ausstellung in der Royal Academy in London zeigt, wie sich | |
> Kolonialismus in der Kunst von 1768 bis heute abbildet. Sie ist nicht nur | |
> düster. | |
Bild: Ein ungewöhnliches Abendmahl: Tavares Strachan, „The First Supper (Gal… | |
Eine lange Speisetafel steht derzeit in dem steinernen Hof der Royal | |
Academy of Arts in London. Sie ist üppig gedeckt mit Früchten und | |
Weinkrügen, mit karibischen und westafrikanischen Gerichten. Daran haben | |
sich 13 wild gestikulierende Personen niedergelassen. „The First Supper“, | |
betitelt der bahamaische Künstler Tavares Strachan seine lebensgroße | |
Tischgesellschaft aus Bronze. | |
An die Stelle von Jesus aber tritt bei Strachan der äthiopische Kaiser | |
Haile Selassie, der von den Rastafari als Messias verehrt wurde. Umgeben | |
ist der von historischen Schwarzen amerikanischen Persönlichkeiten, von der | |
[1][Menschenrechtsaktivistin Harriet Tubman] oder dem Politiker Marcus | |
Garvey. Auch Strachan selbst ist beim Dinner dabei, als Judas. | |
Mit Strachans Neuinterpretation des biblischen Abendmahls steigt man ein in | |
die Ausstellung „Entangled Pasts. 1768–now“. Sie arbeitet auf, wie | |
verwickelt die Kunst mit dem Kolonialismus des britischen Empire ist, die | |
in der 1768 gegründeten Royal Academy of Arts entstand. Die Idee sei der | |
Kuratorin Dorothy Price gekommen, nachdem [2][die Ermordung des Schwarzen | |
Amerikaners George Floyd durch einen Polizisten 2020] in den USA auch in | |
Großbritannien so viele Unruhen auslöste. Nur bald darauf [3][stürzte in | |
Bristol das Denkmal des Sklavenhändlers Edward Colston]. | |
Die Schau zeigt mit über 100 Kunstwerken von 1768 bis heute, dass der | |
britische Kolonialismus auch durch die Tätigkeit der Kunsthochschule | |
weitergetragen wurde. Und dies auf sehr unterschiedlichen Wegen: | |
Künstler:innen ließen sich mit Geld bezahlen, das durch koloniales | |
Unrecht erwirtschaftet wurde, oder sie stammten selbst aus Familien mit | |
Besitz in den Kolonien. Andere wiederum trugen den Kolonialismus über die | |
Bilder weiter. | |
## Porträt von Monarch und Knappe | |
Wie Joshua Reynolds, erster Präsident der Royal Academy, wenn er auf einem | |
Porträtgemälde dem damaligen Prinzen und späteren König Georg IV. einen | |
Schwarzen Knappen an die Seite stellt. Der zupft dem Monarchen noch | |
unterwürfig am Saum, sein Gesicht ist nicht zu erkennen. Ohnehin bleiben | |
die meisten Persons of Color auf den Bildern dieser Ausstellung namenlos. | |
Ganz anders ist das Porträt des Schwarzen Ignatius Sancho. Als Sklave | |
geboren, konnte er sich durch sein Talent im Großbritannien des 18. | |
Jahrhunderts als Schriftsteller und Komponist etablierten. Thomas | |
Gainsborough, ein Zeitgenosse und Konkurrent von Reynolds, bildete Sancho | |
dann auch als eine solche Prominenz ab, die er bereits zu Lebzeiten war. | |
Im Mittelpunkt der Ausstellung steht das Meer, als wichtigster Handlungs- | |
und Schicksalsort des Kolonialismus. Dutzende Modellschiffe lässt etwa | |
Künstler Hew Locke von der Decke im zweiten Saal hängen. | |
In [4][John Akomfrahs erhabenen Filmarbeiten] erscheint das Meer zunächst | |
in aller Schönheit – und löst sich in Brutalität auf, wenn daneben Ellen | |
Gallagher auf ihren Malereien ein grausames Motiv aufgreift, mit dem auch | |
der einstige Royal-Academy-Stipendiat William Turner um 1840 die britische | |
Öffentlichkeit aufschreckte: [5][schwangere, versklavte afrikanische | |
Frauen, die auf der Atlantikpassage über Bord geworfen werden]. | |
## Der Reformdenker Frederick Douglass | |
Doch es gibt auch optimistische Blicke auf die Vergangenheit in dieser | |
Ausstellung: Auf mehrere Leinwände projiziert Isaac Julien seine bildstarke | |
Filminszenierung über den Reformdenker Frederick Douglass. Der reiste im | |
19. Jahrhundert weit, um sich für die Abschaffung der Sklaverei | |
einzusetzen. | |
10 Apr 2024 | |
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## AUTOREN | |
Daniel Zylbersztajn-Lewandowski | |
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