# taz.de -- Kritik am Bürgergeld: Völlig unangemessene Vorstellungen | |
> Das Handwerk beklagt zu hohe Sozialbezüge. Eine solche Haltung ist | |
> angesichts der rasant steigenden Preise nicht nur zynisch, sie ist auch | |
> falsch. | |
Bild: Nichts mehr zum wegpacken | |
Das Handwerk sucht händeringend nach Arbeitskräften. Das wird wohl auch so | |
bleiben angesichts der negativen Signale, die der oberste Repräsentant | |
sendet. Der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Hans | |
Peter Wollseifer, kritisiert die Höhe des neuen Bürger:innengelds, das die | |
Bundesregierung einführen will. | |
Der Mann beschwert sich also darüber, dass Schikanen gegen lange | |
erwerbslose Menschen wegfallen, Heizkosten übernommen werden sollen und der | |
Regelsatz für Erwachsene auf 502 Euro im Monat angehoben werden soll. Er | |
behauptet, dass Leute dann keine Motivation zum Arbeiten hätten. | |
Eine solche Haltung ist angesichts der rasant steigenden Preise nicht nur | |
zynisch, es ist auch einfach falsch. Deutschland hat einen der größten | |
Niedriglohnsektoren Europas. Das funktioniert nur, weil die Leute ein hohes | |
Arbeitsethos haben. Die Menschen hierzulande nehmen die miesesten Jobs mit | |
schlechter Bezahlung und zu prekären Bedingungen an, etwa mit unzumutbaren | |
Arbeitszeiten. Und weil [1][Hunderttausende trotzdem nicht über die Runden | |
kommen, sind sie auf zusätzliche Hartz-IV-Leistungen angewiesen]. | |
Der Handwerkspräsident hat völlig unangemessene Vorstellungen davon, was | |
Leute verdienen sollten, wenn er überzeugt ist, dass Einkommen und die | |
künftige staatliche Existenzsicherung zu nahe beieinanderliegen. Statt sich | |
über das – weiterhin viel zu niedrige – Bürger:innengeld zu beschweren, | |
sollte er sich für höhere Löhne einsetzen. Das ist im Übrigen das [2][beste | |
Mittel gegen Fachkräftemangel auch im Handwerk]. | |
Wer zum [3][Mindestlohn] schuftet, ein niedriges oder mittleres Einkommen | |
bekommt, auf den oder die kommen angesichts der Inflation und der | |
galoppierenden Energiepreise enorme finanzielle Probleme zu. Die Reallöhne | |
sinken. Wieder einmal droht die Krise auf Beschäftigte mit geringen und | |
mittleren Einkommen abgewälzt zu werden. Auch die Arbeitgeber:innen | |
müssen sich etwas einfallen lassen, um dem etwas entgegenzusetzen – und das | |
muss mehr sein als billige Missgunst gegenüber Armen. | |
12 Sep 2022 | |
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## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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