# taz.de -- Kriegsgefahr in Transnistrien: Jenseits des Flusses | |
> Die Region, eingeklemmt zwischen Moldau und Ukraine, gilt als russisches | |
> Einflussgebiet. Viel ist von einer Kriegsgefahr die Rede. Ein Ortsbesuch. | |
Bild: Lenin ist überall: Platz in Transnistriens Hauptstadt | |
Der Weg führt über löchrigen Asphalt, vorbei an sattgrünen Weinbergen, | |
Tankstellen, Tafeln, auf denen Plăcinte beworben werden, moldauische | |
Strudel. Menschen mit ausgestreckten Armen am Wegesrand hoffen auf eine | |
Mitfahrgelegenheit. Eine gute Fahrstunde ist Chișinău, die Hauptstadt | |
[1][Moldaus], von Transnistrien entfernt. | |
Kurz vor der Stadt Bender, die als einzige auf der westlichen Seite des | |
Flusses Dnjestr liegt, aber schon zum abgespaltenem Gebiet zählt, winken | |
moldauische Polizisten an einem Kontrollpunkt desinteressiert | |
Lastwagenfahrer, klapprige Autos und Marschrutkas, als Sammeltaxen | |
fungierende Kleinbusse, durch. Wenige Meter weiter an Kontrollpunkt Nummer | |
zwei langweilen sich russische Soldaten, eine Hand an der Kalaschnikow, im | |
Mundwinkel die Zigarette, an ihrem Kontrollhäuschen. Ein Panzer versteckt | |
sich hinter ihnen unter einem Tarnnetz, abgestellt für schlechte Zeiten. | |
Zwei Ereignisse haben Transnistrien in seinem 30-jährigen Bestehen in die | |
internationalen Nachrichten gebracht: der Sieg seiner Fußballmannschaft | |
[2][FC Sheriff Tiraspol] gegen Real Madrid in der Champions League im | |
vergangenen Jahr. Und der russische [3][Krieg in der Ukraine]. | |
Transnistrien oder auf Russisch Pridnestrowje, was übersetzt so viel heißt | |
wie „auf der anderen Seite des Flusses“, grenzt an die Ukraine, [4][Odessa] | |
ist nicht einmal einhundert Kilometer entfernt, der Krieg ist manchmal so | |
nahe, dass man ihn hören kann. | |
## Den Krieg nennt Lilija Orlowa Krieg | |
An einem heißen Tag im Mai steht Lilija Orlowa, 28, blonde kurze Locken, | |
Jutebeutel über der Schulter, unter einer Uhr im Stadtzentrum, dem Big Ben | |
von Bender, wie sie scherzhaft sagt. Orlowa ist Künstlerin. Seit die ersten | |
Bomben auf die Ukraine gefallen sind, hat sie viele Leinwände gefüllt. Wenn | |
Orlowa unruhig oder betrübt ist, sei sie am produktivsten, sagt sie. Einige | |
ihrer Bilder hängen nun im örtlichen Kunstmuseum. Eines trägt den | |
ukrainischen Titel місячна ніч, mondhelle Nacht. Kleine Mosaiksteine … | |
das Gesicht einer Frau mit traurigem Blick, in ihrem Haar ein Blumenkranz, | |
der Vollmond strahlt. | |
Während örtliche Medien offenbar aus Furcht, ihren Geldgeber Russland zu | |
verärgern, darauf verzichten, den Konflikt in der Ukraine als solchen zu | |
benennen, nennen die Menschen auf den Straßen ihn beim Namen: Krieg. Krieg | |
in der Ukraine. Das sagt auch Orlowa immer wieder, während sie bei einem | |
Spaziergang Baumwurzeln ausweicht, die sich über den Asphalt geschoben | |
haben. Russland sei ganz klar der Aggressor, sagt sie. Und dass sie selbst | |
Pazifistin sei. | |
Kurz vor dem Kriegsbeginn am 24. Februar hörte Orlowa im Radio, dass Putin | |
die selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk anerkannt habe. | |
Orlowa begann sich um die Ukraine zu sorgen, erzählt sie. Wie viele andere | |
Menschen in Transnistrien auch, hat die Künstlerin ihre Sommer am Schwarzen | |
Meer verbracht. Sie hat Freunde in Kiew. „Um die sorge ich mich jeden Tag“, | |
sagt sie. Orlowa fühlt sich dem Nachbarland im Osten, der Ukraine, nahe, | |
kulturell und sprachlich. Mit Moldau im Westen hingegen könne sie nichts | |
anfangen. | |
Transnistrien hat alles, was ein eigenständiges Land braucht: Flagge, | |
Verfassung, Präsident, Hymne, Autokennzeichen und sogar eine eigene | |
Währung, den transnistrischen Rubel. International wird es aber von keinem | |
Land der Welt anerkannt, auch nicht von seiner Schutzmacht Russland. Wer | |
die De-facto-Grenze als Ausländer passieren möchte, muss in einen weißen | |
Baucontainer treten und darin durch ein kleines Fenster Fragen einer | |
grimmigen Beamtin beantworten. Warum die Einreise? Wie lange wird man | |
bleiben? Bei wem unterkommen? Die Beamtin legt einen ausgedruckten | |
Einreisezettel in den Pass. Dann darf man unter Hammer und Sichel | |
hindurchlaufen, die den Übergang über eine Grenze schmücken, die eigentlich | |
gar keine Grenze ist. | |
## Die zerfallenden Fabriken | |
Die interessanten Orte Transnistriens sind die zerfallenen Fabriken. An | |
ihren Wänden haben Jugendliche Botschaften hinterlassen, я тебя любл�… | |
liebe dich, und den Namen ihrer Angebeteten. Längst sind die Dächer der | |
Gebäude eingestürzt, durch die Seitenwände der Fabriken haben sich Pflanzen | |
ihren Weg erkämpft. Diese Fabriken erzählen von einer anderen Zeit, als die | |
Region als Industriestandort bekannt war. Russischsprachige Unternehmer | |
betrieben Rüstungswerke, Stahlfirmen, eine Schuhfabrik. Nach dem Zerfall | |
der Sowjetunion fürchtete diese Elite um den Verlust ihrer Geschäfte. | |
Gewaltsam besetzten sie bald darauf Polizeistationen und Behörden, | |
stachelten die Bevölkerung zu Demonstrationen und Streiks an und trieben so | |
Anfang der Neunzigerjahre die Sezession Transnistriens voran. | |
Prächtiger Wald umgibt Bender, die zweitgrößte Stadt Transnistriens mit | |
etwa 94.000 Einwohner:innen. Am Flussufer ist die Badesaison eröffnet | |
worden. Ein Seil trennt den Dnjestr: Auf der einen Seite treibt der Müll | |
flussabwärts, auf der anderen dürfen die Menschen schwimmen gehen. Die | |
Verklärungskathedrale, eine russisch-orthodoxe Kirche, ist eines der | |
wenigen gut erhaltenen Gebäude im Zentrum. Wenn die älteren Frauen mit | |
ihren gekrümmten Rücken und bunten Kopftüchern in Kolonnen durch die | |
Straßen eilen, weiß man, dass der Gottesdienst gleich beginnt. | |
Bender, das sei die Stadt der vielen Springbrunnen, sagt eine junge Frau. | |
Ständig werde ein neuer gebaut oder restauriert, aber für die Menschen, für | |
die gebe es kein Geld. Seit dem Krieg in der Ukraine ruhen auch die | |
Arbeiten an den Wasserspielen. Es fehlt an Material, das sonst aus der | |
Region Odessa importiert wird. Die Leninstraße ist noch rechtzeitig neu | |
asphaltiert worden, rechts von ihr liegt das Maxim-Gorki-Kino. Einst das | |
kulturelle Zentrum der Stadt, werden dort heute Filme angekündigt, die kaum | |
jemand sehen möchte. Das Geld der Menschen ist knapp. Gegenüber blickt | |
Lenin auf seinem Sockel links gen Zukunft. Transnistrien gilt als | |
Landstrich mit den meisten Büsten und Statuen von Lenin weltweit. | |
Die Straße hinein nach Bender führt bergab vorbei an Plattenbauten, die | |
rechts und links aufragen, über eine Brücke, an der ein riesiges Plakat | |
aufgestellt ist. Auf rotem Grund steht dort in weißen Buchstaben: „Danke | |
für den Frieden“. Vier Bilder sind darunter zu sehen: ein russischer | |
Panzer, russische Soldaten, Paraden und eine transnistrische Fahne, die | |
sich mit der Trikolore der russischen verbindet. | |
## Taut der eingefrorene Konflikt wieder auf? | |
Der Konflikt zwischen Moldau und Transnistrien galt bis vor Kurzem als | |
eingefroren. Beide Seiten hatten damit einen pragmatischen Umgang gefunden. | |
Man machte Geschäfte miteinander. Heute tönen wieder die Visionen | |
russischen Größenwahns, nach dem Regionen bis nach Transnistrien unter | |
russische Kontrolle gebracht werden sollten. Zuletzt verkündete im April | |
ein General, diesen Plan in einer „zweiten Phase“ des Krieges gegen die | |
Ukraine umsetzen zu wollen. Er behauptete auch, die russische Bevölkerung | |
in Transnistrien werde unterdrückt. So als warte diese Bevölkerung nur auf | |
ihre Befreier aus dem Bruderstaat. | |
Könnte der Konflikt wieder auftauen? Würde Russland seinen Einfluss in | |
Transnistrien nutzen, um weitere Teile der Ukraine anzugreifen? Und wie | |
denken die Menschen in Transnistrien darüber? | |
Seit dem 24. Februar kamen laut offiziellen transnistrischen Angaben rund | |
21.000 Flüchtlinge aus der Ukraine ins Land. In den örtlichen Nachrichten | |
ist darüber berichtet worden, wie die Menschen bei Verwandten Zuflucht | |
fanden und wie Freiwillige Kleidung und Essen für sie sammelten. Neben | |
Autos mit moldauischen und transnistrischen Kennzeichen sieht man seitdem | |
immer häufiger das ukrainische Blau-Gelb auf den Autokennzeichen. | |
Transnistrien, in dem zu jeweils einem Drittel Russen, Moldauer und | |
Ukrainer leben, hat die Flüchtlinge aus dem Nachbarland freundlich | |
aufgenommen. Die eigene Kriegserfahrung befähigt viele Menschen, Empathie | |
für das Schicksal der Ukrainer:innen zu empfinden. So etwas wie 1992 | |
möchte man nicht noch einmal erleben, sagt eine Frau. Wir wollen nur | |
Frieden, heißt es in Gesprächen immer wieder. | |
Am 26. April machen Falschnachrichten die Runde. Um 19 Uhr werde es | |
ukrainische Luftangriffe auf die transnistrische Bevölkerung geben, heißt | |
es in einer SMS. Wer nicht flüchte, werde als Sabotagegruppe wahrgenommen | |
und eliminiert. Viele ihrer Bekannten seien daraufhin geflüchtet, sagt die | |
Künstlerin Orlowa. Auch ihre Brüder verließen das Land, weil sie nicht | |
kämpfen wollten. Sie gingen nach Norwegen und Deutschland, wo sie Arbeit | |
auf dem Bau fanden. „Warum soll man für die Interessen eines anderes | |
Staates sterben?“, sagt Orlowa. | |
Sie selbst blieb mit ihrer Mutter und fünf Hunden zurück. Zwar hatten sie | |
die Brüder angefleht, wenigstens in die moldauische Hauptstadt Chișinău zu | |
fliehen, aber Orlowa wollte ihre Tiere nicht zurücklassen. Stattdessen | |
deckten sich Mutter und Tochter mit Essen ein und kauften Klebeband, um die | |
Fenster vor einer Explosion zu schützen. | |
Den angekündigten Luftangriff hat es dann aber nie gegeben. | |
Russland hat Transnistrien in den vergangenen 30 Jahren politisch, | |
finanziell und militärisch unterstützt. Das spiegelt sich in der | |
prorussischen Haltung der Bevölkerung wieder: 2006 stimmten 97,2 Prozent | |
der Einwohner in einem Referendum für einen Anschluss an Russland. Im April | |
2014 wandte sich der Oberste Sowjet der Region – er heißt tatsächlich so – | |
mit der Bitte des Anschlusses Transnistriens an die Russische Föderation. | |
Auf eine Antwort wartete er vergeblich. | |
Steht das im Widerspruch zur ablehnenden Haltung vieler Menschen zum Krieg? | |
Und wie lässt sich die Sorge um Freunde in der Ukraine aushalten, während | |
man in einem Land lebt, in dem Russland politisch und militärisch präsent | |
ist? | |
## Die Angst geht um | |
Für Lilija Orlowa stellt das kein Problem dar. Sie steht für eine | |
Generation, die kein anderes Land kennt als Transnistrien. Sie hat Europa | |
nicht bereist, ihr ganzes Leben am Fluss Djnestr verbracht. Orlowa nennt | |
sich selbst Transnistrierin. Erst dann sei sie Russin, sagt sie. Orlowa | |
sehnt sich nach einem unabhängigen, international anerkannten | |
Transnistrien. Die Trikolore Russlands ist so allgegenwärtig, dass Orlowa | |
sie gar nicht wahrnimmt. | |
Sie ist mit militanter Symbolik aufgewachsen, Mahnmalen und Panzern, die an | |
vergangene Kriege erinnern. Vielleicht sind gerade deshalb besonders viele | |
junge Menschen wie sie gegen den Krieg in der Ukraine, sagt Orlowa. „Ich | |
kenne niemanden, der den Krieg unterstützt. Vielleicht denken ein paar | |
Ältere anders darüber, aber die sind in der Unterzahl.“ | |
Vor gut einem Monat erschütterten angebliche [5][Terrorakte] Transnistrien, | |
Angriffe mit Granatwerfern auf das Ministerium für Staatssicherheit, die | |
Sprengung zweier Sendemasten, über die russische Programme ausgestrahlt | |
wurden, Explosionen am Militärflughafen der Hauptstadt Tiraspol, | |
Drohnenbeschuss auf die Ortschaft Cobasna, in der das vermutlich größte | |
Munitionslager Europas mit 20.000 Tonnen Explosivstoff lagert, sowie | |
weitere Explosionen an einem ehemaligen Flugplatz. Anfang Juni soll es zwei | |
weitere Explosionen auf einem russischen Militärgelände gegeben haben. | |
Wer hinter all dem steckt, ist bis heute unklar. Die separatistische | |
Führung Transnistriens macht ukrainische Provokateure verantwortlich. | |
Ukrainische Behörden vermuten eine größere Operation Russlands, um von | |
Transnistrien aus Odessa zu erobern. Auch Moldau spricht von einer | |
Destabilisierung der Region, vermeidet es aber bislang, die russische Seite | |
dafür verantwortlich zu machen. | |
Seitdem ist die Angst auf beiden Seiten des Flusses Djnestr groß, dass | |
Moldau das nächste Ziel des russischen Angriffskriegs sein könnte und | |
Transnistrien als militärisches Aufmarschgebiet genutzt werden könnte. | |
Dort herrschte nach den mysteriösen Vorfällen die Terrorwarnstufe rot. Seit | |
Ende Mai wurde sie auf gelb herabgestuft. Auf den Straßen patrouillieren | |
Tag und Nacht Polizisten, junge Männer, oft noch keine zwanzig Jahre alt, | |
mit bellenden Hunden und Kalaschnikows auf dem Rücken. Um den Kontrollpunkt | |
der Verkehrspolizei in Bender haben sie eilig eine Schutzmauer aus | |
bröckelnden Betonklötzen hochgezogen. Mal hält ein Lastwagenfahrer davor, | |
dann ein Auto, das den Polizisten und Soldaten verdächtig vorkommt. | |
In den Tagen nach den ersten Explosionen bildeten sich an den | |
Grenzübergängen lange Schlangen. Viele verließen fluchtartig das Land und | |
sind bis heute nicht zurückgekehrt. An manchen Tagen zählt man deshalb auf | |
den Straßen mehr herumstreunende Katzen und Hunde als Menschen. Fragt man | |
die Verbliebenen, ob sie Angst hätten vor neuen Eskalationen, vor dem | |
Krieg, sagen sie: Wer Angst hat, ist schon längst weg. Zurückgeblieben | |
seien die Alten und diejenigen, die kein Geld hätten, um zu fliehen. | |
## Beim Interview lieber die Sim-Karte rausnehmen | |
An einem späten Sonntagabend im Mai sitzt Sergej Pulkov, kurz geschorene | |
Haare, braun gebranntes Gesicht, in der Küche eines Freundes in Bender. Aus | |
dem Nebenzimmer dröhnt russische Propaganda aus dem Fernseher herüber. Die | |
Wörter Asow, Ukraine und Nazi werden mantrahaft immer und immer fort | |
wiederholt, als wolle man die Zuschauer:innen hypnotisieren. Pulkov, 31, | |
arbeitet bei der Security für einen [6][Sheriff-Supermarkt]. | |
Gerade hatte er noch seine Arbeitsuniform an, nun sitzt er frisch geduscht | |
auf einem Hocker. Pulkov möchte nicht mit seinem richtigen Namen genannt | |
werden, er hat Angst, ins Gefängnis zu kommen. Schließlich arbeite er für | |
den mächtigsten Mann des Landes, sagt er. Er meint Viktor Gushan, den | |
Top-Oligarchen, dem neben Tankstellen, Hotels und Supermärkten auch der | |
Fußballklub Sheriff Tiraspol gehört. | |
Noch bevor Pulkov seinen Satz zu Ende gesprochen hat, greift er nach seinem | |
Handy, nimmt Akku und Simkarte heraus, legt die Einzelteile ordentlich | |
nebeneinander, lacht und schiebt dann ernst hinterher: „Nicht, dass ich | |
noch gefeuert werde.“ | |
Nach den ersten Explosionen stellte sich Pulkov die Frage, ob er das Land | |
verlassen solle. Seine Nachbarn hatten da schon ihre Söhne und Töchter ins | |
Auto gesetzt und über die Grenze nach Moldau gebracht, zu Verwandten. Wohin | |
sollte er fliehen? Nach Europa? „Dort wartet auch niemand auf mich“, sagt | |
er. Hier in Transnistrien habe er aber alles, was er zum Leben brauche. | |
„Ein Haus, einen großen Garten, Frau und Kind, meine Eltern, einen Job.“ | |
Der moldauische Verteidigungsminister Anatol Nosatîi nannte kürzlich die | |
Zahl von 14.000 Soldaten in der Region Transnistrien, die eine Bedrohung | |
für Moldau darstellen könnten. Man könne die Tatsache eines | |
unkontrollierten Staates, der derart militarisiert sei, nicht ignorieren. | |
Andere Schätzungen gehen von weitaus weniger Militärs aus: 1.500 russische | |
Soldaten, die zum Großteil aus örtlichen transnistrischen Kräften bestehen, | |
sowie rund 5.000 Transnistriens. | |
Dass sich Moldau vor den Soldaten in Transnistrien fürchtet, kann Pulkov | |
nicht verstehen. Er hat seinen Wehrdienst im örtlichen Militär absolviert. | |
„Von denen geht keine Gefahr aus“, sagt er. Die Armee sei in einem | |
miserablen Zustand, die Soldaten hätten veraltete Waffen und nicht | |
ausreichend Munition. „Du lernst zwar zu schießen, aber nicht zu treffen.“ | |
Auch Pulkov sagt, dass nur eine Minderheit im Land den Krieg will. „Nur wer | |
vom Krieg profitieren könnte, will ihn: Leute, die im Gefängnis sitzen und | |
solche, die Dreck am Stecken haben und diesen durch den Krieg loswerden | |
wollen.“ Im Sheriff-Supermarkt habe man ihm gesagt: Wer provoziert, „Slawa | |
Ukranii „– „Ruhm der Ukraine“ – rufe oder mit dem russischen | |
Propagandazeichen „Z“ in den Markt laufe, müsse sofort rausgeworfen und an | |
die Polizei übergeben werden. „Der Supermarkt soll neutraler Boden sein.“ | |
So versucht die politische Führung des Landes unter dem Einfluss des | |
Sheriff-Oligarchen zwischen seinen eigenen Interessen und denen seiner | |
Schutzmacht Russland zu bestehen. | |
## Nachmittags am Busbahnhof | |
Nachmittags, auf dem Busbahnhof von Bender, startet der Fahrer Grigorij | |
seine Marschrutka, macht sich auf den Weg in die moldauische Hauptstadt | |
Chișinău. Der klapprige Kleinbus biegt auf die Straße von Tiraspol ein, in | |
der Ferne weht eine Russlandfahne auf dem Militärgelände der russischen | |
Armee, da beginnen sich zwei Bulgarinnen mit einer Russin zu unterhalten. | |
„Sie haben also EU-Pässe?“ | |
„Ja, bulgarische. Wir verlassen bald das Land. Jetzt erst mal nach | |
Bukarest, von da weiter nach Bulgarien. Da haben wir noch Familie.“ | |
Seufzen: „Gut für Sie.“ | |
Der Weg aus Transnistrien führt wieder vorbei an Straßensperren und | |
Panzern, die als Mahnmal an den Krieg erinnern. Den Hügel hinauf, vorbei an | |
Plattenbauten, haben zwei Polizisten vor der Hitze kapituliert und sich an | |
ihrem Kontrollpunkt im Schatten eines Baumes verkrochen. | |
Oben, am Grenzposten, da warten schon die uniformierten und bewaffneten | |
Grenzsoldaten und kontrollieren die Pässe. | |
14 Jun 2022 | |
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Erica Zingher | |
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