# taz.de -- Krieg in der Ukraine: Wiederaufbau Ost | |
> Zerstörte Dörfer und Städte in den befreiten Gebieten möchte die Ukraine | |
> möglichst schnell wieder aufbauen. Doch manche werden dabei vergessen. | |
MOSCHTSCHUN UND BUTSCHA taz | Eine knappe halbe Stunde Autofahrt und ein | |
etwa drei Kilometer breiter Streifen Kiefernwald trennen das Dorf | |
Moschtschun von der ukrainischen Hauptstadt Kyjiw. Vor dem russischen | |
Großangriff lebten hier rund 1.000 Menschen. | |
Tetjana Jarema, eine kleine, rüstige Frau mit sonnengebräuntem Gesicht, | |
steht auf ihrem Grundstück und deutet auf eine kahle, von Unkraut | |
überwucherte Fläche. „Was soll bei mir erneuert werden – Fenster, Dach? I… | |
habe ja nicht einmal mehr Wände“, sagt die alleinerziehende Mutter über das | |
Haus, das ihr von den russischen Angreifern in der Anfangsphase der großen | |
Invasion genommen wurde. | |
Am 5. März 2022 – die russischen Truppen waren schon fast bis ins | |
benachbarte Irpin vorgedrungen – evakuierten Nachbarn Jarema und ihren | |
13-jährigen Sohn Artem unter Raketendonner. Ihr Haus sollten sie zum | |
letzten Mal stehend gesehen haben. „Am 6. März waren wir schon in Riwne“, | |
erzählt Jarema von ihrer Flucht in die westlicher gelegene Großstadt. „Ende | |
April kehrten wir zurück.“ | |
Das Haus fanden sie bis zu den Fundamenten heruntergebrannt vor. Daneben, | |
gleich neben dem Rosenbusch, zeugte ein Krater von einem Einschlag. „Mit | |
meinen Händen füllte ich ihn wieder auf, mit Erde und Schutt.“ | |
## Seit Monaten leben Tetjana und ihr Sohn in einem Wohnwagen | |
Noch immer, achtzehn Monate nach der Befreiung des Kyjiwer Umlands, liegt | |
das Dorf in Trümmern: Etwa 70 Prozent der Häuser wurden zerstört, als | |
russische Soldaten Moschtschun Anfang März unter Beschuss nahmen, mit dem | |
Ziel, von hier aus nach Kyjiw vorzurücken. Der Blitzkrieg-Plan scheiterte – | |
und die „Schlacht um Moschtschun“, die am 21. März mit der Befreiung von | |
den russischen Besatzern endete, erwies sich als eines der zentralen | |
Momente in der Verteidigung Kyjiws. | |
Mutter und Sohn leben zurzeit in einem Wohnwagen. Von außen aus Blech, von | |
innen mit Holz verkleidet und mit dem Nötigsten ausgestattet, dient er | |
Tetjana und Artem als provisorische Behausung. Eine der Stiftungen, die in | |
Moschtschun aktiv sind, stellte den Wagen letztes Jahr auf, dazu einen | |
kleinen Holzofen. | |
Modulhäuser und funktional ausgebaute Wohnwagen – das ist neben staatlichen | |
Einmalzahlungen, die alle Ukrainer:innen erhalten haben, für viele | |
Dorfbewohner:innen die einzige angekommene Unterstützung. Auch | |
Fenster- und Dachschäden wurden teils schnell von der Bezirksregierung | |
registriert und repariert. Doch bei denjenigen, die alles verloren haben, | |
ist bisher keine Hilfe angekommen. | |
Wenigstens sei ihr die Wasserpumpe im Garten geblieben, sagt Jarema. Sie | |
pumpt ein paar Mal und bringt einen sprudelnden Wasserstrahl hervor. „Sie | |
hat überlebt, meine Kriegspumpe. Alle Nachbarn kamen her, um Wasser zu | |
holen.“ Sie deutet auf eine niedrig ummauerte Eisentür, jenseits des Hauses | |
gelegen, die fingerdicke Einschusslöcher aufweist. In diesem feuchten | |
Vorratskeller hatte sie mit Artem ausgeharrt, als der Beschuss vor ihrer | |
Flucht begonnen hatte. „Man sagt uns, noch könne der Wiederaufbau nicht | |
beginnen – aber wann?“ | |
[1][Der Wiederaufbauplan der ukrainischen Regierung] ist ambitioniert – und | |
mehrdimensional. Er hat materielle, sozialpolitische, wirtschaftliche und | |
psychologische Aspekte. Einerseits geht es ganz konkret darum, allen | |
Menschen ein Dach über dem Kopf zu gewährleisten und Existenzen zu sichern. | |
Andererseits ist es psychologisch von zentraler Bedeutung, | |
wiederaufzubauen, obwohl – oder gerade weil – Russland den | |
Ukrainer:innen gewaltsam einen erbitterten Krieg aufzwingt, dessen Ziel | |
es ist, zusammen mit ihren Häusern auch alle Hoffnungen auf eine freie | |
Zukunft zu zerstören. | |
## Viele Häuser sind noch zerstört | |
Moschtschun ist Teil des Wiederaufbauplans, jedoch hinkt es bei der | |
Umsetzung. Während den übrigen fünf Ortschaften, die in das staatliche | |
„experimentelle Wiederaufbauprojekt“ aufgenommen wurden, im August 3,35 | |
Milliarden Hrywnja bewilligt wurden, umgerechnet fast 86,7 Millionen Euro, | |
blieb Moschtschun außen vor. In jenem Dorf, das teils aus | |
Kleingartensiedlungen besteht, muss zunächst der legale Status des Baulands | |
geklärt werden, bevor der neue Generalplan umgesetzt werden kann. | |
Viele Dorfbewohner:innen haben ihre Grundstücke nach dem Ende der | |
Sowjetunion nicht privatisieren lassen. Sie befinden sich immer noch in | |
kommunalem oder staatlichem Besitz. So auch jenes von Tetjana Jarema – | |
bisher hatte sie einfach keinen Grund dafür gesehen, es auf sich eintragen | |
zu lassen. | |
Das geltende Kriegsrecht ist die nächste Hürde. Denn die zuständige | |
Militärverwaltung von Hostomel sei nicht befugt, die notwendigen | |
städtebaulichen Bewilligungen zu erteilen, erklärte Ruslan Krawtschenko, | |
Leiter der Kyjiwer Militärverwaltung, gegenüber [2][der Agentur Interfax | |
Ukraine] im August. | |
Die offiziellen Wiederaufbauprogramme allein können die Situation nicht | |
stemmen. Zivilgesellschaftliche Anstrengungen sorgen dafür, dass dort, wo | |
die internationale oder staatliche Hilfe (noch) nicht ankommt, zumindest | |
humanitäre Grundbedürfnisse gesichert werden. | |
## Butscha ist das Flaggschiff des Wiederaufbaus | |
Das funktioniert unterschiedlich gut. Während Moschtschun weiter zu großen | |
Teilen in Trümmern liegt, sind andere Städte ein Jahr nach ihrer Befreiung | |
erneuert worden. Beispiel Butscha: Nach der einmonatigen Okkupation Anfang | |
April 2022 avancierte die Stadt, in der die barbarische Kriegsführung der | |
russischen Armee ersichtlich wurde, zu einem Symbol der Massenverbrechen. | |
Längst ist Butscha aber nicht mehr nur als Ort des Schreckens bekannt; die | |
zentrale Straße Woksalna gilt als Beispiel des fortschreitenden | |
Wiederaufbaus. | |
Die Straße ist kaum mehr als Teil jener apokalyptischen Szenerie | |
auszumachen, die im April 2022 die Titelseiten internationaler Medien | |
prägte. Nach wochenlanger Besatzung kamen damals Bilder der russischen | |
Gräueltaten in Butscha an die Öffentlichkeit. Über die Woksalna zog sich am | |
27. Februar 2022 eine dreißig Kilometer lange russische Militärkolonne in | |
Richtung Irpin, von wo aus sie über Kyjiw herfallen sollte. Der Plan wäre | |
wohl aufgegangen, hätte die ukrainische Armee den Angreifern nicht durch | |
Sprengung eines Damms und mehrerer Brücken über den Fluss Irpin den Weg | |
abgeschnitten. So fiel die russische Route auf Moschtschun als Ausweichort. | |
„Wir haben uns für die Woksalna entschieden, weil sie symbolträchtig ist“, | |
sagt Andrij Nehrytsch, Leiter des ukrainischen Ablegers der Global | |
Empowerment Mission (GEM), einer amerikanischen Non-Profit-Organisation, | |
[3][in einer Radiosendung.] Die Straße solle für die ganze Welt ein | |
Beispiel des Wiederaufbaus der Ukraine werden. | |
Im Rahmen des Wiederaufbauprojekts „Hoffnung für Butscha“, das GEM zusammen | |
mit dem Stadtrat und der Vespa Group im Oktober 2022 initiierte, wurden | |
innerhalb von nur fünf Monaten 110 Häuser entlang der Woksalna repariert | |
und zum Teil neu errichtet. | |
[4][Butscha gilt als Flaggschiff des ukrainischen Wiederaufbaus]. Dem im | |
März 2023 vorgestellten „Build Bucha Back Better Recovery Plan“ zufolge | |
möchte man nicht nur das Zerstörte wiederherstellen, sondern auch | |
nachhaltige Prinzipien und europäische Erfahrungen berücksichtigen. | |
„Butscha ist ein anschauliches Beispiel für die Rückkehr des Lebens in eine | |
deokkupierte Stadt“, sagte Dmytro Nazarenko, Leiter der Kyjiwer | |
Staatsverwaltung. | |
## Flucht zu Fuß über Leichen | |
Ein Ort, an dem Anstrengungen und Mittel investiert wurden, um den | |
Kriegsalltag, den viele Ukrainer:innen als „neue Normalität“ bezeichnen, | |
für die Kleinsten erträglicher zu machen, ist der Kindergarten | |
„Kosatschok“. Die größte Kindertagesstätte von Butscha befindet sich im | |
nördlichen Teil der Woksalna und damit in unmittelbarer Nähe zu | |
dokumentierten Orten russischer Gräueltaten. | |
Am 1. September, an dem traditionell der Tag des Wissens gefeiert wird, | |
stehen die Beete vor dem modernisierten 70er-Jahre-Bau in bunter | |
Herbstblüte, leuchten die Spielgeräte im Hof in frischen Farben. „Das | |
einzige Gerät, das wir noch nicht erneuert haben, ist die Rutsche“, sagt | |
Kindergartendirektorin Tetjana Mykolajiwna Morosenko. | |
Als Russland am 24. Februar 2022 die Ukraine überfiel, war die Pädagogin an | |
ihrem Arbeitsplatz – und brachte in den ersten Tagen der großen Invasion | |
Familien mit ihren Kindern im Keller des Gebäudes unter. | |
Am 10. März floh Morosenko mit ihren Enkelkindern – zu Fuß, über Leichen. | |
„Mein Gott, wie viele Menschen waren getötet worden, wie viele Autos lagen | |
dort? Russen fuhren mit ihren Panzerabwehrkanonen und Maschinengewehren | |
vorbei. Sie töteten, wen sie wollten.“ Über die Straße Jablonska, wo neben | |
der Woksalna die meisten Morde an der Zivilbevölkerung verübt wurden, | |
liefen sie zum Bahnhof, dann nach Irpin. Dort wartete ein Wagen, der sie | |
über die Romanowsky-Brücke brachte, wo Journalist:innen und Volunteers | |
warteten. | |
## Ein kindergerecht gestalteter Schutzraum | |
„Zwei Kolleginnen sind nicht mehr unter uns“, sagt Morosenko mit leiser | |
Stimme. „Eine langjährige Mitarbeiterin ist in ihrem Auto erschossen | |
worden, und unsere Köchin, die in Hostomel lebte, wurde am 20. März | |
getötet. Als sie aus dem Keller trat, explodierte direkt auf ihren Beinen | |
ein Projektil.“ | |
In einem blauen Kleid führt die Pädagogin durch ein Treppenhaus, dessen | |
Wände mit Märchenfiguren überzogen sind, in den Keller. Vor einem Jahr | |
feierte der Kindergarten seine Wiedereröffnung. Was früher ein Lagerraum | |
war, ist nun ein Bunker – kindergerecht gestaltet, mit staubabweisender, | |
ökologischer Farbe gestrichen. | |
„Als wir anfingen, merkten wir schnell, dass wir Hilfe benötigen. Dass der | |
Schutzraum für Kinder angemessen dekoriert werden sollte, damit sie hier | |
keine Angst haben.“ Während die Reparaturen am Haus und im Hof vom Staat | |
getragen wurden, holte sich Morosenko für den Bunkerausbau Hilfe von | |
Freiwilligen, die bereits in Butscha und Umgebung aktiv waren. Für die | |
Volunteer-Organisation B50 war die Säuberung und Ausgestaltung im | |
Kindergarten „Kosatschok“ ein Pilotprojekt, sechs weitere | |
Bildungsinstitutionen im Kyjiwer Gebiet sollten folgen. Der Kindergärtnerin | |
steigen bei der Erinnerung Tränen der Dankbarkeit in die Augen. | |
## Die Kinder gehen brav in den Bunker | |
„Die Kinder verstehen, dass sie in den Bunker müssen. Wenn der Luftalarm | |
ertönt, gehen sie ruhig hinunter, sie kennen die Regeln“, sagt Morosenko. | |
Wenn es Alarm gibt, manchmal zwei, drei Mal am Tag, kommen die Kinder aus | |
zwei Richtungen, erzählt sie. Sie folgen einem durchgetakteten | |
Verhaltensalgorithmus: Die Kinder, die draußen waren, kommen durch die | |
eine Türe, diejenigen, die im Haus waren, durch die andere. | |
Selbst den Jüngsten sei klar, dass dieser Bunker ein Ort der Sicherheit | |
ist. Dass man unbedingt herkommen müsse, um sein Leben zu schützen. | |
„Traumatisiert sind jetzt alle – wir versuchen damit umzugehen.“ | |
Fast alle Kinder seien mit ihren Familien nach Butscha zurückgekehrt. Vor | |
der Invasion zählte die Institution 420 Kinder, im Herbst 2022 dann nur | |
noch 200. In diesem Jahr sind es wieder 328 Kinder. | |
Zurück in Moschtschun. An einem Samstag steht Kateryna Samantsowa auf den | |
Trümmern ihres Hauses. Volunteers der Organisation B50, zu Beginn des | |
russischen Großangriffs gegründet, haben sich hier versammelt, um marodes | |
Mauerwerk abzutragen – alles, was vom materiellen Familiengedächtnis der | |
jungen Frau geblieben ist. | |
„Hoffnung, dass der Staat uns hilft, habe ich wenig“, sagt sie. „Zum Glü… | |
gibt es Volunteers, Stiftungen, Menschen in Europa, die uns helfen. Hoffen | |
kann ich nur auf sie.“ Im Gegensatz zu anderen Dorfbewohnern hat Samantsowa | |
noch keinen provisorischen Wohnraum bereitgestellt bekommen. Sie zeigt auf | |
eine Stelle zwischen den Fundamentresten: „Hier sollte unser Modulhaus | |
stehen, hier hätten wir leben können, solange wir wiederaufbauen.“ Auch an | |
die regionale Militärverwaltung von Hostomel habe sie sich gewendet. Man | |
versprach ein provisorisches Haus, bisher warten Samantsowa und ihr Mann – | |
Eltern eines fünf Monate alten Mädchens – vergeblich. | |
Zurzeit mietet das Paar eine Kommunalwohnung in der Hauptstadt, doch die | |
sei teuer und zu eng für drei Menschen. | |
## Manche finden nicht, dass der Staat den Wiederaufbau alleine stemmen | |
muss | |
Ruslan Habdulow, Kopf von B50 und eigentlich Jurist, packt an diesem | |
Samstag mit an. Mit vereinten Kräften bearbeiten die Volunteers einen | |
Mauerabschnitt, den sie abreißen wollen. Nach einigen Minuten gibt er | |
krachend nach und lässt eine große Staubwolke aufsteigen. Das | |
CleanUp!-Projekt erfordere kaum finanzielle Mittel: Das nötige Werkzeug sei | |
besorgt, rund 30 Volunteers sind regelmäßig an den Wochenenden bei den | |
Einsätzen dabei. | |
Warum der Staat in Moschtschun noch nicht aktiv geworden ist? „Wir kennen | |
den Maßstab der Zerstörung, verstehen, dass soziale genauso wie kritische | |
Infrastruktur wiederaufgebaut werden muss – nicht erst, wenn der Krieg | |
vorbei ist“, sagt Ruslan Habdulow. „Wir glauben nicht, dass all das der | |
Staat leisten muss. Das ist kaum möglich, und wir erwarten es nicht. Auch | |
die Gesellschaft muss einen Teil dieser Arbeit leisten.“ | |
Im benachbarten Hostomel öffnet Taras Lazer eine App auf seinem Smartphone. | |
Dija (auf Deutsch: Handeln, Aktion) soll als smarte Schaltstelle zwischen | |
Bürger:innen beziehungsweise Unternehmen und Staat alle öffentlichen | |
Dienstleistungen online zugänglich machen. Die App, die für einen | |
„digitalen Staat“ steht, speichert persönliche Dokumente und bietet | |
Formulare an, über die staatliche Hilfeleistungen beantragt werden können. | |
Seit April können auch Kompensationen für Reparaturen an Haus oder Wohnung | |
beantragt werden. Aber: Leistungen wurden in der ersten Phase des Programms | |
nur für sehr spezifische Reparaturen und in geringfügigem Maße erstattet. | |
„Es gibt viele Nuancen in dem Unterstützungsprogramm, die nachgebessert | |
werden müssen“, meint Lazer, der als Filmemacher, Übersetzer und Dozent am | |
Romanistik-Institut der Kyjiwer Borys-Grintschenko-Universität arbeitet. Er | |
wohnt in einer Townhouse-Siedlung am Rande Hostomels, die stark unter dem | |
russischen Totalangriff gelitten hat. Einige Häuser sind immer noch schwarz | |
verkohlt, andere wieder belebt, waren vielleicht nur leicht beschädigt oder | |
wurden schon renoviert. | |
## „Wie lange sollen wir noch warten?“ | |
Der Journalist, der seit Beginn der großflächigen Invasion russische | |
Kriegsverbrechen dokumentiert, hat Geld für einige Hausreparaturen | |
erstattet bekommen. Seine Frau und Tochter sind nach Berlin geflüchtet, an | |
ihrer Stelle wohnen jetzt seine Eltern bei ihm. In der Region von Cherson | |
verloren sie ihr Lebenswerk. | |
Erst wurde ihr Haus von Raketen zerstört, [5][nach der Sprengung des | |
Kachowka-Damms] von Wassermassen überflutet. Eine Kompensation für diesen | |
Totalschaden hat die Familie bislang nicht gesehen. In Hostomel führt Lazer | |
die schmale Treppe hinauf unters Dach, um verbliebene Spuren der Gewalt zu | |
zeigen. Er weiß genau, welche Schrammen in seinen Wänden durch russische | |
Granaten und Splitter entstanden sind; erinnert sich, was die | |
eingedrungenen russischen Soldaten aus welchen Zimmern entwendet haben. | |
„Dija ist ein gutes Instrument, wenn es richtig genutzt wird und nicht den | |
Falschen in die Hände fällt.“ Lazer, der viel mit den Behörden von Hostomel | |
zu tun hatte, bezieht sich auch auf Nachrichten über sinnlose | |
Großbauprojekte in Kyjiw oder fragliche Auftragsverteilungen für | |
Bauprojekte in Butscha an nur wenige, ortsferne Firmen, die in den | |
vergangenen Sommermonaten für Unverständnis und Ärgernis sorgten. | |
„Korrumpierte Firmen, die sich bereichern, gab es schon immer, aber das in | |
Kriegszeiten zu tun, ist etwas anderes“, echauffiert sich Lazer. Ein | |
Problem sei das politische System, das sich nur langsam verändere, aber | |
auch Budgetfragen – also die Umverteilung finanzieller Mittel, wie etwa | |
der EU-Gelder. | |
„Für Ukrainer:innen ist es wichtig zu sehen, dass der Wiederaufbau real | |
ist“, hatte Ministerpräsident Denys Schmyhal, verantwortlich für die | |
klangvolle Parole „Build Back Better“, während einer Regierungssitzung im | |
April gesagt. Die Menschen in Moschtschun warten auf die Erfüllung jenes | |
Versprechens – und glauben kaum noch an eine baldige Realisierung. | |
„Ich hoffe sehr, dass es besser wird, als es war. Aber wie lange sollen wir | |
noch warten?“, sagt Tetjana Jarema in Moschtschun. „Wir dachten, im Sommer | |
würden sie anfangen, nun steht der Winter vor der Tür.“ Während in | |
Borodjanka, einer anderen Siedlung, das Teil des ukrainischen | |
Wiederaufbauplans ist, der Bahnhof erneuert wurde, sieht Jarema den kalten | |
Monaten voller Sorgen entgegen. | |
20 Oct 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Wiederaufbau-der-Ukraine/!5939046 | |
[2] https://interfax.com.ua/news/economic/928878.html | |
[3] https://hromadske.radio/publications/1191290 | |
[4] /Wiederaufbau-in-Butscha/!5921387 | |
[5] /Hochwasser-in-Ukraine/!5937480 | |
## AUTOREN | |
Elisabeth Bauer | |
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