# taz.de -- Krieg in der Ukraine und in Gaza: EU-Gipfel bricht mit Tabus | |
> Weniger Zurückhaltung gegenüber Israel und mehr Geld für Waffen für die | |
> Ukraine: Die EU-Staaten bauen in Häppchen ihre Großbaustellen ab. | |
Bild: EU-Ratspräsident Charles Michel freut sich über mehr Hilfen für die Uk… | |
BRÜSSEL taz | Die Kriege in der Ukraine und [1][in Gaza] halten die | |
Europäische Union in Atem. In Brüssel brachen die 27 Staats- und | |
Regierungschefs der EU nun mit zwei wichtigen außenpolitischen Tabus. Die | |
EU-Chefs sprachen sich erstmals für eine Waffenruhe im Gazastreifen aus. In | |
einer Stellungnahme forderten sie „eine sofortige humanitäre Pause, die zu | |
einem dauerhaften Waffenstillstand, der bedingungslosen Freilassung aller | |
Geiseln und der Bereitstellung humanitärer Hilfe führt“. | |
Die bisher geübte Zurückhaltung gegenüber Israel gehört damit der | |
Vergangenheit an. Die EU-Position stimme weitgehend mit der neuen Haltung | |
der USA überein, sagte der belgische Premier Alexander De Croo, der derzeit | |
den EU-Vorsitz innehat. Auch Washington ist zuletzt von Jerusalem | |
abgerückt. | |
Eine Wende gab es auch im [2][Streit über die Finanzierung der Waffenhilfe | |
für die Ukraine]. Die Staats- und Regierungschefs haben die EU-Kommission | |
aufgefordert, einen Plan auszuarbeiten, wie Zinserlöse aus eingefrorenem | |
russischem Vermögen für Waffenkäufe genutzt werden können. Bisher galt | |
Auslandsvermögen als sakrosankt. Die Europäische Zentralbank hatte vor | |
Turbulenzen gewarnt, falls die EU auf das Geld der russischen Zentralbank | |
zugreifen sollte. Nun soll es nur um die Zinsen gehen. Bis zum 1. Juli | |
könnte die erste Milliarde fließen, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von | |
der Leyen. | |
Damit sind die Probleme rund um den Ukraine-Krieg allerdings noch längst | |
nicht gelöst. Es sei „beschämend für Europa“, dass die Mitgliedsländer … | |
wenig Artilleriegeschosse lieferten, sagte der ukrainische Präsident | |
Wolodymyr Selenskyj in einer Videoschalte. Die EU müsse dringend mehr tun. | |
## EU will Verteidigung ausbauen | |
Die Gipfelteilnehmer gelobten, die „Lieferung der notwendigen militärischen | |
Hilfe zu beschleunigen und zu intensivieren“. Als positives Beispiel gilt | |
eine Initiative Tschechiens. Damit sollen durch Käufe auf dem Weltmarkt | |
insgesamt 800.000 Schuss Artillerie-Munition für die Ukraine beschafft | |
werden. | |
Außerdem will die [3][EU die eigene Verteidigung ausbauen]. Gipfelchef | |
Charles Michel hatte vor dem Treffen in Brüssel gefordert, eine Art | |
europäischer „Kriegswirtschaft“ aufzubauen und zur Finanzierung gemeinsame | |
Schulden nach dem Vorbild des Corona-Wiederaufbaufonds aufzunehmen. Der | |
Plan ist allerdings umstritten. Bundeskanzler Olaf Scholz forderte, sich | |
zunächst auf das Machbare zu konzentrieren. Er äußerte sich zudem skeptisch | |
gegenüber Plänen, die Aufrüstung künftig in Brüssel zu koordinieren und zu | |
finanzieren. Die Verteidigung liege in nationaler Verantwortung, betonte | |
Scholz. | |
Weitere Themen des EU-Gipfels waren die Erweiterung der EU und die | |
Agrarpolitik. Die 27 Mitgliedsstaaten beschlossen, die seit langem | |
[4][versprochenen Beitrittsgespräche mit Bosnien-Herzegowina] zu beginnen. | |
Das Land gehöre zur europäischen Familie, schrieb Michel auf der Plattform | |
X. Die EU-Kommission soll nun den Verhandlungsrahmen vorbereiten. Scholz | |
bezeichnete die Entscheidung als „klares Zeichen für ein starkes Europa“ �… | |
das europäische Friedensprojekt wachse. Vor Beginn der Verhandlungen soll | |
Bosnien jedoch noch einige Reformen umsetzen. | |
Keine Fortschritte gab es für die Ukraine und [5][für Moldau.] Die EU hat | |
beiden Ländern zwar bereits im Dezember versprochen, Beitrittsgespräche | |
aufzunehmen. Allerdings fehlt dazu noch das nötige Verhandlungsmandat. | |
EU-Diplomaten rechnen mit dem Startschuss erst nach den Europawahlen im | |
Juni. | |
## Zölle für russisches Getreide geplant | |
Eine Überraschung gab es in der Agrarpolitik: Nachdem die EU vor dem Gipfel | |
angekündigt hatte, einige Zölle auf ukrainische Agrarprodukte wieder | |
einzuführen, nimmt sie auch Russland ins Visier. Geplant sind „abschreckend | |
hohe Zölle“ auf russisches Getreide, die die Einfuhr „unrentabel machen“, | |
sagte Kommissionsvize Valdis Dombrovskis. | |
Zuvor hatte sich Selenskyj über die neuen EU-Zölle beschwert. „Während | |
ukrainisches Getreide auf die Straße geworfen wird, können russische und | |
belorussische Produkte ungehindert nach Europa gelangen. Das ist | |
ungerecht“, sagte Selenskyj mit [6][Blick auf die anhaltenden | |
Bauernproteste in Polen]. Daraufhin kündigte die EU-Kommission in aller | |
Eile antirussische Zölle an. | |
22 Mar 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Plaene-fuer-Gazastreifen-nach-dem-Krieg/!5996586 | |
[2] /Ukraine-Hilfen-der-EU/!5996469 | |
[3] /Folgen-des-Ukrainekriegs/!5993686 | |
[4] /Aussenministerin-besucht-Balkan/!5996686 | |
[5] /Russische-Abspalter-in-Moldau/!5993248 | |
[6] /Landesweite-Aktionen/!5996478 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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