| # taz.de -- Krieg in Sudan: Im Kampf um Darfur geht es um Gold, Vieh und Boden | |
| > Mit Waffenlieferungen oder Geld unterstützen viele Länder die Fortsetzung | |
| > und Ausweitung des Krieges in Sudan. Alle haben Eigeninteressen. | |
| Bild: Ein von der RSF veröffentlichtes Foto zeigt die Verhaftung von Abu Lulu … | |
| Auch über eine Woche nach der Einnahme der sudanesischen Stadt El Fasher | |
| durch die Miliz RSF gehen offenbar [1][die Morde an der Zivilbevölkerung] | |
| weiter. Satellitenaufnahmen zeigen zahlreiche Leichen auf den Straßen der | |
| Großstadt. Und im 70 Kilometer entfernt gelegenen Flüchtlingslager Tawila | |
| kommen viel weniger geflüchtete Bewohner an, als von lokalen | |
| Hilfsorganisationen erwartet wurden. | |
| „Offenbar werden viele aus der Stadt geflohene Bewohner festgehalten, um | |
| Lösegeld von Verwandten zu erpressen, andere wurden an Ort und Stelle | |
| erschossen“, berichtet ein Mitarbeiter des „Centre for Information | |
| Resilience“ (CIR) der taz am Telefon. | |
| Die sudanesische Initiative CIR hat zahlreiche RSF-Kämpfer identifiziert, | |
| die auf Tiktok und anderen sozialen Medien Videos von der Ermordung | |
| unbewaffneter Zivilisten geteilt hatten. Die Beweise der Kriegsverbrechen | |
| sollen später dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag übergeben werden. | |
| 150.000 Menschen sollen in dem Krieg bereits ums Leben gekommen sein. Doch | |
| die Videos von RSF-Kommandeuren wie „Abu Lulu“ sorgen für weltweite | |
| Empörung – und werden ein Problem für die Verbündeten der Miliz. Die | |
| Videoaufnahmen lassen vermuten, dass wesentlich mehr als 2.000 Zivilisten | |
| nach dem Fall von El Fasher ermordert wurden. Von einem Genozid an der | |
| nichtarabischen Bevölkerung von Darfur ist in sozialen Medien die Rede. | |
| ## Wer die RSF unterstützt | |
| Die Eroberung von El Fasher ist damit ein PR-Desaster für die Vereinigten | |
| Arabischen Emirate – Hauptsponsor der RSF-Miliz und ihres Anführers | |
| Mohammed Daglo Hamdan, genannt Hametti. Zwar bestreiten die Herrscher des | |
| Golfstaates energisch, die Rebellen mit Waffen zu versorgen. Doch die | |
| regelmäßigen Flüge von [2][Militärtransportern zwischen Dubai, Libyen] und | |
| Tschad werden von Analysten als Indiz dafür gewertet. | |
| Nach Recherchen von CIR wird das Facebook-Konto von Abu Lulu und anderen | |
| hohen Offizieren der RSF von den Emiraten aus geführt. | |
| Kommunikationsagenturen in Dubai, die zu dem Krieg im Sudan arbeiten, | |
| hätten diese Strategie vorgeschlagen, sagt Imaldedin Mustafa Adawi, der | |
| Botschafter Sudans in Ägypten. Er forderte von den Vereinten Nationen, Abu | |
| Dhabi müsse für die Kriegsverbrechen der RSF vor internationalen Gerichten | |
| zur Verantwortung gezogen werden müssten. In einer Presseerklärung | |
| verurteilte die emiratische Regierung am Wochenende die Morde an Zivilisten | |
| und kündigte die Lieferung von Hilfsgütern im Wert von 100 Millionen | |
| US-Dollar in den Sudan an. | |
| RSF-Kommandeur Hametti gibt sich Mühe, die Wogen zu glätten, und schickte | |
| am Samstag eine Untersuchungskommission in das Kampfgebiet, um die | |
| möglichen Kriegsverbrechen zu untersuchen. Außerdem wurde Abu Lulu von der | |
| RSF selbst festgenommen. | |
| Auch Russland ist involviert: [3][Söldner des „Africa Korps“] wurden in den | |
| letzten Monaten in der Nähe von Goldminen in Darfur gesichtet. Und nun | |
| berichten Augenzeugenberichten von Söldnern aus Kolumbien, die auf der | |
| Seite der RSF an der 18-monatigen Belagerung von El Fasher teilgenommen | |
| haben sollen. Das sudanesische Außenministerium behauptete, Unterlagen | |
| gefunden zu haben, die den Einsatz von Artillerie- und Drohnenspezialisten | |
| aus mehreren lateinamerikanischen Ländern belegen sollen. | |
| ## Das größte landwirtschaftliche Anbaugebiet der Region | |
| Mit der Einnahme der Provinzhauptstatdt El Fasher kontrolliert die RSF nun | |
| ein Gebiet fast so groß wie Frankreich. Für die Vereinigten Arabischen | |
| Emirate wie auch Saudi-Arabien ist Darfur nicht nur [4][wegen seiner vielen | |
| Goldminen] interessant. Auch Vieh und Weizen werden aus dem größten | |
| landwirtschaftlichen Anbaugebiet der Region schon seit Jahrzehnten über | |
| Port Sudan in die Welt exportiert. Viehtransporte überqueren auch inmitten | |
| des aktuellen Bürgerkriegs die Frontlinie in Richtung Port Sudan. | |
| „Im Westen halten viele die Bilder für das primitive Abschlachten in einem | |
| afrikanischen Bürgerkrieg“, sagt die Journalistin Yousra al-Bakhir aus | |
| Khartum. „Aber dieser Krieg und die ethnische Säuberungen in Darfur sind | |
| die Folgen einer kühlen Machtstrategie – um stragische Orte und schwindende | |
| Ressourcen in einer vom [5][Klimawandel] stark betroffenen Region.“ | |
| Ohne die ausländische Unterstützung wäre aus dem Machtkampf zwischen den | |
| beiden ehemaligen Verbündeten Armeechef Abdel-Fattah Burhan und Hametti | |
| wohl nicht die weltweit größte Flüchtlingskrise geworden. | |
| ## Welche Rolle spielen Ägypten und Europa? | |
| Auch westliche Staaten sind indirekt involviert: Der britische Guardian | |
| berichtet, dass aus Großbritannien nach Dubai gelieferte Waffen in der | |
| Stadt Ondurman gefunden wurden, [6][aus der sich die RSF zurückziehen | |
| musste]. Deutschland und andere EU-Länder liefern Waffen ebenfalls an die | |
| Vereinigten Arabischen Emirate, die sich als Bollwerk gegen islamistische | |
| Gruppierungen positionieren. | |
| Mit einer Nähe sudanesischer Machteliten und der Armee zur | |
| dschihadistischen Terrorgruppe al-Qaida und nahen radikalen Gruppierungen | |
| hat die RSF bisher ihren Eroberungsfeldzug begründen können. Allerdings | |
| erinnern die Massaker von El Fasher an das Vorgehen des „Islamischen | |
| Staates“ in Syrien und im Irak. | |
| Doch auch die sudanesische Armee hat Unterstützer: Ägypten gilt in dem | |
| Krieg als Verbündeter der Armee, deren Piloten und Offiziere teilweise in | |
| Kairo ausbildet werden. Mit seinem Engagement im Westen des Sudan will | |
| Präsident Abdel Fattah al-Sisi den Flüchtlingsstrom nach Norden | |
| kontrollieren und Zugriff auf Luftwaffenbasen in Sudan behalten, für den | |
| Fall eines Konfliktes mit Äthiopien. | |
| ## Die Rolle von Drohnen im Sudan-Krieg | |
| Der Iran liefert offenbar Schahed-Drohnen an die sudanesische Armee und | |
| hofft im Gegenzug, künftig eine Marinebasis bei Port Sudan betreiben zu | |
| dürfen. Schon jetzt sollen die Huthis aus dem Jemen, einem der engsten | |
| Verbündeten des Regimes in Teheran, die sudanesische Küste für ihren | |
| Nachschub nutzen. Dort sind auch Ingenieure der türkischen Marine auf der | |
| Suche nach geeigneten Standorten und liefern neben Bayraktar-Drohnen auch | |
| Boden-Boden-Raketen. | |
| Mit [7][Drohnen] hatte die RSF während des Sturms auf El Fasher offenbar | |
| prominente Aktivisten und Politiker ausfindig gemacht – und später | |
| entführt. So wie der Journalist Muammar Ibrahim, der aus der belagerten | |
| Stadt tägliche Lageberichte abgeschickte. Während seiner Flucht wurde er | |
| von Drohnen entdeckt. Und wird seitdem wie Tausende andere Bewohner | |
| vermisst. | |
| 5 Nov 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Mirco Keilberth | |
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