| # taz.de -- Illegaler Goldhandel in der Coronakrise: Blutiges Gold | |
| > Auf dem Flughafen von Entebbe werden nicht nur Schnittblumen | |
| > umgeschlagen. Die ugandische Stadt ist Drehkreuz für den Goldschmuggel | |
| > aus dem Kongo. | |
| Es war mitten in der Nacht, als auf dem Rollfeld in Entebbe eine | |
| Frachtmaschine beladen wurde. Obwohl Ugandas internationaler Flughafen | |
| geschlossen ist, landen dort zweimal die Woche Flugzeuge mit | |
| Coronatestkits, Krankenhausausstattung, Schutzmasken sowie Medikamenten. | |
| Auf dem Weg zurück exportiert die Maschine Obst, Fisch und Schnittblumen. | |
| In jener Nacht im Juni näherte sich ein weißer Pick-up der Laderampe. | |
| Darauf waren zwei Kartons abgestellt. Die Flughafenpolizisten | |
| kontrollierten den Inhalt und staunten: Darin waren 93 Kilogramm Gold. | |
| Wert: 5 Millionen Dollar. | |
| Zu Coronazeiten übertreffen Ugandas Goldexporte alle Rekorde. Die | |
| Nationalbank teilt mit: Trotz einer fast stillstehenden Wirtschaft in den | |
| Wochen der Ausgangssperre im März und April erwirtschaftete Uganda allein | |
| 120 Millionen US-Dollar aus dem Goldexport, mehr als aus dem | |
| Exportschlager Kaffee, monatlich mehr als drei Tonnen. | |
| Doch so viel Gold fördert Uganda gar nicht. Offensichtlich wird das | |
| Edelmetall auch aus der Demokratischen Republik Kongo als ugandischer | |
| Export deklariert. „Dieser Schmuggel hat sich in den letzten Monaten | |
| verschlimmert“, sagt Ugandas Polizeisprecher Fred Enanga: „Wir tun, was wir | |
| können, um sicherzugehen, dass diese falschen Elemente unsere Grenzen und | |
| Flughäfen nicht für ihren Goldschmuggel nutzen.“ | |
| Die „falschen Elemente“ – das sind einflussreiche Geschäftsleute aus der | |
| Region. Insider nennen sie ein „Mafia-Syndikat“ mit Handelsverbindungen | |
| nach Dubai, Indien, Europa und den USA. Eine der wichtigsten Figuren in | |
| diesem Millionenspiel heißt Alain Goetz und kommt aus Belgien. | |
| Kongo verfügt über die größten Goldreserven Afrikas. Doch nur in wenigen | |
| Bergwerken wird industriell und damit kontrollierbar gefördert. Ansonsten | |
| bleibt der Goldabbau im kriegsgeschüttelten Ostkongo größtenteils | |
| Handarbeit. Rund 250.000 Schürfer graben sich mit Spitzhacken durch das | |
| Gestein und waschen die kleinen glitzernden Körner mit Waschpfannen aus. | |
| Sie sind abhängig von bewaffneten Milizen und einflussreichen Paten. | |
| Einer der wichtigsten davon ist einer von Kongos mächtigsten Generälen: | |
| General Gabriel Amisi, Generalinspekteur der Armee, wegen | |
| Menschenrechtsverletzungen mit internationalen Sanktionen belegt. Nach | |
| UN-Erkenntnissen kontrolliert Amisi wichtige Minen in Kongos goldreichster | |
| Provinz Ituri an der Grenze zu Uganda. Dort sind Hunderttausende Menschen | |
| vor Milizen auf der Flucht. | |
| ## Kongos Goldschürfer gehen leer aus | |
| Vom hohen Goldpreis profitieren Kongos Goldschürfer nicht, im Gegenteil: | |
| Sie verdienen seit Beginn der Coronakrise weniger als vorher – nur noch | |
| rund 25 US-Dollar pro Gramm unreines Golderz statt rund 60 vor der | |
| Pandemie, so eine Untersuchung des belgischen Konfliktforschungsinstituts | |
| IPIS. Denn aufgrund von Reisebeschränkungen kommen kaum noch Händler in die | |
| Minen, und um nicht auf ihrem Produkt sitzenzubleiben, müssen die | |
| Minenarbeiter jeden Preis akzeptieren. Die mächtigen Geschäftsleute zahlen | |
| im Kongo nur noch einen Bruchteil des üblichen Preises – und bieten es in | |
| Dubai, wo es auf den Weltmarkt kommt, zu Rekordpreisen an. Ihre | |
| Gewinnspanne ist so hoch wie nie. | |
| Bislang brachten kongolesische Kleinhändler das Gold nach Uganda – in | |
| winzigen Mengen, die in eine Streichholzschachtel in der Hosentasche | |
| passen, per Bus oder Flugzeug. Doch in Zeiten von geschlossenen Grenzen | |
| hocken nun diese Kleinhändler mit leeren Taschen in den kongolesischen Bars | |
| in Ugandas Hauptstadt Kampala. Sie klagen, der Markt sei übernommen worden | |
| von den „Big Men“. Die würden Gold in viel größeren Mengen transportiere… | |
| beispielsweise versteckt in Gemüsekisten auf Lastwagen. | |
| Eigentlich bemühen sich seit Jahrzehnten internationale Experten, für | |
| Kongos Mineralien ein Zertifizierungssystem einzuführen, das den Bezug von | |
| illegal gehandelten Erzen verbietet, damit Warlords nicht davon | |
| profitieren. Nur Lieferungen aus Bergwerken, die nicht von Rebellen oder | |
| Soldaten kontrolliert werden, erhalten eine Zertifizierung und dürfen legal | |
| gehandelt werden. Rund 20 Millionen Euro deutsche Entwicklungshilfe sind | |
| seit 2009 in Zertifizierungssysteme für Tantal, Zinn, Wolfram und Gold im | |
| Kongo geflossen, kürzlich wurde Kobalt integriert. Umgesetzt werden diese | |
| Projekte von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in | |
| Hannover, verantwortlich vor Ort ist Kongos Bergbauministerium. | |
| Wie das geht, zeigt ein Pilotprojekt der Bundesanstalt in den Goldminen von | |
| Kampene. In der Mine wird das Gold in Umschläge verpackt und versiegelt. | |
| Das Siegel enthält einen Barcode mit Informationen über Herkunft, die | |
| Minenfirma, den Verkäufer sowie die Goldmenge. All dies kann per App mit | |
| einem Smartphone gelesen werden. Im Rahmen des Pilotbetriebs werden diese | |
| Daten per Satellit nach Deutschland übermittelt; eine Datenbank in der | |
| Region ist in Vorbereitung. Der Clou: Sobald der Umschlag den Standort | |
| wechselt, wird dies registriert. So lässt sich die Lieferkette | |
| nachvollziehen. Und das Siegel kann nur einmal gebrochen werden. | |
| Die globale Nachfrage nach zertifiziertem Gold sei hoch, sagt Bali Barume, | |
| BGR-Projektleiter im Ostkongo. Auch in Deutschland. Und im Kongo stiegen | |
| damit auch die Steuereinnahmen. „Deswegen hat das Bergbauministerium großes | |
| Interesse an dem Projekt“, so Barume. Aber: „Transparenz ist in den | |
| Lieferketten von den Goldhändlern oft unerwünscht.“ | |
| Die Schmuggler tricksen längst das Zertifizierungssystem aus. Es sind | |
| zunehmend gut gefälschte Zertifikate für kongolesisches Gold im Umlauf. Vor | |
| allem in Uganda: „Die Nachfrage nach Dokumenten, die Gold zertifizieren, | |
| ist überwältigend“, gesteht ein ugandischer Drucker einem Reporter der | |
| Nachrichtenagentur Reuters. In der Nasser-Straße am Zentralmarkt in Ugandas | |
| Hauptstadt Kampala reihen sich Druckereien aneinander, einige sind | |
| spezialisiert auf Fälschungen, vom Interpol-Führungszeugnis bis zum | |
| Goldzertifikat. Eigentlich sind die Läden zu Coronazeiten dicht. „Wir | |
| sollten gar nicht hier sein, aber ich bekomme so viele Anrufe“, berichtet | |
| der Drucker, der trotzdem geöffnet hat. | |
| Ugandas Präsident Yoweri Museveni, seit 1986 im Amt, freut sich über den | |
| Boom. Er hat sich für den Bau einer Goldschmelze in Uganda eingesetzt. In | |
| seiner jüngsten Rede an die Nation im Juni sagte er: „Als ich anfing, die | |
| Kontrolle über den Minensektor in Uganda herzustellen, waren selbst | |
| Parlamentsmitglieder dagegen. Aber wir sagen: Nein! Die Goldraffinerie wird | |
| in Uganda mit allen Instrumenten der Politik verteidigt. Die reichen | |
| ugandischen Frauen werden bald Goldschmuck kaufen können, der hier | |
| hergestellt wird, anstatt Geld zu verschwenden, um ihn von weither | |
| einzukaufen.“ | |
| Die Goldraffinerie liegt nur einen Steinwurf entfernt von Ugandas | |
| internationalem Flughafen in Entebbe. „AGR“ prangt in großen goldenen | |
| Lettern über dem schlichten zweistöckigen Geschäftsgebäude am Victoriasee: | |
| die Abkürzung für African Gold Refinery. Dahinter reihen sich | |
| Fabrikgebäude. Der Goldstaub wird in Hochöfen eingeschmolzen und das | |
| flüssige Edelmetall zu Barren gegossen. Gegenüber liegt die regionale | |
| UN-Basis mit eigener Landebahn, für die Logistik der UN-Blauhelmtruppen in | |
| Kongo und Südsudan. Dahinter: der prunkvolle Palast von Präsident Museveni, | |
| bewacht von Soldaten. | |
| Das AGR-Grundstück gehört einem Verwandten des Präsidenten: Barnabas | |
| Taremwa. Er ist der Schwager von Musevenis jüngerem Bruder Caleb | |
| Akandwanaho, besser bekannt als Salim Saleh, ein 4-Sterne-General, der | |
| schon in allen Kriegen der Region mitgemischt hat. Jeder ausländische | |
| Investor in Uganda braucht Salim Salehs schützende Hand. Und: Er kennt | |
| General Amisi im Kongo gut. | |
| ## Ein Belgier dirigiert den Goldhandel | |
| Salehs Schwager Taremwa fädelte den Bau der Raffinerie ein. Er traf sich | |
| 2012 im Hyatt Regency Hotel in Dubai mit einem der führenden Goldhändler | |
| weltweit zum Mittagessen: Alain Goetz, einer der reichsten Belgier, Sohn | |
| des mittlerweile verstorbenen Gold- und Diamantendealers Tony Goetz aus der | |
| belgischen Diamantenhauptstadt Antwerpen. | |
| Der Vater Tony Goetz war sozusagen der Pate aller Goldhändler im Afrika der | |
| Großen Seen. Er eröffnete in den 1980er Jahren die erste Goldfirma der | |
| Region: Affimet, in Burundi.1984 gründete er in Antwerpen die Raffinerie | |
| „TG“. Das Gold holte er mit seiner eigenen Fluggesellschaft CongoCom aus | |
| dem Kongo ab, auch während der Kriege dort ab 1996. Mit Burundis Regierung | |
| verkrachte er sich wenig später, aber die Geschäfte im Kongo gingen weiter. | |
| Zu CongoComs Angestellten gehörte Mutoka Ruganyira, ein Geschäftsmann in | |
| Burundi. Nach UN-Informationen kaufte er Gold von Milizen im Kongo. Seine | |
| Firma befand sich hinter einem rostbraunen Hoftor in Burundis Hauptstadt | |
| Bujumbura. Ihre offizielle Adresse aber war die Jacobsstraat 58 im 6.000 | |
| Kilometer entfernten Antwerpen – der Sitz von Tony Goetz’ Raffinerie in | |
| Belgien. | |
| Nach Tony Goetz’ Tod übernahmen seine Söhne Alain und Sylvain sein | |
| Firmenreich. Auf dieselbe Antwerpener Adresse sind noch weitere sieben | |
| Firmen gemeldet. Bis heute halten die Brüder ein Netzwerk von 14 | |
| Tochterfirmen in Belgien, Luxemburg, dem Nahen Osten und Afrika. Eine | |
| davon: die AGR in Uganda. | |
| AGR-Goldbarren gehen an die Handelsfirma „Goetz Gold“ in Dubai und kommen | |
| von dort. Ein Teil erreicht TG in Belgien. So landet das Gold auf dem | |
| Weltmarkt. Laut Handelsregisterauszug gehören 99 Prozent der AGR-Anteile | |
| der TG in Antwerpen. Ein Prozent gehören Taremwa, dem Mittelsmann aus | |
| Uganda und Schwager des Präsidentenbruders. | |
| Beim Mittagessen mit Taremwa in Dubai 2012 hatte Goetz Bedingungen | |
| gestellt: zehn Jahre Steuerfreiheit, ein Grundstück in Flughafennähe. Dafür | |
| war er bereit, 20 Millionen Dollar zu investieren. „Das ist machbar“, sagte | |
| Taremwa und schlug ein, so die belgische Zeitung De Standaard. | |
| ## Die Goldschmelze von Kampala | |
| Als die Schmelze 2017 eröffnete, rollte Goetz für Präsident Museveni den | |
| roten Teppich aus. Der warnte seine Regierung: „Jeder, der Herstellung, | |
| Produktion oder Investition verzögert, wird in die Mangel genommen.“ Um den | |
| reibungslosen Ablauf zu garantieren, ernannte Goetz einen alten Schulfreund | |
| Musevenis zum AGR-Vorstandsvorsitzenden: Richard Kaijuka, Vizevorsitzender | |
| der ugandischen Bergbaukammer. | |
| Seitdem steigen die Exportzahlen stetig: Laut Angaben der Zentralbank | |
| exportiert Uganda heute 70 Mal so viel Gold wie vor fünf Jahren. | |
| Mittlerweile ist AGR die zweitgrößte Goldschmelze Afrikas. Goetz’ Firmen | |
| beliefern 283 Konzerne in den USA und Europa, darunter Giganten wie Sony, | |
| Amazon und General Electric. Die Internetseite wirbt mit „Transparenz“, | |
| „Sicherheit“ und „Menschlichkeit“. Abnehmern werden ugandische | |
| Herkunftszertifikate vorgelegt. | |
| Doch dass etwas faul war, wurde schnell klar. Noch bevor AGR eröffnete, | |
| listete die Internationale Behörde zur Bekämpfung von Geldwäsche (FATF) | |
| Uganda wegen „Steuerhinterziehung durch die falsche Interpretation der | |
| Herkunft“ sowie „Dokumentenfälschung“ als „Indikator von organisiertem | |
| Verbrechen im Goldsektor“. | |
| Das setzte Ugandas Finanzaufsicht unter Druck. Die Steuerbehörde gab an, | |
| sie habe AGR für das Finanzjahr 2016/2017 nur eine Exportlizenz über 93 | |
| Kilo Gold im damaligen Wert von 3,7 Millionen Dollar ausgestellt. Von der | |
| geforderten Steuerbefreiung war keine Rede mehr. Laut eigenen Angaben | |
| schaffte AGR 57-mal so viel aus dem Land. | |
| Ugandas Finanzaufsicht forderte 2017, die AGR wegen Verdacht auf Geldwäsche | |
| zu prüfen. Als der Staatsanwalt von AGR Akteneinsicht verlangte, ignorierte | |
| die Firma das. Offenbar verließ sich Goetz auf Museveni. Er fühlte sich | |
| sicher. „Ich bin einer der führenden Goldexperten in der Region“, sagte er | |
| in einem Interview. Zwischen normalem Gold und Konfliktgold „sehe ich keine | |
| Unterschiede“. | |
| ## Ein Goldhandel zu viel | |
| Letztlich wurde nicht Kongo, sondern Venezuela Goetz zum Verhängnis. Am 1. | |
| März 2019 landete eine russische Chartermaschine in Entebbe. Sie kam aus | |
| Venezuelas Hauptstadt Caracas, in ihrem Laderaum befanden sich 3,8 Tonnen | |
| Gold. Zehn Stunden später flog die Maschine zurück und landete am 4. März | |
| erneut mit weiteren 3,6 Tonnen Gold in Entebbe. Weiter ging es über | |
| Sansibar nach Moskau. | |
| Auf den zweiten Flug wurde Ugandas Flughafenpolizei aufmerksam. Ein | |
| Augenzeuge sagte der Polizei, er habe auf den Barren das Abzeichen der | |
| Zentralbank von Venezuela erkennen können. | |
| Als die Polizei am frühen Morgen des 7. März die AGR-Raffinerie stürmte, | |
| war ein Teil der Lieferung im Wert von 300 Millionen Dollar angeblich schon | |
| an die Firma GoetzGold nach Dubai gegangen. Diese streitet das ab. | |
| Doch aus den USA, die das Regime in Venezuela unter Sanktionen gestellt | |
| haben, kamen Ermittler nach Entebbe. Ugandas Polizei und Soldaten | |
| belagerten die AGR, Belgien leitete Ermittlungen ein. Zu Beginn dieses | |
| Jahres verurteilte ein Gericht in Antwerpen die beiden Goetz-Brüder wegen | |
| Geldwäsche in den Jahren 2010 bis 2012 zu 18 Monaten Gefängnis auf | |
| Bewährung und eine Geldstrafe von 99.000 Euro. Das Verfahren geht in | |
| Berufung. | |
| ## Nächste Station: Ruanda | |
| Man könnte meinen, dass die goldene Karriere von Goetz damit zu Ende sei. | |
| Doch 2019 öffnete im Nachbarland Ruanda die Goldraffinerie Aldango, die | |
| erste des Landes. Deren Internetseite sieht der von AGR zum Verwechseln | |
| ähnlich. Und tatsächlich: Laut Registerauszug der ruandischen | |
| Investmentbehörde gehören die Hälfte der Anteile der Firma Aldabra in | |
| Dubai, ein Tochterunternehmen von TG in Antwerpen. | |
| Als Aldango im Juni 2019 im neu erschlossenen Industriegebiet der | |
| Hauptstadt Kigali den Betrieb aufnahm, sagte Vorstandschef Jean de Dieu | |
| Mutunzi, man strebe an, „Weltmarktführer“ zu werden. Die Schmelze könne 2… | |
| Kilo Gold pro Tag raffinieren. | |
| Gegenüber UN-Ermittlern geben ruandische Offizielle an, sie exportieren | |
| fünfmal so viel, wie Ruanda selbst produziert, darunter Gold aus dem Kongo. | |
| Offiziell sind es alles legale Geschäfte. Die UN-Ermittler aber vermuten: | |
| Aldango ist nur eine goldene Fassade. Im Hintergrund geht der Schmuggel | |
| weiter. | |
| Kongo macht es Schmugglern leicht. Direkt hinter Ruandas Grenze liegt | |
| Bukavu, die brodelnde Hauptstadt von Ostkongos Provinz Süd-Kivu. In | |
| Süd-Kivu allein gibt es 29 Goldminen. Nur ein Viertel von ihnen ist von der | |
| Regierung als „grün“ markiert und damit für den legalen Export freigegebe… | |
| Die übrigen sind von Milizen besetzt: Ihr Status ist „rot“, wer von dort | |
| kauft, handelt illegal. In Bukavu ist aber nicht mehr nachvollziehbar, aus | |
| welcher Mine welches Gold stammt. | |
| Unweit des Bergbauministeriums der Provinzregierung in Bukavu befindet sich | |
| ein blauer Wellblechzaun. Schutt liegt auf dem Gehweg, von außen wirkt es | |
| wie eine Baustelle. Innen hängt ein Schild mit der Aufschrift „CGR“. Laut | |
| Gründungsurkunde ist dies der Sitz der neuen „Congo Gold Raffinerie“ (CGR). | |
| In Zukunft soll das Gold aus den Minen im Hinterland hinter diesem blauen | |
| Tor eingeschmolzen werden. Es wäre Kongos erste Goldschmelze. | |
| Doch es tut sich nicht viel. Maschinen und Schmelzöfen – Fehlanzeige. Und | |
| wer genau hinter CGR steckt, ist unklar. Das Grundstück ist eigentlich Sitz | |
| der Firma Mines Propres. Ihr Direktor, der belgisch-burundische | |
| Geschäftsmann Karim Somji, ist ein ehemaliger Goetz-Angestellter. In Ruanda | |
| gehört ihm die Firma „Golden Gold“, die Gold an die ruandische Raffinerie | |
| verkauft. | |
| „Mines Propres“ heißt „Saubere Minen“, aber nach UN-Recherchen bezieht… | |
| Firma Gold aus Minen unter Kontrolle von Milizen. Die Bergleute müssen | |
| einen Teil ihrer Ausbeute an die Kämpfer abgeben. UN-Ermittler verfügen | |
| über entsprechende Quittungen der Milizen – und ein Teil des Goldes geht | |
| demnach an die Adresse hinter dem blauen Tor in Bukavu. | |
| Offiziell ist CGR ein Vorzeigeprojekt von Kongos Regierung. Kongo soll mit | |
| seinen wertvollen Mineralien das „Saudi-Arabien Afrikas“ werden, wie es | |
| John Kanyoni vom kongolesischen Mineralienhändlerverband beschreibt. In | |
| Zukunft soll Kongos Nationalbank alles Gold aufkaufen und es im Land | |
| verarbeiten lassen, beispielsweise bei CGR. | |
| Doch noch ist das nicht der Fall. Und zugleich verbietet Kongos Minengesetz | |
| die Ausfuhr unverarbeiteter Mineralien und erhebt auf die Förderung | |
| „strategischer“ Rohstoffe wie Gold eine Sondersteuer von 10 Prozent – | |
| geradezu eine Aufforderung zum Schmuggel. Also machen weiter andere das | |
| große Geld: die Generäle und die Dealer. | |
| 19 Aug 2020 | |
| ## AUTOREN | |
| Simone Schlindwein | |
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